Spenger Experten zur Wärmewende: Was die neuen Vorgaben für Hauseigentümer bedeuten

Enger/Spenge. Die Ampel-Pläne zur Wärmewende, eine Sanierungspflicht von der EU: Die geplanten Vorhaben zur energetischen Sanierung sorgen bei Hausbesitzern für Verunsicherung. Experten einer Spenger Heizungsfachfirma und eines Immobilienbüros schätzen die Situation ein - und berichten, welche Auswirkungen sie auch auf ihre Branche hat. "Wir stellen seit Beginn der Energiekrise vor gut einem Jahr eine erhebliche Verunsicherung bei unseren Kunden fest", sagt Christian Stockmeier, der seit zehn Jahren bei der Firma Bruning - einem Fachbetrieb für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik in Spenge - angestellt ist. "Die Fragen umfassen die gesamte Bandbreite im Zusammenhang mit dem Thema Heizsysteme, Umbau, Sanierung oder auch Reparatur. Meine Aufgabe ist es, die Kunden umfassend zu beraten und eine individuell passende Lösung für ihr Objekt zu finden. Der Einbau einer Wärmepumpe alleine ist lediglich eine Einzelmaßnahme und noch kein Sanierungskonzept." Wie lange muss ich auf den Beginn der Handwerksarbeiten im Kreis warten An dieser Stelle ergäben sich dann die nächsten Fragen: "Inwieweit kann ich für meine Sanierung Fördergelder bekommen?", ergänzt Inhaber Michael Bruning. "Auch die Wartezeit bis zum Beginn der Handwerksarbeiten ist für viele unserer Kunden von Interesse - derzeit muss man sich in Geduld üben und mit einem Vorlauf von etwa anderthalb Jahren hier bei uns im Kreis Herford rechnen. Alle Versuche, an weitere Fachkräfte auf unserem Gebiet zu gelangen, sind derzeit ausgeschöpft", sagt der Firmeninhaber. Das von der Regierung angestrebte Ziel, jährlich 500.000 Anlagen in Deutschland auszutauschen, könne trotz aller Anstrengungen nicht erreicht werden. "Maximal 350.000 sind machbar." Seit dem Ausspruchverbot fossiler Energien würden Eigentümer älterer Heizungsanlagen dennoch verstärkt auf Reparatur des vorhandenen Heizsystems setzen - wohl in der Hoffnung, dass die Wärmewende am Ende auch mit Unterstützung von staatlicher Seite vonstatten gehe. Wie viel ein Sanierungspaket etwa kostet "Oft hören wir heraus, dass der Wille zur Erneuerung durchaus vorhanden ist, die finanziellen Möglichkeiten aber nicht. Letztlich sprechen wir bei einem vollumfänglichen Sanierungspaket - bestehend aus Einbau einer neuen Heizungsanlage in Form einer Wärmepumpe, Fassadendämmung, Dachsanierung und weitergehender Maßnahmen wie zum Beispiel auch den Austausch der Fenster - über Kosten in Höhe von circa 80.000 bis 120.000 Euro. Und niemand kann die weitere Preisentwicklung bei den Materialkosten vorhersehen", sagt Michael Bruning. Christian Stockmeier verweist bei den Unsicherheiten auch noch auf ein bisher fehlendes Kontrollsystem der ausführenden Betriebe, Effektivitätskennzeichen in dem Zusammenhang, Anforderungen an die Planung und die Problematik der Beratungsintensität. "Umfragen der Verbände zufolge sind gerade einmal 20 Prozent der Installationsbetriebe in der Lage, die Sanierungsarbeiten tatsächlich auch auszuführen." 40 Wochen Lieferzeit Jeder Tausch einer Heizungsanlage durch eine Wärmepumpe bedeute ein Vielfaches an Bündelung der Kapazität von Handwerkern: So habe der Aus- und Einbau eines Heizkessels beispielsweise drei bis vier Tage in Anspruch genommen, beim Umrüsten auf eine Wärmepumpe müsse man etwa zehn Tage veranschlagen. "Oftmals sind auch noch Absprachen mit anderen Handwerksbetrieben am Objekt erforderlich. Bei einem Team von 17 Mitarbeitern und derzeit 40 Wochen Lieferzeit müssen wir vorausschauend planen, zumal auch noch der Sanitär-Notdienst weiterhin gewährleistet werden muss", gibt Stockmeier zu bedenken. Die zweite Branche, die die Auswirkungen der Energiewende fest im Blick hat, ist der Immobilienhandel. Sabine Knabe-Vieler ist Inhaberin der Firma Knabe Immobilien mit Hauptsitz in Melle und einer Zweigstelle in Spenge. Sie sieht neben Inflation und steigenden Zinsen vor allem die derzeit großen Unsicherheiten, die das Thema Sanierungszwang mit sich brächten, als Hauptgrund für das veränderte Angebots- und Kaufverhalten im Immobiliensektor. "Durch die zögerlichen Entscheidungswege, wie die Energiewende letztlich vollzogen werden soll, sind Immobilienangebote länger am Markt verfügbar. Interessenten wägen ihre Entscheidung wohl ab und stellen sich gegebenenfalls neu auf. Viele Eigentümer wiederum entschließen sich jetzt noch zum Verkauf um die vermeintlich hohen Verkaufspreise mitnehmen zu können." Knabe-Vieler ist sich jedoch sicher, dass sich die Situation wieder "zurechtruckeln" werde - wie schon so oft in den 27 Jahren ihrer Tätigkeit als Immobilienmaklerin. "In der derzeitigen Lage klappt der Abschluss nur über den Preis", sagt die Inhaberin. Es sei aber auch so, dass mit moderner Heiztechnik ausgestattete Objekte von der Kaufzurückhaltung ausgenommen seien. Das ist die erste Frage, die Kaufinteressenten stellen Die wichtigsten Signale müssten aus der Politik kommen - und zwar zeitnah: "Die Frage, die alle umtreibt, ist doch, was wird kommen? Was wird entschieden? Was und wie viel werden gefördert? Die Voraussetzung für eine Entspannung am Markt sei es, dass es überhaupt Entscheidungen gebe. "Danach weiß jeder, woran er beim Kauf einer gebrauchten Immobilie ist und das nimmt den Druck raus", meint Immobilienmaklerin Candy Kröger aus dem Knabe-Team. Und der sei aufgrund der anderen Einflüsse, wie der Verdreifachung von Darlehenszinsen innerhalb von kurzer Zeit und einem oft von den Banken geforderten Sanierungsfahrplan nach einer Energieberatung als Voraussetzung für eine Finanzierung sehr groß. "Mittlerweile stellen die Kaufinteressenten die Frage zum Sanierungsstand eines Objektes als erstes vor allem anderen. Noch vor anderthalb Jahren spielte dieser Punkt keine nennenswerte Rolle. Jetzt sind diese Informationen für uns als Makler neben dem Wert eines Grundstücks und dem Wert der sich darauf befindlichen Bauten als Kennzahl bei der Wertermittlung einer Immobilie wichtiger denn je. Hier prallen manchmal auch die Preiswünsche der Eigentümer und die bereinigte Wertermittlung für das Exposé aufgrund des tatsächlichen Sanierungsstands aufeinander", erklärt Maklerin Kröger. Der Eindruck, eine Immobilie könne zur Kosten- und Sanierungsfalle werden, sei auf Dauer nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Der Wunsch nach einem Eigenheim sei nach wie vor ungebrochen. Die Immobilienmaklerinnen sind sich sicher: Sobald die gesetzlichen Rahmenbedingungen inklusive Fördermöglichkeiten geschaffen seien, werde der Traum von den eigenen vier Wänden für viele wieder ein Stück näher rücken.

Meistgelesen