Löhne. Der Verbindungsweg zwischen dem Kirchzentrum Siemshof und der Bergkirchener Straße heißt seit mehr als 50 Jahren "Vogelstraße". Auf Vorschlag des früheren Löhner Amtsbürgermeisters Heinz Vette offiziell so benannt. Und zwar zur Erinnerung an drei Brüder Vogel, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts heimlich nach Amerika ausgewandert sind, hauptsächlich, weil sie nicht Soldat werden wollten.
Das Vaterhaus der drei Brüder Vogel war der Kuhbauernhof Vogel "Grimminghausen Nr. 50", später Mathemeyer, heute Mehrfamilienhaus Lücking am oberen, nördlichen Ende der "Vogelstraße".
Kürzlich hat der Enkel des letzten der drei Amerikafahrer vom Besebruch namens Fred Vogel (70) aus Roanoke, Illinois (südlich Chicago), zusammen mit seiner Ehefrau Paula, Löhne besucht und dabei Station auf dem Stammhof seiner Großmutter Friederike Krüger geborene Schütte Am Kreuzkamp 52-54 gemacht.
Geführt von seinem "Schwippvetter" Friedel Schütte, waren Fred und Paula beim Betreten des ehemaligen Hofgrundstücks ihrer Vorfahren auf dem Besebruch zunächst enttäuscht, weil dort vom früheren, uralten Fachwerkhaus nichts mehr zu sehen war. Stattdessen präsentiert sich Vogels Stammsitz heute zwar unter schönen alten Eichen, jedoch als moderner, schicker Backsteinbau.

Dafür hatte es dem passionierten Großlandwirt mit einem eigenen Getreidebetrieb von fast 2000 Hektar, das umliegende Ackerfeld angetan: "Sehr guter Weizen", lobte Fred. "Schätze, unsere Vorfahren hatten hier guten Boden."
Gut ist er wohl gewesen, der urgroßelterliche Acker der Vogels. Aber es war für drei Jungs und eine Tochter, bei damals etwa vier Hektar, absolut zu wenig. Zumal der Hof stark verschuldet gewesen ist. Ein Glück, dass damals Friedrich Mathemeier aus Volmerdingsen von einem "dreispännigen" Hof kam, die Tochter Vogel heiratete und auf einen Schlag sämtliche Schulden tilgte.
Das aber war für den Hoferben, Heinrich Vogel (1878 - 1967) ein Unglück: Nun erbte, statt seiner, die Schwester. Und da seine Brüder Wilhelm und Friedrich 1883 beziehungsweise 1893 bereits heimlich zu Verwandten nach Neu Minden, Illinois ausgewandert waren, zog Heinrich Vogel 1895 hinterher - ohne "Consens" und ohne sein Elternhaus jemals wiederzusehen.
Erst sein Sohn Louis war in den 1960er Jahren einer der ersten "amerikanischen Mennighüffer", die Nachkriegsdeutschland und ihre Verwandten in der alten Heimat besuchten, und sich dabei ausschließlich auf Plattdeutsch verständigte: Mennighüffer Platt hatte bei ihnen auf den Farmen Neu Mindens, trotz jahrelangen Verbots der deutschen Sprache, beide Weltkriege überdauert.

Fred und Paula wollten auf ihrem Trip natürlich auch die Mennighüffer Dorfkirche sehen, in der ihr Großvater seinerzeit konfirmiert worden ist. Enttäuschung, dass das damalige Gotteshaus nicht mehr da war, sondern der jetzige stolze "Neubau" von 1929/31. Umso schöner fanden sie jedoch im Innern das Altarbild mit den rechts und links neben dem Gekreuzigten stehenden, Holzschuhe tragenden Mennighüffer Bauersleuten sowie dem Grabstein des Grandpa-Konfirmators Theodor Schmalenbach.
Und dann war da noch das Spinnrad von 1865, das Großmama Wilhelmine Krüger geborene Schütte seinerzeit zur Hochzeit bekommen hatte und das bei Aufräumarbeiten auf dem Schütteschen Boden wiedergefunden worden ist. Fred und Paula durften es als Gastgeschenk mitnehmen - fragte sich nur: Wie?
Geschäftsmann Rainer Döring und dessen clevere Expert-Mitarbeiter wussten Rat, indem sie das sperrige Ding von rund 150 Jahren in eine feste, ausgediente Flachbildschirmkiste betteten und, versehen mit der entsprechenden Zollerklärung, per Deutscher Bundespost auf den Weg brachten. Jetzt kam aus der amerikanischen Stadt Roanoke Paulas erlösenden E-Mail: "We´re lucky and very much preceated. The wheel arrived, save and all okay. Say Rainer a big Dankeschön."