"Mobil ohne Auto": Hauptstraße zwischen Enger und Spenge einen Tag gesperrt

Enger. Mit einem dumpfen Klatschen landet der schwere Treckerreifen auf dem Asphalt. Sebastian Möcker vom Fitnessstudio "Machbar" in Spenge ist begeistert. "Die Hälfte der Strecke haben wir schon", sagt er. Gemeinsam mit seinem Team und vielen weiteren Sportbegeisterten transportiert er den rund 130 Kilogramm schweren Brocken an diesem Sonntag über die Hauptstraße von Spenge nach Enger - auf höchst unorthodoxe Weise. Die Gruppe kippt den Treckerreifen über die eigene Achse von einer Seite auf die andere, und das über eine Strecke von fünf Kilometern. Am ZOB in Spenge ist sie vor zwei Stunden gestartet, jetzt ist die Gruppe gerade in Westerenger angekommen. An diesem Sonntag haben die Städte Enger und Spenge zum zweiten Mal zum großen Straßenfest "Mobil ohne Auto" auf die Spenger/Ravensberger Straße eingeladen. Die Hauptverkehrsachse, auf der sonst Tausende Autos am Tag rollen, ist für den motorisierten Verkehr gesperrt. Heute gehört die Straße ganz den Fußgängern, Radlern, Inline-Skatern, Rollerfahrern oder Skateboardern. Und die haben sich zu Tausenden auf den Weg gemacht. Mitmach-Aktionen rund um das Thema Mobilität Auf der fünf Kilometer langen Strecke zwischen dem ZOB in Spenge und dem Busbahnhof in Enger bieten viele verschiedene Vereine und Organisationen Mitmach-Aktionen rund um das Thema Mobilität an. Es gibt Bobbycar- und Fahrradparcours, man kann mit dem Segway fahren, einen Bungee-Lauf machen, eine Runde im Looping-Bike drehen - oder sich eben im Treckerreifen-Stemmen üben. Auf der Bühne am ZOB Spenge präsentieren sich unterschiedliche heimische Vereine: Zumba und Kunstturnen, Karate Dojo oder Breakdance stehen hier auf dem Programm. Am Schützenplatz in Westerenger, dem "Treffpunkt Mitte", gibt's viel Musik. Verschiedene Gruppen der Musikschule unterhalten hier die Besucher, aber auch die Sängergemeinschaft Westerenger und die Harmonie Spenge. Als Hauptact ist am Nachmittag Alessio Loriga aus "The Voice of Germany" angekündigt. Tennis an der Bushaltestelle Mareike Hartwig ist mit ihrem Mann und ihren drei Kindern zum Fest gekommen. Am ZOB in Spenge meistert ihre fünfjährige Tochter Luisa Marie gerade den Bobbycarparcours. "Das ist eine schöne Veranstaltung", findet ihre Mutter. Die Idee sei prima, die viel befahrene Hauptstraße mal für einen Tag zu sperren. Ein paar Meter weiter - dort, wo sonst die Busse anhalten - wird Tennis gespielt. Der TuS Spenge bietet hier kleine Schnuppertrainings an. Melvin Hülf liefert sich gerade ein Match mit Joe-Leon Humphris. "Das ist das erste Mal überhaupt, dass ich Tennis spiele", sagt Humphris lachend und spielt den Ball zu seinem Trainer vom TuS Spenge zurück. Der ist schwer angetan: "Er macht sich gut", findet Hülf. Jubiläumslauf der Gesamtschule Eine halbe Stunde zuvor war der Aktionstag am ZOB mit einem großen Jubiläumslauf der Regenbogen-Gesamtschule gestartet. Die feiert in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag und hatte rund 1.250 Schüler, Eltern und Lehrer auf die Strecke bis nach Enger geschickt. Auf halbem Weg, auf dem Supermarkt-Parkplatz in Westerenger, fährt unterdessen das wohl einzige motorisierte Fahrzeug des Tages vor. Und das ist auch nur zugelassen, weil es irgendwie ein Stück weit Kunst ist: Denn in dem knatternden Piaggio Ape sitzen ein Pantomime, ein Jongleur und ein Artist. Die drei sind das "Chaos Varieté" und ihr italienisches Kultmobil ihre rollende Bühne. Das ist wichtig beim Segway-Fahren Während hier jongliert und geulkt wird, testet Olaf Klusmann ein, zwei Kilometer weiter Richtung Enger einen Segway aus. Langsam steuert er das zweirädrige Gefährt durch einen Parcours. Zum ersten Mal fahre er damit, sagt er. "Wichtig ist, dass man Körperspannung hat und die Arme ruhig hält." Auch er findet den Aktionstag auf der Hauptstraße sehr gelungen. "Und man trifft viele Leute." Besucherin Jenny Kors gefällt besonders, dass es so viele Aktionen für Kinder gibt. Ihr sechsjähriger Sohn Joel produziert zum Beispiel gerade jede Menge überdimensionale Seifenblasen. Schön sei auch, dass sich so viele verschiedene Gruppen undOrganisationen an dem Aktionstag beteiligen würden, findet seine Mutter. Mit besonders schwerer Montur unterwegs Stefan Bender, Stefan Dehne und Patrick Goebel von der Feuerwehr Enger und Phillip Köster, Thomas Finkemeyer und Markus Finkemeyer von der Feuerwehr Spenge haben sich an diesem Sonntag ebenfalls auf die Strecke von Spenge nach Enger gemacht. Und dabei haben sie besonders viel zu schleppen - denn die Sechs sind in voller Schutzausrüstung inklusive Pressluftatmer aufgelaufen. "Wir tragen jeder etwa 25 Kilogramm", sagt Bender. "Mit der Aktion möchten wir ein bisschen auf die Feuerwehr aufmerksam machen. Und wir möchten zeigen, dass wir fit sein müssen, damit wir im Einsatz belastbar sind." Während sie sich vom Busbahnhof in Enger langsam wieder auf den Weg zurück nach Spenge machen, hört man auf der Straße wieder ein dumpfes Klatschen. Der Treckerreifen ist an seinem Ziel angekommen. Rund 5.000 Mal hat er von einer Seite auf die andere gekippt werden müssen, um die fünf Kilometer lange Strecke zurückzulegen. Das hat die Gruppe gemeinsam mit vielen Festbesuchern geschafft - in gerade mal drei Stunden.

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