Von der 4972 zur 32584: Neue Postleitzahl in Löhne gefiel nicht jedem

Löhne. Für die einen ist es ein runder Geburtstag, für andere ein Datum voller Melancholie: Heute vor exakt 30 Jahren wurden deutschlandweit neue Postleitzahlen eingeführt. In Löhne musste man sich an die 32584 gewöhnen - und Abschied nehmen von der vertrauten 4972. Und nicht nur von der, wie ein Blick in die Postgeschichte zeigt. Eine 3 am Anfang der Postleitzahl? Für etliche Löhner undenkbar. "Das hat doch nichts mit Nordrhein-Westfalen zu tun, das ist Niedersachsen", klagte eine Frau gegenüber der "Rheinischen Post", kurz nach der Umstellung vom vier- auf das noch heute gültige fünfstellige System. Und so wie der namenlos zitierten Frau ging es vielen, als am 1. Juli 1993 plötzlich neue Postleitzahlen galten. Liebgewonnene Gewohnheiten mussten aufgegeben, vertraute Zahlenreihen neu erlernt, Briefköpfe und Adressen erneuert werden. "Wie nur soll ich mir meine neue Postleitzahl merken?", fragten sich viele Löhner in den Wochen und Monaten vor der Einführung und darüber hinaus. So tief war die althergebrachte 4972 in ihren Köpfen verwurzelt. Warum die Werrestadt die 4972 bekam Stolze 31 Jahre lang hatte die vierstellige Ziffer sie zuvor begleitet. Im März 1962 war das Postleitzahlensystem in der Bundesrepublik eingeführt worden, drei Jahre später zog auch die damals noch existierende DDR nach. Dass der Werrestadt die 4972 zugeteilt worden war, hatte dabei durchaus seinen Grund, folgte der Aufbau doch einer klaren Struktur: Die erste Ziffer stand für die Leitzone, die im Löhner Fall der Großstadt Hannover zugeordnet war. Die zweite Ziffer gab den Leitraum an, die 9 gehörte zu Herford. Die dritte Ziffer stand für den Leitbereich, der in diesem Fall die Städte Bad Oeynhausen, Löhne und Vlotho umfasste. Sie alle teilten sich die Anfangsfolge 497. Erstere erhielt als Bereichsknotenamt als vierte Ziffer die 0, den übrigen wurden die Endziffern nach Größe zugewiesen: Löhne bekam die 2, Vlotho die 3. Eine eigene Postleitzahl für Mennighüffen Damit aber war die heimische Postleitzahlenvergabe längst nicht abgeschlossen. Tatsächlich nämlich existierten in den Anfangsjahren noch weitere Zahlenfolgen in Löhne und Umgebung. So war etwa Eidinghausen der Postleitzahl 4975, Werste der 4976 zugeordnet. Und auch in der Werrestadt gab es zunächst noch eine weitere Postleitzahl: Wer einen Brief oder eine Postkarte nach Mennighüffen senden wollte, musste dafür die 4974 im Adressfeld notieren. Der nördlichste Teil der Werrestadt hatte also tatsächlich eine eigene Postleitzahl. Das belegen auch Einträge in alten Handelsregistern, wo sich unter anderem die August Niehus Möbelfabriken und die Wilhelm Hauenschild Möbelfabrik unter Postanschriften in "4974 Mennighüffen" finden. Lange sollte die postalische Teilung Löhnes allerdings nicht andauern. Mit der Gemeindegebietsreform und der Zusammenlegung der bis dato eigenständigen Gemeinden zur Stadt Löhne im Jahr 1969 wurde auch die Postleitzahl vereinheitlicht. Fortan war die 4972 für das gesamte Stadtgebiet gültig. Zur besseren Unterscheidung wurden den Ortsteilen noch Zusätze zugeteilt: "4972 Löhne 1" stand etwa für Obernbeck, die 2 gehörte zu Löhne-Ort. Gohfeld erhielt die 3, Mennighüffen die 4. "Fünf ist Trümpf" So ging es ein knappes Vierteljahrhundert lang. Für viele Löhner war die vierstellig Postleitzahl die erste Nummernfolge, die sie auswendig lernen mussten - noch vor der eigenen Telefonnummer. In Formularen und auf Adressaufklebern, beim Schreiben von Ansichtskarten aus dem Urlaub und in Namenslisten - die 4972 begleitete sie im Alltag auf Schritt und Tritt. 1990 kam schließlich ein weiterer Zusatz hinzu: Weil nach der Wiedervereinigung einige Postleitzahlen doppelt vergeben waren, musste Kommunen in den alten Bundesländern ein "W" für "Westdeutschland voran gestellt werden. Das aber wurde der Deutschen Post bald zu unübersichtlich. Ein neues System sollte her, einfacher, effizienter und wirtschaftlicher. Für die Bürger hingegen bedeutete die Umstellung auf die neue fünfstellige Postleitzahl erst einmal Groll: Die Umgewöhnung stieß auf wenig Begeisterung, der Boulevard sprach von "Amtswillkür" und "Post-Leid-Zahlen" und selbst die "Frankfurter Allgemeine" titelte seinerzeit: "Das Wort Chaos hat fünf Stellen". Dass mit der Marketingfigur Rolf - eine sprechende gelbe Hand mit fünf Fingern - eigens ein Maskottchen kreiert wurde, half da ebenso wenig, wie der von ihm gerappte Slogan "Fünf ist Trümpf". Und selbst Fernsehspots von Loriot oder Helmut Dietl konnten die Stimmung nicht wirklich heben. "Wenn ich jetzt Briefe schreibe, geht die Sucherei los" Am Ende aber lief der Sturm der Entrüstung ins Leere. Am 1. Juli 1993 mussten die Löhner doch noch Abschied nehmen. Von der "4972", von der "4972 Löhne 3" und auch von der "W-4972 Löhne 4". Seither ziert die 32584 die Adressangaben der Werrestädter. Einzug erhielt die neue Zahlenfolge auch in die rund 40 Millionen Postleitzahlenbücher, die pünktlich zur Umstellung gedruckt und in ganz Deutschland verteilt wurden. 80 Millionen Mark ließ sich die Post das gesamte Vorhaben kosten. Mit Erfolg: Am ersten Tag trugen bereits 57 Prozent aller Briefe die neuen Postleitzahlen, nach einer Woche 78 Prozent, und nach zwei Wochen lagen 90 Prozent aller Briefe am Tag nach der Einlieferung beim Empfänger. Bis die Löhner aber warm wurden mit ihrer neuen Postleitzahl sollte noch reichlich Zeit vergehen. Ein Jahr nach der Umstellung jedenfalls beschwerte sich noch ein heimisches Reisebüro, dass viele Kunden "noch nicht einmal ihre eigene neue Postleitzahl kennen". Und auch eine Einzelhandelskauffrau klagte seinerzeit in der Neuen Westfälischen: "Wenn ich jetzt Briefe schreibe, geht die Sucherei los." Heute aber ist die 32584 aus Löhne kaum noch wegzudenken, die 4972 existiert nur noch auf alten Poststempeln, verstaubten Ansichtskarten und historischen Dokumenten. Und natürlich in der Erinnerung etlicher Löhner.

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