Spenge. Herr Schimke, Karneval ist vorbei und die Fastenzeit läuft. Bis Ostern ist jetzt bei vielen erst mal Verzicht angesagt – gar nicht immer unbedingt aus religiösen Gründen. Sie nutzen die Zeit einfach, um mal Diät zu machen. Aus medizinischer Sicht sinnvoll?
ANDREAS SCHIMKE: Gerade jetzt zum Ende des Winters kommen viele Patienten mit Bauchschmerzen. Das oft etwas vitaminärmere Essen in den letzten Monaten hat dazu geführt, dass sich andere Darmbakterien angesiedelt haben. Unsere Darmflora ist also durcheinandergewirbelt – erst recht, wenn durch Infekte noch Antibiotika im Spiel sind. Dann ist es gar nicht schlecht, einfach mal den Reset-Knopf am Darm zu drücken und die guten Bakterien wieder aufzuforsten. Fasten kann dazu beitragen – zum Beispiel, indem man viel frisches Obst zu sich nimmt oder probiotischen Joghurt. Auch der Psyche tut das Fasten übrigens gut. Denn oft gibt es einem ja schon neuen Schwung, wenn man Dinge einfach mal anders macht als sonst.
„Fasten darf nicht bedeuten, gar nichts mehr zu essen.“
Manche schenken sich gerade die Schokolade – dafür gibts jetzt Bananen und Bircher-Müsli. Andere verzichten auf Kohlenhydrate oder machen Entschlackungskuren: Es gibt viele Wege zu fasten. Gibt es auch einen Königsweg?
SCHIMKE: Nein, den gibt es nicht. Manche verzichten auf Genussmittel wie Süßigkeiten oder Alkohol. Das ist die einfachste Art des Fastens. Andere wiederum nehmen nur noch gewisse Nahrungsmittel zu sich, machen etwa eine Saftkur. Sinnvoll kann auch sein, auf fettiges Essen zu verzichten, oder den Fleischgenuss ein wenig zu reduzieren.
Gibt es denn etwas, worauf man besonders achten sollte?
SCHIMKE: Ganz wichtig ist: Fasten darf nicht bedeuten, gar nichts mehr zu essen. Man sollte am Tag noch mindestens 500 Kalorien zu sich nehmen und reichlich trinken. Gern bis zu drei Liter. Auch das entschlackt und nimmt den Hunger. Gegen alle Arten des Fastens, bei denen eine entsprechende Nahrungsaufnahme gegeben ist, spricht aus medizinischer Sicht nichts – wenn man denn gesund ist.
Von einer Null-Diät halten Sie also nichts?
SCHIMKE: Davon halte ich gar nichts. Mal einen Tag lang bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr nichts zu essen, kann einen heilenden Effekt haben. Aber über mehrere Tage – das ist nicht zu empfehlen und kann sogar gefährlich werden.
Inwiefern? Was passiert im Körper, wenn man längere Zeit keine feste Nahrung zu sich nimmt?
SCHIMKE: Wenn man länger nichts isst, also nicht mehr genügend Energie zuführt, kann es zum Abbau der körpereigenen Strukturen kommen. Zum Beispiel droht ein Muskelabbau. Aber auch Herz- oder Kreislaufprobleme können die Folge sein. Und auch Leber und Nieren können Probleme machen.
Groß in Mode ist ja zurzeit die sogenannte Low-Carb-Diät – also der Verzicht auf Kohlenhydrate. Kartoffeln, Nudeln, Reis oder Getreideprodukte werden dabei vom Teller verbannt. Eine effektive Methode, um abzuspecken?
SCHIMKE: Der Verzicht auf Kohlenhydrate ist aus meiner Sicht eine der besten Diäten. Grundsätzlich nehmen wir alle zu viele Kohlenhydrate zu uns. Für den Körper sind sie die einfachste Art, an Energie zu kommen. Unsere Zellen werden ja über „Einfachzucker“ im Blut mit Energie versorgt. Und Kohlenhydrate können sehr leicht vom Verdauungssystem in verwertbaren „Einfachzucker“ umgewandelt werden. Wenn nun nicht mehr ausreichend Kohlenhydrate mit der Nahrung aufgenommen werden, stellt sich der Stoffwechsel um. Dadurch wird der Körper gezwungen, die eigenen Fettreserven als Energielieferant zu nutzen – was zu einer Gewichtsreduktion führt.
Immer wieder werden in der Werbung auch Diät-Drinks und Schlankheits-Pülverchen angepriesen. Ein Geheimrezept? Oder sollte man lieber die Finger davon lassen?
SCHIMKE: Von solchen Pulverdiäten halte ich nichts. Das funktioniert genauso mit natürlichen Nahrungsmitteln. Da fehlt nur der Faktor: Jetzt habe ich dafür so viel Geld ausgegeben, dann muss die Diät jetzt auch durchgezogen werden. Wir sind halt Menschen.
Wie wichtig ist denn Bewegung während des Fastens?
SCHIMKE: Ganz wichtig. Zu jeder Diät gehört Bewegung unbedingt dazu. Wenn ich die Hälfte esse, sollte ich mich doppelt so viel bewegen.
Warum das? Dann habe ich doch noch mehr Hunger, oder?
SCHIMKE: Das Hungergefühl wird rasch vorbeigehen. Meistens besteht es nur die ersten Tage und legt sich dann. Das Sättigungsgefühl setzt früher ein und Heißhungerattacken bleiben in der Regel aus. Stattdessen fühlt man sich leistungsbereiter und fitter.
Bei einer Diät sind die ersten Tage die schwersten. Haben Sie ein paar Tipps, wie man die richtig üble Zeit besser übersteht?
SCHIMKE: Sich einfach mit schönen Dingen belohnen: viel rausgehen, das Hobby in den Vordergrund stellen, shoppen oder mal mit dem Partner tanzen gehen.
Das Gespräch führte
Mareike Patock