Naturschutz

Happy End: Herforder Steinkauz-Findling aufgepäppelt und ausgewildert

Eulenschützer Erhard Nolte ist auf Steinkäuze spezialisiert. In diesem Jahr hat er einen Herforder Findling von Hand aufgepäppelt - und in Bünde ausgewildert.

Was hier ein wenig an einen schlecht gelaunten Kaktus erinnert, ist in Wirklichkeit ein Steinkauz-Findling. Erhard Nolte hat ihn zum Wiegen in einen Blumentopf gesetzt. | © Erhard Nolte

Meiko Haselhorst
29.06.2024 | 29.06.2024, 16:00

Rödinghausen. Mit Verlaub, aber ein bisschen dümmlich guckt er auf diesem Bild schon aus den Federn, der junge Steinkauz. Ist allerdings nicht seine Schuld. Erhard Nolte hatte ihn in einen Blumentopf gesetzt, um ihn zu wiegen. Wer sähe da schon glücklich aus? „Dabei ging es ihm zu diesem Zeitpunkt schon wieder ganz gut“, sagt der Naturschützer und lacht. Wenig später habe er den jungen Kauz wieder in seine Freiheit entlassen können – wenn auch zunächst noch bei Adoptiv-Eltern. . .

Aber der Reihe nach: Vor einigen Wochen bekam Nolte einen Anruf aus Herford. „Auf einem Hof dort waren offenbar drei Steinkauz-Küken aus ihrem Nest gefallen. Zwei waren tot, eins lebte noch“, schildert der 79-Jährige, der sich mit seiner kleinen Gruppe von Mitstreitern schon seit vielen Jahren um die recht übersichtliche Steinkauz-Population in der Region kümmert.

Nolte fuhr also nach Herford, fand die drei knapp zweiwöchigen Jungvögel am Boden und konnte sich auch ziemlich schnell zusammenreimen, was passiert war: „Oben unterm Dach sah ich in der Verkleidung ein Loch. Sicher hatten die Käuze in einem Hohlraum dahinter gebrütet. Und als die Küken schon etwas größer waren und den Altvögeln beim Füttern entgegenkamen, sind sie aus dem Loch gepurzelt. Zwei haben diesen Absturz nicht überlebt“, erzählt er.

Die Eltern schauten traurig zu

Auf dem Nachbargebäude saß nun einer der Altvögel und schaute zu. „Irgendwie eine traurige Geschichte“, sagt Nolte, als er davon erzählt. Sein erster Gedanke: Eine geeignete Kiste an besagter Stelle am Dach anbringen, den noch lebenden Jungvogel hineinsetzen – und hoffen, dass die Eltern die Fütterung wieder aufnehmen. „Ging aber nicht“, sagt er. Zu hoch, zu wackelig, „außerdem war so spontan keine gute Kiste aufzutreiben“.

Da der junge Vogel bereits deutlich geschwächt war und dringend Futter brauchte, nahm Nolte ihn letztlich mit nach Hause, um ihn dort aufzupäppeln. „Aber schon mit dem Gedanken im Hinterkopf, ihn möglichst bald einer anderen Steinkauzbrut im Bünder Land unterzuschieben. Da kamen durchaus einige infrage“, so der Rödinghauser.

Jetzt ging es aber erst mal darum, den kleinen Findling wieder ein wenig auf Vordermann zu bringen. „Ich habe für solche Fälle immer ein paar tiefgefrorene Mäuse auf Lager“, so der erfahrene Von-Hand-Aufzieher. „Und ein Freund hat mich mit weiteren gefangenen Mäusen unterstützt.“ Zunächst habe er die kleinen Nager mit der Schere noch mundgerecht zerlegt, doch schon bald war der junge Kauz in der Lage, sich die Mäuse mit Klauen und Schnabel selbst zu zerpflücken. „In seinem Pappkarton machte der Kleine schon solch einen Radau, dass es mich abends beim Fernsehen störte“, erzählt Nolte und lacht. Darum habe er seinen Findling, der mittlerweile „Steini“ hieß, in eine resonanz-ärmere Holzkiste mit Teppich umgesiedelt. Das aber nur am Rande.

Happy End in Hunnebrock

Innerhalb einer knappen Woche war der junge Steinkauz bereits so groß und so schwer geworden, dass Nolte seinen Auswilderungsversuch starten konnte. „Ich hatte mich unter den hiesigen Steinkauzbruten natürlich schon umgesehen – das Größenverhältnis zu den Stiefgeschwistern muss ja so in etwa passen“, erklärt Nolte. In einem Kasten in Hunnebrock passte es ziemlich genau. Ruckzuck hatte er seinen Pflege-Kauz aus der Kiste gezaubert und den anderen Käuzchen untergejubelt.

Findling "Steini" (vorne) und seine Stiefgeschwister. Erhard Nolte hat sie in einer Kiste mit grünem Teppich "zwischengeparkt", um den Hunnebrocker Nistkasten zu säubern. - © Erhard Nolte
Findling "Steini" (vorne) und seine Stiefgeschwister. Erhard Nolte hat sie in einer Kiste mit grünem Teppich "zwischengeparkt", um den Hunnebrocker Nistkasten zu säubern. | © Erhard Nolte

„Jetzt musste man nur noch abwarten, ob die Stiefgeschwister und die Stiefeltern ihn auch annehmen würden“, erzählt Nolte. Einen Tag später fuhr er noch mal hin und schaute nach dem Rechten. „Ich konnte ihn an den helleren Federn erkennen“, so der 79-Jährige. „Er saß wohlauf inmitten der anderen Jungvögel. Da war mir klar: Es hat geklappt.“

Mittlerweile, so Erhard Nolte abschließend, müssten alle jungen Steinkäuze ausgeflogen und irgendwo im Bruch unterwegs sein. Traurige Geschichte – aber mit Happy End. Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass auch „Steini“ mittlerweile etwas glücklicher aus den Federn guckt.