So soll das Coronavirus aus dem St. Martins-Stift verdrängt werden

Spenge. Derweil die Zahl der Corona-Infektionen in manchen Alten- und Pflegeeinrichtungen im Kreis Herford seit Monaten stark steigt, und dort bereits zahlreiche Menschen gestorben sind, war das Spenger St. Martins-Stift lange vom Virus verschon worden. Bis zum 27. Dezember. An diesem Tag trat dort die erste erkannte Corona-Infektion auf. Und seitdem, das sagt Leiter Matthias Kramer, starten er und sein Team "alle erdenklichen Anstrengungen", um die Verbreitung einzudämmen. In den vergangenen elf Tagen ist die Zahl der infizierten Bewohner auf 16 und die der Mitarbeiter mit Corona-Infektion auf 5 gestiegen. Stand Donnerstagnachmittag, 7. Januar. "Das ist bedenklich", sagt Kramer. "Aber es gibt bisher keine schweren Verläufe." In der vergangenen Woche hat die Heimleitung die Wohngruppe 3 - und nur hier seien bisher die Fälle aufgetreten - umorganisiert. Aus vier Doppelzimmern wurden Einzelzimmer, und auch die zwischenmenschlichen Kontakte innerhalb der Gruppe sind beschränkt. Diese Maßnahmen dienten dazu, die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung zwischen den Bewohnern zu minimieren, sagt Kramer. "Aber selbstverständlich sind die Türen der Bewohner nicht abgeschlossen." Wie das Virus ins Stift einzog, könne er aktuell nicht mit Sicherheit nachvollziehen. Da gebe es mehrere mögliche Ansätze: Es könnte sein, dass ein Bewohner, der zuvor im Krankenhaus war, das Virus mitgebracht habe. Es könnten aber auch Besucher Träger des Virus gewesen sein; vielleicht auch Mitarbeiter. Schnelltest schon seit Anfang November Doch sei hier die Wahrscheinlichkeit eher gering, da das St. Martin-Stift schon sehr früh jeden Mitarbeiter regelmäßig getestet habe; seit dem Bekanntwerden des ersten Corona-Falles sogar vor jedem Dienstbeginn. "Bei uns gibt es seit Anfang November Schnelltests. Und es war zunächst gar nicht so einfach, die zu beschaffen", erinnert sich Kramer. 21.000 Test habe er besorgt, die den sechs Einrichtungen der Evangelischen Diakoniestiftung seit 7. November zur Verfügung stehen. "In Spenge haben wir bisher gut 1.800 Mal getestet", sagt er. Doch nicht nur die Beschaffung der Schnelltests sei ein Problem gewesen. "Sie müssen auch richtig angewendet werden." Das hätten einige seiner Mitarbeiter aber schnell und professionell gelernt. Zudem würden sie durch zwei Mitarbeiter der Arztpraxis Droste und einer Mitarbeiterin der Rosenapotheke unterstützt. Bei der großen Anzahl der Testungen seien derzeit pro Tag zwei Kräfte in Vollzeit durch diese Tätigkeit gebunden. "Aber es lohnt sich", sagt Kramer. "Bei richtiger Handhabung und mit dem richtigen und qualitativ gutem Material passen die Ergebnisse in 99 Prozent aller Fälle." Warum es dann noch PCR-Tests brauche, erklärt er auch: "Das ist zum einen so vorgeschrieben und zudem werden dann in gleich beiden Nasenlöchern und zusätzlich im Rachen Abstriche gemacht, die ins Labor kommen und noch ein kleines bisschen sicherer sind." Er selbst sei bereits "bestimmt zehnmal" getestet worden und weiß: Wenn beim Schnelltest nur ein roter Strich auftaucht, dann ist das Ergebnis negativ, zwei Striche weisen stark auf das Corona-Virus hin. Ein dreiviertel Jahr ohne Infektion Den Zwei-Strich-Fall hatte es bis zum 27. Dezember in Spenge nicht gegebenl. "Darüber bin ich froh und sehr glücklich", sagt Kramer. "Wir haben seit Corona-Beginn ein dreiviertel Jahr keine Infektionen gehabt. Die Inzidenz lag weit unter der der Masse und anderer Einrichtungen." Und er erklärt auch, warum das Virus seiner Meinung nach erst spät ins Martinsstift kam: "Zunächst ist immer auch Glück dabei." Ein entscheidender Fakt sei aber auch die Art der Organisation in recht kleinen Gruppen. Denn da seien auch die Mitarbeiter ihren Gruppen zugeordnet und trügen das Virus nicht in eine andere Wohneinheit. "Je mehr Menschen durchs Haus gehen, desto größer ist das Risiko." Lediglich die zwei Nachtwachen - seitdem das Virus im Haus ist, sind es drei - würden sich um viele Menschen - also um alle aktuell 88 Bewohner - kümmern. Hier gebe es aber besondere Hygienevorschriften. Und dann weist er noch auf die große Routine im Umgang mit der Hygiene im Haus hin. "Wir können hier auch Menschen mit dem Norovirus oder einer MRSA-Infektion - also Bakterien, die unempfindlich gegen ansonsten hochwirksame Antibiotika sind - aufnehmen. Darauf sind wir vorbereitet." Besonders wichtig: Seit dem 2. Januar wird im Martinsstift geimpft. Für die Impfung hätten sich 80 Bewohnerinnen und Bewohner und 70 Prozent der Mitarbeiter entschieden. Zweiter Impftermin ist der 23. Januar. Ziel ist ein normales Leben Mit den jetzt ergriffenen Maßnahmen versucht das Heim, die Zahl der Corona-Infektionen zu begrenzen. Derzeit sind alle Bewohner und auch ein großer Teil der Mitarbeiter - außer denen, die im Urlaub sind, oder keinen Kontakt zu den Bewohnern haben - mit der PCR-Methode getestet. Das Ziel ist klar: Das Virus aus der Einrichtung wieder zu verdrängen und den Bewohnern - die häufig dement sind und damit mit Corona und dessen Auswirkungen überfordert - wieder ein für sie normales Leben zu ermöglichen.

Meistgelesen