Jugendkulturpreis NRW wird bei Festival in Löhne verliehen: Das sind die Sieger

Löhne. Gestresst wirkt Sevinc Sahin nicht. Eher gelöst. Und nicht zuletzt auch glücklich. "Was für ein tolles Festival", sagt die Löhnerin lächelnd und lässt ihren Blick über den Findeisen-Platz schweifen. Mehrere hundert Jugendliche tummeln sich dort, genießen das Wetter, plaudern zwanglos über dies und das, präsentieren ihre Kunst. Vereint in ihrer Leidenschaft für Kreativität und dem Siegeswillen für den Jugendkulturpreis des Landes Nordrhein-Westfalen. Der nämlich wird an diesem Tag erstmals in der Werrestadt vergeben. Und Sevinc Sahin und ihr Team sind mittendrin - ebenso wie die späteren Gewinner der Trophäe. 600 Jugendliche aus allen Teilen des Bundeslandes, unzählige Besucher, mehr als 100 Kulturprojekte - so etwas sieht man in Löhne nicht alle Tage. Beim "See You"-Festival am Freitag aber wird genau das zur Realität. Auf der Bühne der Werretalhalle geben sich Showgruppen von Arnsberg bis Rheine, von Neuss bis Frechen die Klinke in die Hand. In den unteren Etagen werden Mitmachaktionen veranstaltet, Videos abgespielt, Bilder ausgestellt, Projekte präsentiert. Zwischen Musikschule und Werreufer zeigen Schüler und Studenten, Schauspieler und Künstler die Ergebnisse ihres kreativen Schaffens. Malerei und Graffiti, Gesang und Tanz, Fotografie und Literatur, Klangperformance und Kabarett, Artistik und Medienkunst - kaum eine Sparte bleibt unbesetzt. Klimawandel und Corona gehören zu den Themen Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit die Werrestadt erstmals für die Ausrichtung des alle zwei Jahre stattfindenden Festivals in Erwägung gezogen wurde. Jürgen Schwartz, Leiter der Jugendkunstschule, hatte seinerzeit die Initiative ergriffen und war auf die verantwortliche Landesarbeitsgemeinschaft kulturpädagogische Dienste zugegangen. Zuvor hatte seine Einrichtung mehrfach am Festival teilgenommen und immer wieder diverse Projekte ins Rennen um den Jugendkulturpreis geschickt. Jetzt also sollte es ein Heimspiel werden. "Und im Ergebnis muss man sagen: Es hat sich gelohnt", sagt Schwartz. "Das ist ein toller Tag und vor allem ein tolles Gemeinschaftserlebnis. Und die Qualität spricht ohnehin für sich." Das sieht auch die neunköpfige Jury so. Das aus Erwachsenen und Jugendlichen zusammengesetzte Gremium, zu dem auch die Löhner Joris Richter und Silke Glander-Wehmeier gehören, hat bei der Vergabe der Preise die sprichwörtliche Qual der Wahl. Schließlich sind nicht nur die verschiedenen kreativen Kategorien vielfältig präsent - auch die Darstellungsformen und die Themen selbst weisen eine enorme Bandbreite auf. Viele Projekte etwa setzen sich mit dem Klimawandel auseinander, auch Rassismus, Geschlechtergerechtigkeit, die Corona-Pandemie, Krieg und Gewalt oder Mobbing spielen eine wichtige Rolle. Das zeige vor allem, dass junge Menschen durchaus bereit sind, sich für höhere Ziele zu engagieren, und gar nicht so unpolitisch sind, wie oft behauptet, heißt es dazu aus dem Kinder- und Jugendministerium NRW. In Löhne werde ihnen dafür eine Bühne geboten. Der Sieger kommt aus Düsseldorf Und das sehr zur Freude der Stadtverwaltung. "Als kleine Kommune so etwas ausrichten zu dürfen, ist schon eine Ehre und auch eine Auszeichnung", sagt Jugenddezernentin Beatrix Becker. Sie freut sich, dass gerade die Bereiche Jugend und Kultur, die unter Corona mit am stärksten gelitten hätten, nun so eine Aufmerksamkeit zuteilwird. "Heute ist die Stimmung zum Glück positiv geprägt", so Becker. "Da hoffe ich, dass unsere Gäste die Stadt Löhne in guter Erinnerung behalten." Das gilt am Ende des Tages vor allem für den Verein "Akki - Aktion und Kultur mit Kindern" aus Düsseldorf. Deren Projekt "Newcomer" vereint seit 20 Jahren die Formate Festival, Bandcamp und Open-Air-Konzert und gibt der jungen Musikszene damit eine Möglichkeit, sich ungezwungen auszuleben. Die Jury lobt vor allem den geschaffenen Freiraum für Jugendliche sowie den Fokus auf Selbstfindung und Entwicklung. Aber auch der nachhaltige Umgang mit Ressourcen, die gegenseitige Wertschätzung, und die Diversitätsoffenheit kommen gut an. Kurzum: Ein Projekt, "das alles in Bestform biete, was ein Jugendkulturpreis sich wünschen und auszeichnen kann", so die Jury. Sie verleiht dem Projekt den mit 3.000 Euro dotierten Wanderpokal. Romeo und Julia im Internet Knapp dahinter landet ein Rap- und Videoprojekt von Hossam Ali von der Fasia-Jansen-Gesamtschule aus Oberhausen. Dieses beschäftigt sich mit dem Thema "Freiheit". Den dritten Platz teilen sich gleich vier Projekte: Romy Hepner aus Bergneustadt wird für ihre Porträtreihe "Die Emotion hinter der Maske" und ihre Auseinandersetzung mit individuellen Empfindungen während der Pandemie gewürdigt, die Künstler von "X-Vision Ruhr" aus Bochum für ihre künstlerische Bearbeitung des Mobbing-Themas im Musikvideo "Angst". Letzteres Thema hatte auch der Krea-Jugendclub aus Bergisch-Gladbach in einer modernen Internetvariation des Romeo-und-Julia-Stoffs gewählt. Ebenfalls auf dem Treppchen landete zudem das Videoprojekt "OMG" von Mifera Vinca und Lisa Penders aus Mönchengladbach. Das selbst bei der Siegerehrung noch die Jugend das Sagen hat, spricht indes für sich. Moderator Joris Richter jedenfalls lässt sich weder Nervosität anmerken, noch von Ehrengästen wie Jugend-Staatssekretär Lorenz Bahr oder Bürgermeister Bernd Poggemöller aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil: "Für mich ist heute ein Traum wahr geworden", sagt der Abiturient. Und dass trotz allen Trubels und aller Hektik hinter den Kulissen des Festivals. Noch am Vormittag war der Zeitplan überarbeitet, die Raumverteilung neu organisiert und Kleinigkeiten justiert worden. Dank des Löhner Jugendteams aber war nicht einmal das ein Problem - die Gruppe um Sevinc Sahin war schließlich schon bei den Vorbereitungen an allen Ecken und Enden gefordert. "Ich bin wirklich stolz auf mein Team und diese Leistung", sagt Sahin schließlich auch - ohne dabei gestresst zu wirken. Eher gelöst. Und nicht zuletzt auch glücklich. Allerdings mit einem kleinen Wermutstropfen: "Schade, dass es jetzt vorbei ist."

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