LÖHNE

31-Jähriger fälscht Praktikumszeugnisse

Gericht erlegt Löhner Arbeitsstunden auf

16.02.2012 | 16.02.2012, 00:00

Löhne. Bei Tobias B. (Name geändert) sitzt der Frust tief. Mehr als 250 Bewerbungen hat der 31-Jährige nach eigener Aussage seit dem Ende seines BWL-Studiums vor drei Jahren geschrieben - und mehr als 250 Absagen bekommen. Lag ein großer Umschlag im Postkasten, wusste der Diplom-Betriebswirt: Wieder keine Einladung zum Vorstellungsgespräch.

Da ersann sich der Löhner eine List: Am Computer bastelte er sich ein Praktikumszeugnis zusammen, um nach Einschätzung von Oberstaatsanwalt Heinrich Rempe "eine Lücke in seinem Lebenslauf zu schließen". Vor dem Amtsgericht Bad Oeynhausen gab es gestern das böse Erwachen: Wegen Urkundenfälschung in drei Fällen muss der Mann 90 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

"Ich wollte doch nur arbeiten. Aber je länger Sie sich als Berufsanfänger bewerben, desto geringer sind heutzutage auf dem Arbeitsmarkt die Chancen auf einen Job", sagte B. auf die Frage von Amtsrichter Weber, warum er das Zeugnis einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, in der er zuvor ein Praktikum absolviert und dieses laut Anklageschrift vorzeitig abgebrochen hatte, gefälscht und sich damit bei zwei Unternehmen beworben habe.

Den Vorwurf, das Praktikum vorzeitig abgebrochen zu haben, wies B. zurück. Er räumte jedoch ein, sich ein Zeugnis mit Briefkopf und den Unterschriften der Geschäftsführung seines vorübergehenden Arbeitgebers ausgestellt zu haben. "Für Praktikanten besteht schließlich gesetzlich Anspruch auf ein Zeugnis", sagte der Angeklagte, der gestern auf rechtlichen Beistand verzichtet und sich selbst vertreten hat. Oberstaatsanwalt Rempe wollte daraufhin wissen, ob er sich "wenigstens etwas nettes geschrieben" habe. Weber trug das Schriftstück vor und befand: "Man hätte durchaus noch dicker auftragen können."

Da B. noch immer auf der Suche nach einer festen Arbeit ist, derzeitig seinen Lebensunterhalt mit einem 400-Euro-Job bestreiten muss und die Fälschung nicht nur gestand, sondern auch glaubhaft bereute, sahen Staatsanwalt und Richter von einer Verurteilung ab. "Betrachten Sie die Arbeitsauflagen als Schuss vor den Bug", sagte Richter Weber. Deutliche Worte für den 31-Jährigen fand auch Heinrich Rempe: "Das Zeugnis war zwar gut formuliert, aber trotzdem großer Blödsinn. Lassen Sie künftig die Finger von diesen kriminellen Sachen."