Tod und Trauer Welche Rolle Nachrufe bei der Trauerbewältigung spielen

Löhne. Wenn ein Mensch stirbt, reißt das oft eine große Lücke in das Leben der Hinterbliebenen. Trauer und Schmerz vermischen sich mit Erinnerungen an das Leben. Auf der Trauerfeier wird in einem Nachruf an den Menschen erinnert. Auch in der Neuen Westfälischen stoßen Nachrufe bei den Lesern auf großes Interesse. Der Obernbecker Pfarrer Rolf Bürgers ist von Berufs wegen Experte für Nachrufe. Er spricht nicht nur auf den Trauerfeiern über die Verstorbenen. Auch im Gemeindebrief werden regelmäßig Nachrufe von Verstorbenen veröffentlicht. Die Gemeindebriefe der Kirchengemeinden erscheinen monatlich. Im Obernbecker Gemeindebrief stehen auch die Nachrufe über alle vestorbenen Gemeindemitglieder, bei denen das gewünscht ist. "Wir sind eine der wenigen Gemeinden die das machen. Das ist bei uns schon seit Jahrzehnten ein Brauch", sagt Bürgers. Der Nachruf im Gemeindebrief ist die Kurzfassung der Traueransprache, die die jeweiligen Pfarrer während der Trauerfeier halten. "Es kommt auch vor, dass die Verstorbenen den Nachruf zu Lebzeiten selber geschrieben haben." Ein Brücke in ins Hier und Jetzt schlagen Diese Form des Erinnerns habe schon im Alten Testament unter dem Begriff Zakar eine wichtige Rolle gespielt. Darauf beruft sich Bürgers. "In einem Nachruf kann man sehen, was den Menschen ausgemacht hat", sagt Bürgers. Immer wieder würden ihm in den Gesprächen mit den Hinterbliebenen spannende Biographien begegnen. Das sei häufig bei Menschen mit Fluchterfahrung der Fall. Auch in Löhne haben nach dem Zweiten Weltkrieg viele Menschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten eine neue Heimat gefunden. In den Gesprächen mit den Hinterbliebenen versucht Bürgers auch immer eine Brücke ins Hier und Jetzt zu schlagen. "Ich frage die Familie, welche Charakterzüge vorbildhaft sind und welche Eigenschaften der oder des Verstorbenen sie vielleicht schon längst in ihr eigenes Leben übernommen hat." Nicht jeder Mensch, der gestorben ist, wird von seinen Angehörigen auch vermisst. "Es gibt natürlich auch Fälle, wo es heißt, gut, dass er endlich tot ist", sagt Bürgers. Das sei sehr selten, aber komme zum Beispiel bei häuslicher Gewalt vor. Nicht alle Schattenseiten der Verstorbenen sind nach außen bekannt. "In den Nachrufen kann man Probleme so ansprechen, dass die Angehörigen genau verstehen, was gemeint ist, sie aber der Gemeinde nicht weiter auffallen." Über die Vielfalt des Lebens sprechen Der Nachruf in der Trauerrede und im Gemeindebrief sei in einer seiner Bedeutung nicht zu überschätzen. "Auch wenn man natürlich nicht das Leben zu fassen bekommt, reduziert er sich nicht auf die letzten Lebenswochen, die oft schwer gewesen sind. Mit den Angehörigen können wir dann über die Vielfalt seines oder ihres Lebens sprechen. Das gehört zur Trauerbewältigung." Diese Würdigung sollte nach Bürgers Überzeugung jedem Menschen zuteilwerden. Besonders bitter sind kommunale Beerdigungen, zu denen es kommt, wenn es keine Angehörigen gibt. "Der Mensch hat gelebt und ist gestorben, man erfährt nichts. Das wird den Verstorbenen nicht gerecht." Zum Abschluss der Trauerfeiern wird in den meisten Fällen noch zum Kaffeetrinken eingeladen. "Das wird leider weniger, ist aber ebenfalls sehr wichtig. Das ist ein Stück Gemeinschaft, dass der Trauergemeinde guttut. Es führt sie nach der Trauerfeier wieder zurück ins Leben."

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