Lesbisch, nichtbinär und pansexuell: Das sagen queere Jugendliche zur Kleinstadt Löhne

Löhne. Zwei Zöpfe im schulterlangen schwarzen Haar, kurzer schwarzer Rock über der Strumpfhose, auffällig geschmickte Augen - Maxim S. (16) stürmt in den Gruppenraum. Sie kommt 40 Minuten zu spät. Beim Abstreifen der Handschuhe vermeidet sie den Blickkontakt. Sie setzt sich zu den anderen drei aus der queeren Gruppe im Jugendzentrum an den Tisch. Maxim wurde als Junge geboren, bevorzugt aber das Pronomen "sie". "Wo ist denn der Rest?", fragt sie in die Runde. "Die kommen heute wohl nicht mehr", schätzt die 14-jährige Luisa und checkt noch einmal ihr Handy (beide Namen wurden von der Redaktion geändert). Luisa hatte darum gebeten, ihren Namen zu anonymisieren. Es soll noch nicht jeder wissen, dass sie bisexuell und nichtbinär ist. Bislang habe sie sich nur vor ihrem engsten Freundeskreis und ihrer Mutter geoutet. Luisa und Maxim sind Teil der queeren Gruppe von Jugendlichen, die sich seit dem Frühjahr diesen Jahres regelmäßig im Jugendzentrum Riff trifft. Insgesamt gibt es nur zwei queere Jugendgruppen im gesamten Kreis Herford. "Wir sind eine davon", sagt Johanna Schmidtsdorff (18). Sie leitet die Gruppe, bestehend aus einem Stamm von etwa sieben Teilnehmenden. "Hier treffen sich Leute mit ähnlichen Interessen", erzählt sie. Bei jedem Treffen gäbe es eigentlich immer ein Programm. Letztens zum Beispiel hätten sie gemeinsam die Wand ihres Gruppenraums schwarz angemalt. "Das grelle Grün war zu hässlich", sagt Johanna. Und ganz nebenher würden dann die Gespräche zur Sexualität aufkommen und Erfahrungen ausgetauscht werden. So habe sie zum Beispiel auch mit den anderen geteilt, dass sie bereits mit 13 Jahren wusste, das sie queer ist. Johanna sei damals bereits in ein Mädchen vom Jugendchor verliebt gewesen. Löhne ist "queerfreundlich" "Ich hab's ohne Tamtam erzählt", sagt sie zum Thema Outing. Zuerst der besten Freundin, dann der Mutter. "Wie schön", hätte die Mutter geantwortet. "Das war's." Der Rest der Bekannten habe es nach und nach erfahren. "Ein schleichender Prozess", sagt sie. Genauso schleichend habe sich ihr Äußeres angepasst. Erst seien die Haare nach und nach kürzer geworden und die Kleidung habe Johanna irgendwann hauptsächlich in der Herrenabteilung gekauft. Johanna bezeichnet sich selbst als Person, die keine Angst davor hat anzuecken. "Ich werde lieber dafür gehasst, was ich bin, als für das geliebt zu werden, könnte man kitschig sagen", sagt sie. Auf ihrer Schule, dem Städtischen Gymnasium, komme sie/er nicht bei jedem gut an. "Aber das ist mir egal." Wenn Johanna sich nicht gerade für feministischen Aktionen und für die Gendersprache engagiert, ist sie regelmäßig auf dem Christopher-Street-Day zu sehen oder hisst die Regenbogenflagge zum internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie am 17. Mai. In diesem Jahr hatte die queere Gruppe auch am Löhner Bahnhof zu einer Aktion dazu mitgewirkt. Der Bürgermeister sei vorbeigekommen und hätte eine Cola ausgegeben. "Das war richtig cool", stimmt ihr die gesamte Gruppe zu. Für eine Kleinstadt sei Löhne ganz schön queer-freundlich. Auch, dass an dem Tag die Regenbogenfahne am Rathaus gehisst worden war, sei den Jugendlichen positiv aufgefallen. Als Person, die nicht hetero ist, fühle man sich im Großen und Ganzen wohl in Löhne. Geschlechtsneutrale Toiletten im Riff Aber es gibt auch Sachen, die die queeren Gruppenteilnehmenden stören: Es könnte mehr Angebote für die LGBTQ-Community geben. "Mehr Safe-Spaces", wie es Johanna ausdrückt. Und in der Schule würde sich Luisa geschlechtsneutrale Toiletten wünschen. Die 14-Jährige geht ebenfalls auf das Gymnasium. Im Riff gibt es welche. "Kompliment an das Jugendzentrum", ergänzt Johanna. Maxim fehlt ein Kleiderladen für alternative Kleidung in Löhne. Sie muss erst immer nach Bielefeld fahren, um sich neu einzukleiden. "Aber das würde sich hier nicht lohnen", weiß sie. Schlimmer findet sie die Tortur der Mediziner, bis sie ihr eine Hormontherapie verschreiben. Man braucht zwei therapeutische Gutachten. Maxim ist pansexuell, wie sie sagt. Pansexuell bezeichnet eine sexuelle Orientierung, bei der die Geschlechtsidentität der begehrten Person keine Rolle spielt. Sie definiere sich über sein Äußeres. Große Probleme habe sie in ihrem Umfeld aber deswegen noch nicht gehabt. Maxim werde so akzeptiert, wie sie ist, sagt sie. Die Treffen der Gruppe finden jeweils montags von 17 bis 19 Uhr im Riff, Alte Bünder Str. 14, statt.

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