Fachliche Expertise wurde ignoriert: Ehefrau aus Löhne droht, Mann zu töten

Löhne. Seit Monaten ist Klaus K. (alle Namen von der Redaktion geändert) in großer Sorge um seine Eltern. Beide leben in ihrer eigenen Wohnung. Sein Vater ist wegen einer schweren Erkrankung bettlägrig. Seine Mutter ist von der Situation oft überfordert und leidet an einer starken Psychose mit Wahnvorstellungen, die von Medizinern diagnostiziert wurde. Zu einer dramatischen Situation mit einer Todesdrohung kam es im Sommer. In diesem Zusammehang erhebt Klaus K. Vorwürfe an die zuständige Behörde. Die ständigen Sorgen von Klaus K. um den Gesundheitszustand seiner Eltern halten bis heute an. Seit längerer Zeit ist der Vater von Klaus K. pflegebedürftig. Ein Pflegedienst kommt dreimal täglich ins Haus und unterstützt seine Mutter, die körperlich noch recht fit ist. "Meine Mutter ist mit der Pflege überfordert. Es würde aber für sie nicht infrage kommen, in ein Heim zu ziehen", sagt Klaus K.. Dass sie den wachsenden Belastungen der Pflege immer weniger gewachsen ist, zeichnete sich im Sommer ab und eskalierte im Juli. "Frau K. hat immer wieder damit gedroht, sich und ihren Mann umzubringen", sagt die Mitarbeiterin eines Pflegedienstes, die das Ehepaar schon länger betreut und entsprechend gut kennt. Diese Ankündigungen habe sie nie ernst genommen. "An diesem Tag habe ich die Situation aber als sehr beängstigend empfunden", sagt die Pflegerin. Sehr ernst habe sich die alte Dame von der Pflegerin am Abend verabschiedet. "Morgen sind wir nicht mehr da", habe sie zu ihr gesagt. Die Pflegerin machte sich große Sorgen Dieser Satz habe so entschlossen gewirkt, dass sie Panik bekommen habe. "Ich konnte da nicht einfach weggehen, ohne zu reagieren. Wenn etwas passiert wäre, hätte ich mich total schuldig gefühlt." Die junge Frau informierte ihre Chefin und den Sozialpsychiatrischen Dienst des Kreises Herford und wartete vor dem Haus des Ehepaars K.. Die Fachleute des Dienstes sind in solchen Fällen zuständig und bewerten die Lage vor Ort. Sie können die Empfehlung aussprechen, ob die vorübergehende Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung sinnvoll ist. "Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter des sozialpsychiatrischen Krisendienstes des Kreises Herford waren involviert, die durch den Pflegedienst des Ehepaares über die Notsituation informiert worden waren und die Lage vor Ort dahingehend eingestuft hatten, dass ihnen eine stationäre Unterbringung der Klientin notwendig erschien", schreibt Patrick Albrecht von der Pressestelle des Kreises Herford in einem Statement an die NW. Die Mitarbeiter des sozialpsychiatrischen Diensts zogen einen Arzt des hausärztlichen Notdienstes hinzu. "Der hat dann die Unterbringung nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) ebenfalls empfohlen", so Albrecht. Eine solche Entscheidung muss innerhalb von 24 Stunden durch einen Richter bestätigt werden. Die fachliche Expertise ignoriert Die Pflegerin war erleichtert. Es schien jetzt alles ganz schnell zu gehen. Zwei Krankenwagen trafen ein. Die Beteiligten warteten vor dem Haus noch auf eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes Bad Oeynhausen, die an diesem Abend Dienst hatte. Das Ordnungsamt Bad Oeynhausen hat in Absprache mit der Stadt Löhne die Bereitschaft für Einsätze dieser Art nach Feierabend übernommen. "Die diensthabende Mitarbeiterin der Ordnungsbehörde ist nach einem Gespräch mit der betroffenen Person zu einer anderen Einschätzung gekommen und hat von einer Einweisung in die Psychiatrie abgesehen. Das örtliche Ordnungsamt ist die zuständige Behörde, die entscheidet, ob eine Einweisung erfolgt oder nicht", begründet Albrecht das Vorgehen. Mit einem mulmigen Gefühl nach Hause gefahren Alle anderen Beteiligten waren von der Entscheidung der Mitarbeiterin schockiert. "Der Arzt kam mit total schlechter Laune aus dem Haus und ich bin mit einem ganz mulmigen Gefühl nach Hause gefahren", sagt die Pflegerin. Die Mitarbeiterin sei mit den Worten ''Eine Einweisung ist nicht notwendig" genervt aus dem Haus gekommen. Klaus K. hat die Verfassung seines Vaters an diesem Abend besonders erschüttert. "Mein Vater saß von Weinkrämpfen geschüttelt auf dem Bett." Die NW sprach auch mit der Vorgesetzten der Pflegerin, die viel Erfahrung in ihrem Beruf hat. "Dass sich jemand so über die Einschätzung von Fachleuten hinweg setzt, habe ich noch nie erlebt. Man möchte sich gar nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn in dieser Nacht was passiert wäre." Die Mitarbeiterin kann den Zustand der Mutter nicht beurteilen Die am Fall beteiligten Fachleute sind über das Verhalten der Mitarbeiterin ebenso entsetzt wie Sohn Klaus. "Es ist für uns absolut nicht nachvollziehbar, warum die Entscheidung einer Verwaltungsmitarbeiterin schwerer wiegt als die begründete Empfehlung von Fachleuten. Die Mitarbeiterin kann doch den Zustand meiner Mutter überhaupt nicht beurteilen". Er fragt sich: "Was befähigt die Entscheidungsträgerin des Ordnungsamts dazu, das medizinische Wissen zu ignorieren?" Wenn man die Situation weiter durchdenke, dann müsse man sich auch die Frage stellen, ob die Mitarbeiterin auch die Umsetzung der Todesdrohung mit ihrem Gewissen hätte vereinbaren können. "Meine Mutter kann sich zusammen reißen, wenn es drauf ankommt. Sie hat ihr was vorgespielt", sagt der Sohn. Im Gespräch mit der NW bestätigt auch der Hausarzt der Familie diese Einschätzung, der die problematische Situation seit Jahren kennt. Kreisverwaltung ist nicht zufrieden Im Hintergrundgespräch mit der NW betonen auch Verwaltungsexperten, dass sie die Entscheidung der Mitarbeiterin des Ordnungsamts nicht nachvollziehen können. "Warum übernimmt jemand, der nicht vom Fach ist, eine derartige Verantwortung?" Es sei absolut nicht üblich, die Empfehlungen medizinischen Personals zu missachten, heißt es in einem der Gespräche. Dass auch die Kreisverwaltung nicht glücklich mit der Regelung ist, zeigt ein Satz im Statement des Kreises. "Aufgrund des angesprochenen Vorfalls wird das Thema mit der Bürgermeisterin und den Bürgermeistern erörtert", schreibt Patrick Albrecht. So könnte vielleicht für vergleichbare Situationen eine bessere Regelung gefunden werden. "Dann hätten wir ja etwas erreicht, weil wir an die Öffentlichkeit gegangen sind", sagt der Sohn. Am zweiten Weihnachtsfeiertag kam es erneut zu einer schwierigen Situation im Elternhaus von Klaus K.. Seine Mutter wollte die Pflegerin nicht zum Vater lassen. Daraufhin wurde seine Mutter vorübergehend in die Psychiatrie eingewiesen, der Vater kam in die Kurzzeitpflege. "Bei uns kommt einfach keine Ruhe rein", sagt Klaus K..

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