LÖHNE

Bollmanns letzte Geschichtsstunde

Der Leiter des Gymnasiums geht nach 15 Jahren im Amt in den Ruhestand

Jürgen Bollmann bei seinem Amtsantritt Anfang Februar 1996 im Eingangsbereich des Gymnasiums Löhne. Links ist die von Schülern entworfene Plastik zu erkennen. |

26.01.2011 | 26.01.2011, 00:00

Löhne. Beinah auf den Tag genau vor 15 Jahren, am 1. Februar 1996, wurde Jürgen Bollmann Leiter des Gymnasiums. Heute gibt der 62-Jährige seine letzte Unterrichtsstunde - Geschichte in der elften Jahrgangsstufe. Übermorgen geht Bollmann in Ruhestand.

Seine letzte Unterrichtsstunde ist ihm wichtig. Das Thema "Arminius und andere deutsche Mythen" will Jürgen Bollmann zu einem runden Abschluss bringen. "Eigentlich wollte ich Mittwoch die Schlagzeile ,Wir sind Papst\' hinterfragen. Doch die 11 war ein bisschen schneller, so dass wir dieses Thema schon durch haben. So muss ich mir noch einen neuen Aspekt einfallen lassen", sagt er.

Jürgen Bollmann betont, wie gern er in all seinen Jahren als Schulleiter auch stets selbst unterrichtet hat. "In der Leitungsfunktion fallen so viele andere Aufgaben an, dass ich von der Stundenzahl her in diesem Schuljahr eigentlich überhaupt nicht mehr unterrichten müsste. Aber ich war immer nicht nur gern Leiter, sondern auch gern Lehrer."

Heute haben viele Schulträger Schwierigkeiten, überhaupt Bewerber für Schulleiterposten zu finden, so ja auch das Gymnasium Löhne. Da liegt die Frage nahe: Warum wollte Jürgen Bollmann vor 15 Jahren eigentlich Schulleiter werden?

Etwas nachdenklich kommt seine Antwort: "Ich war damals schon zwölf Jahre lang in der Lehrerausbildung beim Fachseminar Geschichte in Detmold. Es war eine lange Phase, in der Geschichtsreferendare generell nicht eingestellt wurden, weil ein solches Überangebot herrschte." Das war nicht nur für die Lehramtsanwärter, sondern auch für Jürgen Bollmann auf die Dauer eine sehr unbefriedigende Situation: "Ich habe mich gefragt: Wofür mühst du dich hier eigentlich ab? Nur für die Papiertonne, nur für die Warteschleife?"

Bollmann kehrte dem Fachseminar den Rücken, belegte stattdessen Fortbildungen für Leitungsfunktionen und erhielt eine Stelle als stellvertretender Leiter des Engelbert-Kaempfert-Gymnasiums in Lemgo. Nach viereinhalb Jahren bewarb er sich dann in Löhne als Nachfolger des früheren SGL-Leiters Otto Droste und wurde - seinerzeit noch direkt vom Rat der Stadt - gewählt.

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Ein ungelöstes Problem

In Jürgen Bollmanns Amtszeit wurde das Gymnasium stetig größer. Und dieser Trend wird noch mehrere Jahre anhalten, sagt der scheidende Schulleiter: "Ich bin bereits 2007 an die Öffentlichkeit gegangen und habe Anfang 2008 den Rat der Stadt informiert, welche räumlichen und organisatorischen Probleme wir bekommen, wenn das Gymnasium Löhne sechszügig wird. Doch seither ist nichts geschehen. Dies ist ein ungelöstes Problem, das ich leider der Stadt und meinem Nachfolger hinterlasse."

"Als neuer Schulleiter hatte ich das Glück, dass Ende der 90er Jahre gerade das Bertelsmann-Projekt begann, das später in ,Schule & Co\' überging. Das gab eine Vielzahl wichtiger neuer Impulse und hat den Blick aller Kolleginnen und Kollegen wesentlich erweitert", sagt er.

Andere Meilensteine in seiner Amtszeit waren die Einführung des Zentralabiturs und die Umstellung auf "G8" (zum Abitur in acht statt neun Jahren Gymnasium). Bollmann: "Das waren elementare Einschnitte, die für alle Kolleginnen und Kollegen und natürlich auch für mich mit erheblicher Mehrarbeit verbunden waren." In seine Amtszeit fiel zudem die explosionsartige Entwicklung der EDV, die für die Schulverwaltung wie für den Unterricht eine Vielzahl neuer Möglichkeiten, aber auch viele zusätzliche Aufgaben brachte.

Zusätzlich hatte Jürgen Bollmann spezielle Löhner Probleme zu lösen. Dabei ging es vor allem um Sanierungen und Neubaumaßnahmen der schwungvoll wachsenden Schule. "Ich habe in allen Fragen viele Jahre mit dem Schulträger sehr gut zusammen gearbeitet." Die Stadt habe in seiner Amtszeit erhebliche finanzielle Mittel in den Ausbau des Gymnasiums Löhne gesteckt wie in den Neubautrakt oder derzeit in die Mensa.

In den vorzeitigen Ruhestand geht Jürgen Bollmann zum einen mit Rücksicht auf seine Gesundheit, aber auch mit Blick auf Veränderungen der Schulleiterfunktionen: "Ab 2012/13 werden Schulleiter auch als Dienstvorgesetzte fungieren. Das bedeutet, dass ich spezielle juristische Fortbildungen machen müsste. Für die kurze Zeit, die ich dann noch im Amt wäre, lohnt sich das aber wirklich nicht. "

Jürgen Bollmann geht gelassen in den Ruhestand und hofft darauf, bald die anstrengenden Seiten des Jobs hinter sich zu lassen: "Denn das ist eine große Schwierigkeit, wenn man älter wird. Man nimmt berufliche Probleme mit nach Hause und kommt einfach nicht von ihnen los." Aber seine Unterrichtsstunden in Deutsch und Geschichte, die wird er vermissen.