Zweifel am Konzept: Wie Löhne bis 2045 klimaneutral werden will

Löhne. Es ist ein ambitioniertes Ziel. Dafür aber auch ein wegweisendes: Bis 2045 will die Bundesregierung das Land klimaneutral gestalten. Heißt: Weniger Treibhausgase, weniger Stromverbrauch, mehr erneuerbare Energien. Auch die Stadt Löhne hat sich diesem Ziel verschrieben und schon vor sieben Jahren ein eigenes Klimaschutzkonzept auf den Weg gebracht. Jetzt wurde es überarbeitet – und zeigt deutliche Steigerungspotenziale für die Werrestadt auf. Auf den ersten Blick sehen die Zahlen schon jetzt ordentlich aus. Zwischen 2018 und 2020, so heißt es im Klimaschutzkonzept, ist der Energieverbrauch in Löhne um gut 98.000 Megawattstunden (MWh) zurückgegangen. Allein 42.000 MWh sparte dabei die heimische Industrie ein, aber auch der Verkehrssektor verzeichnete in diesem Zeitraum einen Rückgang um immerhin knapp 31.000 MWh. Insgesamt konnte der Verbrauch damit um etwa zehn Prozent gesenkt werden. Getrübte Bilanz Noch besser sieht die Bilanz bei den Treibhausgas-Emmissionen aus. Hier lag der Rückgang zwischen 2018 und 2020 bei rund 53.400 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (tCO2e) – und damit bei rund 16 Prozent. Fast die Hälfte davon entfiel auf die Industrie (25.358 Tonnen), eine Einsparung von weiteren 12.246 Tonnen verzeichnete der Verkehrssektor. Getrübt wird diese Bilanz allerdings beim zweiten Blick. Denn das Vergleichsjahr 2020 bezeichnen die &bdquo;Energielenker“, die das Klimaschutzkonzept nun überarbeitet haben, als &bdquo;Ausnahmejahr“ und &bdquo;nicht repräsentativ“. Wegen der seinerzeit noch präsenten Coronapandemie seien die meisten Einsparungen dem Rückgang industrieller Prozesse, dem verminderten Verkehr sowie der Schließung von Gewerbe, Handel und Dienstleistungen zuzuschreiben. Deutlich reduzierter Energieverbrauch Und dennoch: Laut der Potenzialanalyse der Energielenker hat die Werrestadt reichlich Möglichkeiten, die Klimaziele bis 2045 zu erreichen. Die Autoren des Klimaschutzkonzepts haben ein Zielszenario entwickelt, in dem der Energieverbrauch in den nächsten 21 Jahren um 42 Prozent auf rund 562.000 MWh gesenkt werden kann. Gleichzeitig könne der dafür benötigte Strom zu einem Großteil aus erneuerbaren Energien gewonnen werden: 341.000 MWH seien möglich, heißt es in der Analyse. Voraussetzung dafür, so schränken die Autoren ein, ist allerdings eine 100-prozentige Ausschöpfung sämtlicher Möglichkeiten. Für die Senkung des Energiebedarfs liegen diese laut Analyse insbesondere in der Sanierung von Gebäuden samt Umrüstung auf Wärmepumpen, sowie in der Umstellung des Verkehrs auf Elektromobilität und mehr ÖPNV. Die Bedeutung der Sonne Beim Ausbau der erneuerbaren Energie setzen die Autoren derweil vornehmlich auf Sonnenstrom. Die nämlich habe schon jetzt den größten Anteil am grünen Strommix in Löhne – und könne bis 2045 deutlich ausgebaut werden. Alleine auf den Dächern der Werrestadt könne die Leistung von aktuell rund 11 Gigawattstunden (GWh) auf 200 GWh steigen. Der dafür nötige Ausbau entsprechender Photovoltaikanlagen entspricht den Autoren zufolge einer Fläche von etwa 215 Fußballfeldern. Zudem sollen künftig auch zunehmend Freiflächen für Photovoltaikanlagen genutzt werden. Seit einer Gesetzesänderung im vergangenen Jahr sei das etwa entlang von Autobahnen und Bahntrassen deutlich leichter geworden, heißt es in der Potenzialanalyse. Um die im Zielszenario anvisierten 70 GWh zu erreichen, müssten jedoch 1,3 Prozent der Fläche des gesamten Stadtgebietes genutzt werden – und damit deutlich mehr, als die bislang einzige Freiflächen-PV am Klärwerk einnimmt. 95 Prozent weniger CO2 Nur geringes Potenzial wird derweil der Windkraft zugeschrieben. Die vier aktuellen Anlagen liefern derzeit lediglich 5 GWh Strom pro Jahr, könnten ihren Ertrag aber bis 2045 durch eine Modernisierung auf 18 GWh steigern. Weitere 56 GWh können durch Biomasse erzeugt werden. All das hätte am Ende nach Ansicht der Autoren massive Auswirkungen auf die Treibhausgas-Emissionen. Die zum Großteil aus erneuerbaren Energien gespeiste Stromversorgung etwa würde im Zielszenario rund 94 Prozent weniger Treibhausgase verursachen. Die Maßnahmen in den Bereichen Wärme und Verkehr würden ebenfalls zu Einsparungen in Höhe von rund 95 Prozent führen. Im Jahr 2045 käme die Werrestadt demnach auf nur noch 16.222 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente – und damit auf gerade einmal 0,41 tCO2e pro Kopf. Ob dieses Ziel aber auch erreicht wird, steht derzeit noch in den Sternen. Denn die Autoren von den Energielenkern betonen, dass das Klimaschutzkonzept noch keinen konkreten Fahrplan vorsieht. &bdquo;Es wird lediglich dargestellt, was im Optimalfall möglich sein könnte“, sagt Mitautor Jonas Hundertmark. Insofern diene die Potenzialanalyse vorrangig als Leitfaden für weitere Schritte. Zweifel am Erfolg Einen entsprechenden Umsetzungsfahrplan will die Stadtverwaltung dem Planungs- und Umweltausschuss im April vorlegen. Insbesondere die CDU hat allerdings bereits Zweifel am Zielszenario geäußert und sprach zuletzt von &bdquo;utopischen Vorstellungen“. So fehle es etwa an Flächen für PV-Anlagen oder auch an Geld für die anvisierten Maßnahmen. &bdquo;Da fehlt der Realitätsbezug“, sagte etwa CDU-Ratsherr Borzoo Afshar. Auch Silke Glander-Wehmeier von den Grünen fehlt nach eigenen Worten die Vorstellungskraft, &bdquo;wie derart große Ziele erreicht werden können“. Sie plädierte daher dafür, nicht alles sofort umsetzen zu wollen, sondern sich auf einzelne Bereiche zu fokussieren. Die SPD hingegen sieht in der Potenzialanalyse eine gute Basis für die Zukunft. &bdquo;Auf dieser Grundlage können wir jetzt darüber sprechen, welche Schritte wir gehen möchten“, so Fraktionschef Wolfgang Böhm.

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