
Vlotho. Den Bikini habe ich schon an. Jetzt noch ein Mundschutz, Handschuhe, Stirnband und Sportschuhe, dann ist das Outfit komplett. Diese ungewöhnliche Kombination ist ein Muss, wenn man sich in die minus 110 Grad kalte Kältekammer der Weserland-Klinik in Bad Seebruch wagt.
Schon seit 1996 ist die Kammer ein fester Bestandteil im Programm der Weserland-Klinik Bad Seebruch. "Wir setzen sie in der Rheumatherapie ein, um Entzündungen zu unterdrücken", sagt Chefarzt Shaban Fetaj. Auch bei Wirbelsäulenproblemen und als Rehatherapie bei Hüft- und Knieprothesen besuchen Patienten in der Klinik die Kältekammer. Vor drei Jahren wurde sie generalüberholt.
Als ich spärlich bekleidet davor stehe, erinnert mich die Kammer von außen an ein Raumschiff aus einem Hollywoodfilm. Mit dicken Türen und Schaltkonsole sieht sie ein wenig bedrohlich aus. Bevor es hinein geht, bekomme ich die letzten Anweisungen: Ich darf auf keinen Fall die Wände anfassen und soll in Bewegung bleiben.
Dann geht die dicke Tür auf, Nebel und eiskalte Luft strömen heraus – und ich muss ins Kalte. Als die Tür hinter mir zufällt, stockt mir kurz der Atem. Erstmal bin ich nur in der Vorkammer. Hier sind es nur minus 60 Grad Celsius. Trotzdem ist mir kalt, eisekalt.
Es wird Musik eingespielt. Ich halte mich an die Anweisungen und gehe in dem kleinen Raum auf und ab. Viel Platz ist hier nicht. "In die Kammer passen bis zu vier Patienten. Meistens schicken wir drei auf einmal hinein", sagt Fetaj. Nach einer Minute klopft es von außen an die dicke Glasscheibe. Das Zeichen, die Tür zum zweiten Raum der Kältekammer aufzuziehen. Nachdem ich hineingegangen bin, will ich am liebsten stehen bleiben und die Arme um den Körper schlingen.
Denn minus 110 Grad fühlen sich ziemlich kalt an. Die Physiotherapeutin macht schon von außen Geh-Bewegungen, und ich weiß: Mit Stillstehen und Frieren ist hier nichts. Wieder beginne ich im Kreis zu gehen. Die drei Minuten kommen mir jetzt ganz schön lange vor.
Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass das Innere meiner Nase eingefroren ist. Auch meine Armhaare fühlen sich an, als seien sie erstarrt und würden gleich abfallen. Doch dann bin ich schon erlöst. Nach einem weiteren Klopfzeichen verlasse ich die Kammer.
Die normale Raumtemperatur kommt mir jetzt ganz schön warm vor. Als ich wieder in meine Klamotten schlüpfe, fange ich an zu schwitzen. "Ist das normal?" frage ich den Chefarzt. Er nickt lachend. Ansonsten fühle ich mich sehr erfrischt. Normalerweise stände um diese Uhrzeit mein typisches Mittagstief an, und ich bräuchte eine Tasse Kaffee, aber jetzt bin ich total fit. Die leitende Physiotherapeutin Birgit Bricke bestätigt das Gefühl: "Nach der Kammer kann man drei Stunden weiterarbeiten."
"Nach einer Kältetherapie sollte in den folgenden drei Stunden aktive Bewegung ausgeführt werden", rät mir Fetaj noch. Auch Sportler nutzen die Vorteile der Kältekammer. Die HSG Vlotho-Uffeln schicke ihre Spieler regelmäßig in die Kältekammer, wie mir Verwaltungsdirektor Martin Kubiessa erzählt. "Einmal haben sie ein Spiel verloren und es hieß dann, dass die Kältekammer damit zu tun hat. Die hatten sie nämlich vor der Niederlage nicht besucht."