Auf der Suche nach Erdwärmepotenzial: Seismische Messungen laufen in Löhne

Löhne. Nein, es war kein Erdbeben, das manche Löhner aufschrecken ließ. Auch wenn die Vibration der Erde im Norden der Werrestadt durchaus den Eindruck hätte entstehen lassen können. Mit Gesteinsschichten aber hatten sie trotzdem zu tun: Der Geologische Dienst NRW ist zu Gast in Löhne und untersucht mit seinen sogenannten Vibrotrucks den Untergrund. Das Ziel: die künftige Nutzung von Erdwärme als Energiequelle. So jedenfalls erklärt es Tobias Fritschle, der das Projekt für den Geologischen Dienst begleitet. &bdquo;Wir wollen Erkenntnisse über den Aufbau des tieferen Untergrunds gewinnen“, sagt der Diplom-Geologe. Zwar habe man bereits eine Vorstellung davon, welches Gestein sich in welchen Tiefen befinde. &bdquo;Aber um Erdwärme richtig zu nutzen, können wir uns darauf nicht verlassen, sondern müssen das richtig erforschen.“ Die Erde vibriert Seit vier Wochen schon sind zu diesem Zweck mehrere Messtrupps in Ostwestfalen-Lippe unterwegs. Laut Fritschle bewegt sich einer im Südosten der Region, also im Hochstift und im Kreis Lippe. Ein zweites Team erforscht derweil den nördlichen und westlichen Teil, zu dem auch die Werrestadt gehört. &bdquo;Wir waren zuerst zwischen Stemwede und Porta Westfalica aktiv und bearbeiten jetzt eine Trasse von Petershagen nach Oelde.“ In einer Kolonne fahren dabei mehrere überdimensionale Fahrzeuge über zuvor festgelegte Straßen. Ausgestattet sind sie mit einer Rüttelplatte unterhalb der Trucks. &bdquo;Alle 30 Meter halten die Fahrzeuge an, setzen die Platte auf den Boden auf und beginnen zu vibrieren“, beschreibt Fritschle das Prozedere. Lesen Sie auch: Staus und Sperrungen nicht ausgeschlossen: Darum fahren Spezial-Lkw durch Löhne Die so erzeugten Schwingungen dringen dann bis zu fünf Kilometer tief in den Untergrund ein. &bdquo;Und überall dort, wo unterschiedliche Gesteinsschichten aufeinandertreffen, werden die Schallwellen reflektiert und an der Erdoberfläche von speziellen Mikrofonen aufgefangen.“ Schon im Vorfeld waren zu diesem Zweck etliche sogenannte Geophone entlang der Trasse am Straßenrand platziert worden. Sand- und Kalkstein als Chance Die gewonnenen Daten liefern am Ende wertvolle Erkenntnisse über das Erdwärmepotenzial in der Region. Zwar gab es schon in der Vergangenheit ähnliche Projekte, allerdings vornehmlich in der Grenzregion zu Frankreich und den Beneluxländern. &bdquo;Da haben wir es vor allem mit bis zu 400 Millionen Jahre altem Kohlekalk und Massenkalk zu tun“, sagt Fritschle. &bdquo;Hier in Ostwestfalen ist das Gestein etwas jünger, im Wesentlichen steckt hier Sandstein und Kalkstein aus dem Mesozoikum im Untergrund.“ Und damit ein Material, das wegen seiner porösen und mit zahlreichen Hohlräumen versehenen Struktur Raum für Tiefenwasser bieten. &bdquo;Dadurch sind diese Gesteine ein potenzielles Reservoire für Geothermie“, sagt Fritschle. Denn je tiefer das Wasser lagert, desto wärmer ist es. &bdquo;Die Temperatur erhöht sich je 1.000 Meter etwa um 30 Grad Celsius“, nennt der Geologe einen groben Richtwert. Wird dieses Wasser nun an die Erdoberfläche gepumpt, kann es als Wärmequelle genutzt werden. &bdquo;Bestenfalls in ganzen Quartieren“, sagt Fritschle. Warum Löhne erst später befahren wird So jedenfalls sieht es der Masterplan Geothermie vor, den die NRW-Wirtschafts- und Energieministerin Mona Neubaur im April präsentiert hat. Bis zum Jahr 2045, so das erklärte Ziel, sollen im Land 15 bis 20 Prozent der Wärmeerzeugung aus der Geothermie gewonnen werden. Auch bei der Vorbereitung der kommunalen Wärmeplanung ist das Thema ein wichtiger Baustein - auch in Löhne. Mehr zum Thema: Seismische Messungen in Löhne: Auf diesen Straßen fahren die Vibro-Trucks Hier aber sind die Messtrucks derzeit mit deutlicher Verspätung unterwegs. Nachdem sie sich von Petershagen über Minden und durch Bad Oeynhausen vorgearbeitet hatten, mussten sie an der Löhner Stadtgrenze einen ungeplanten Stopp einlegen. &bdquo;Uns fehlte noch die Bestätigung, dass die Messstrecke frei von Kampfmitteln ist“, erklärt Fritsche. Kurzerhand wurden die Trucks daher nach Kirchlengern umgesetzt und nahmen von dort aus zunächst Kurs Richtung Süd. Erst nachdem Enger, Hiddenhausen und Bielefeld durchquert waren, gab es grünes Licht für die Werrestadt. &bdquo;Hier holen wir die Messungen jetzt nach.“ Geothermie als Marathon Und das mit großem Aufwand. Bis zu 30 Mitarbeiter sind bei den Messungen im Einsatz, steuern die Trucks, überwachen die Durchführung, regeln den Verkehr oder sammeln die Geophone wieder ein. Zusätzlich werden Schwingungen an den angrenzenden Wohnhäusern überprüft, um Gefahren zu minimieren. Weitere Mitarbeiter führen während der Messungen Gespräche mit Anwohnern und klären sie auf. &bdquo;Wir wollen die Bevölkerung schließlich bestmöglich mitnehmen“, sagt Fritschle. Schon vor Wochen wurden Anwohner entlang der Strecke per Flyer über das Vorhaben informiert, wenige Tage vor Projektstart gab es noch einmal Post. Und auch über die Ergebnisse soll am Ende ausführlich informiert werden. Wann das so weit ist, steht allerdings noch nicht fest. &bdquo;Die Auswertung kann noch ein halbes Jahr in Anspruch nehmen“, sagt Tobias Fritschle. &bdquo;Geothermie ist eben kein Sprint, sondern eher ein Marathon.“

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