Kreis Herford. Enkeltrick – wie funktioniert der eigentlich? Tanja S. (Name geändert) hat schon oft davon in der Zeitung gelesen oder im Radio gehört. Wie aber ein wildfremder Mensch einen anderen dazu bringt, ihm sein Erspartes auszuhändigen, war ihr immer ein Rätsel. Jetzt weiß sie es.
Denn Opfer des Enkeltricks wäre beinahe ihr 79-jähriger Vater geworden. Der Mann möchte, wie auch seine Tochter, anonym bleiben. Zu groß ist die Angst, dass die Täter, die übrigens an ihm gescheitert sind, wissen, wo er wohnt und ihm auflauern.
Eine Angst, die nach allen Erfahrungen der Polizei unbegründet ist. "Täter, die den Enkeltrick anwenden, sind in der Regel nicht gewalttätig", sagt der Sprecher der Herforder Polizeibehörde, Rainer Koch. "Sie versuchen, in der Anonymität zu bleiben. Deshalb werden sie höchstens drei Mal in einer Stadt hintereinander versuchen, den Enkeltrick anzuwenden. Man kann fast ausschließen, dass sie das Risiko eingehen, Gewalt anzuwenden."
Vor wenigen Tagen erhielt das 79-jährige Opfer einen Telefonanruf. Das Gespräch verlief ungefähr so:
Täter: "Hallo, ich bins."
Opfer: "Ich? Wer sind Sie denn?"
Täter:"Erkennst du mich denn nicht, Onkel?"
Opfer: "Lars? . . . Bist du es?"
Täter: "Ja, richtig."
Opfer: "Ach Lars! Wie geht es dir denn?"
Was folgte, war ein Austausch von Höflichkeiten, die dem Täter dazu dienten, Vertrauen aufzubauen und möglichst viel über das Opfer herauszufinden. Zum Beispiel fragte der Täter: "Bist du alleine?"
Opfer: "Nein, deine Tante ist auch hier."
So ging es hin und her. Schließlich kam der Täter auf sein eigentliches Anliegen zu sprechen:
Täter: "Hmm, Onkel, ich habe heute etwas, das ich gerne mit Dir besprechen möchte: Ich brauche Geld."
In Fall des Vaters von Tanja S. hatte der Anrufer da Pech: Ab diesem Satz wusste der 79-Jährige, dass etwas nicht stimmte. "Das passte einfach nicht zu Lars", sagt die Tochter. Ihr Vater habe trotzdem mitgespielt:
Opfer: "Naja, ich habe ein bisschen Geld hier, aber nicht so viel."
Täter: "Dann könnten wir ja zusammen zur Sparkasse gehen. Wo hast du denn dein Geld?"
Trickreich ist der Täter mit dieser Frage. Denn hätte sein potenzielles Opfer eingewilligt, zusammen zum Geldinstitut zu gehen, hätte der Betrüger natürlich nicht selbst den vermeintlichen Onkel aufgesucht.
Stattdessen hätte er kurz vor dem verabredeten Termin erneut angerufen und mitgeteilt, dass er verhindert sei und deshalb einen Freund schicke, der den Onkel zur Sparkasse begleiten und das Geld mitnehmen werde.
So weit ließ der 79-Jährige es jedoch nicht kommen. Er gab zu erkennen, dass er seinen Gesprächspartner für einen Betrüger hielt. Der wurde daraufhin ausfallend: "Du Schwein." Dann legte er auf. Tanja S. und ihr Vater haben die Polizei angerufen, die aber nicht mehr helfen konnte: Nur wenn sich ein vermeintliches Opfer zum Schein mit dem Täter verabredet und vor dem Treffen die Polizei einschaltet, hat sie eine Chance, die Täter dingfest zu machen.