Die beliebtesten Postkarten-Motive aus Löhne und was sie über die Werrestadt verraten

Löhne. Das beliebteste Löhner Motiv? Für Kirsten Beul ganz klar das Schloss Uhlenburg. "Ohne das geht es nicht", sagt die Inhaberin der Buchhandlung Dehne und stöbert durch die Auswahl der Postkarten in ihrem Geschäft an der Lübbecker Straße. Es ist eines der wenigen, in der überhaupt noch Ansichtskarten aus der Werrestadt angeboten werden. Und obwohl der Markt mittlerweile überschaubar geworden ist und mit digitalen Messengern starke Konkurrenz Einzug gehalten hat, scheint die Nachfrage ungebrochen zu sein. So wie früher, als noch ein ganz anderes Bauwerk die meisten postalischen Grüße aus der Heimat zierte. Was eine gelungene Ansichtskarte ausmacht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Klar scheint aber zu sein, dass sie einen Eindruck vom Ort wiedergeben sollte. Und zwar einen möglichst positiven, wie Kirsten Beul sagt. "Und auch einen vielfältigen. Ein einziges Motiv wäre mir persönlich zu wenig." Auch deshalb reihen sich in ihrem Kartenständer gleich acht verschiedene Löhner Postkarten - die meisten davon unterteilt in mehrere Felder, in denen verschiedene Fotos aus dem Stadtgebiet zu sehen sind: Die architektonisch einmalige Musikschule, das Heimatmuseum samt Mammut, das Rathaus mit energetisch sanierter Fassade. Auch Kemenas Mühle oder die Werre aus verschiedenen Blickwinkeln. Postkarten als "Spiegel ihrer Zeit" "Eben alles, was hübsch ist und Löhne prägt", fasst Beul zusammen. Und verweist damit fast schon beiläufig darauf, dass ihre Postkarten allesamt die identitätsbildenden Besonderheiten der Werrestadt hervorheben. Neu ist dieser Ansatz indes nicht. Im Gegenteil wurden Postkarten schon seit jeher so gestaltet, dass sie immer auch ein Stück Werbung für die jeweiligen Urlaubsorte waren. Und weil die sich im Laufe der Jahrzehnte stetig veränderten, birgt auch die Entwicklung der Ansichtskarte jede Menge historische Zugänge. "Sie sind so etwas wie ein Spiegel ihrer Zeit", sagt Joachim Geyh. In den Ordnern des Hobby-Philatelisten und Ehrenvorsitzenden des Briefmarken- und Münzen-Sammler-Vereins Löhne und Umgebung finden sich heimische Postkarten in Hülle und Fülle. Aus allen Löhner Ortsteilen, aus unterschiedlichsten Epochen. Ein Hauch von Ehrfurcht überkommt ihn, wenn er sich durch seine Sammlung blättert. "Man sieht, es was in Löhne einmal gab, was es heute noch gibt, was sich verändert hat", sagt er. Und auch, was in der Werrestadt zu verschiedenen Zeiten als anpreisungswürdig galt. Auch die dunklen Kapitel der Geschichte sind verewigt Allen voran: Der Bahnhof im Herzen der Stadt. In den Anfangszeiten der Postkarte zierte er nahezu jedes Exemplar in Geyhs Sammlung. Meist waren es colorierte Zeichnungen, die den Verkehrsknotenpunkt postalisch verewigten. Das Gleisgelände aus der Vogelperspektive, das Hauptgebäude aus verschiedenen Blickwinkeln, wartende Passagiere am Bahnsteig. Oft aufwendig arrangiert oder in weitere Zeichnungen eingebettet. Es war die Zeit, als der Bahnhof noch eine größere Bedeutung und der Spruch "Löhne umsteigen!" eine charakteristische Bedeutung hatte. Dass auf frühen Postkarten ansonsten vornehmlich prunkvolle Bauten wie das Amtshaus, die Villa Winkelmann oder sogar das Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Porta Westfalica abgebildet wurde, sagt auch in Geyhs Augen viel über die einstige Eigenwahrnehmung Löhnes aus. Als die Bedeutung des Bahnhofs schließlich zurück ging, und das Image als Eisenbahnerstadt ein Fall für die Geschichtsbücher wurde, verschwand das Bauwerk auch mehr und mehr von den heimischen Postkarten. Stattdessen konzentrierte man sich auf Architektur und Infrastruktur: Ganze Straßenzüge wie Friedrich-, König- oder Lübbecker Straße wurden verewigt, dazu Brücken, Kirchen und Schulen. In den 1930er hielt auch das Hakenkreuz Einzug in die Motivauswahl und wehte vor der Volksschule oder dem Amtshaus. "Auch das gehört zu unserer Geschichte", sagt Joachim Geyh, "auch wenn es uns nicht gefällt." "Die Nachfrage ist immer noch groß" So ziehen sich die Epochen durch die Löhner Postkartenhistorie: Motive von Geschäftshäusern, Banken und Einzelhandel dokumentieren das Wirtschaftswunder, Bilder von Freibad, Fluss oder Werrestauwehr ein neues Lebensgefühl nach düsteren Zeiten. Und auch die bauliche Entwicklung der Stadt lässt sich auf den Ansichtskarten durchaus ablesen: Ab den 1970er Jahren wurde das Rathaus gezeigt, ein Jahrzehnt später auch die zum Veranstaltungsort umgebaute Werretalhalle, noch später die neu gestaltete Königsbrücke. Etwa zeitgleich entdeckten die Gestalter dann auch endlich das Wasserschloss als Motiv. Und obwohl der letzte Verlag für Löhner Postkarten, Hans Wagner aus Vlotho, schon vor Jahren die Segel strich, ist das Wasserschloss heute nicht mehr wegzudenken. "Mittlerweile lasse ich mir die Ansichtskarten selbst gestalten", sagt Kirsten Beul. In Kooperation mit der Löhner Werbeagentur Wessel und Partner geht sie dabei zu Werke, nutzt vornehmlich von der Stadtverwaltung oder ihrem Nachbarn Siegfried Harre zur Verfügung gestellte Bilder. "Ein paar habe ich auch selbst gemacht", sagt sie und zeigt auf Karten mit Schneelandschaften und einer Übersicht aller Löhner Kirchen. "Letztere wollte ich unbedingt im Sortiment haben." Dass die postalischen Grüße aus der Werrestadt aussterben, befürchtet Kirsten Beul indes nicht. "Die Nachfrage nach Löhner Postkarten ist auf jeden Fall noch groß", sagt sie. "Allein im vergangenen Jahr gingen hier rund 250 Exemplare über die Ladentheke." Und auch Studien bestätigen ihre Einschätzung: Laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom liegt zwar die Zahl der digitalen Urlaubsgrüße via Messenger mit 64 Prozent vorn – doch wollten 2021 immerhin 43 Prozent der befragten Urlauberinnen und Urlauber auch eine Karte schreiben. Für Nachschub im Archiv von Joachim Geyh dürfte also auch künftig bestens gesorgt sein.

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