Mit Tupperdose ins Lokal? Bekanntes Bünder Restaurant setzt auf neues Pfand-System

Kirchlengern. Die Portion ist zu groß. Der Bauch ist voll. Bevor das Essen im Mülleimer landet, lässt man es lieber einpacken - für den nächsten Tag. Ein Service in der Gastronomie, über den sich der Gast bisher kaum Gedanken machen musste. Das ändert sich jetzt. Mit der Mehrwegbehälter-Pflicht ab 2023 sind die Inhaber von Restaurants, Bäckereien und weiteren Gaststätten, in denen Essen to Go angeboten wird, per Gesetz angewiesen, eine plastikfreie Alternative an Behältnissen anzubieten. Was für den einen Umweltschutz bedeutet, beschert dem anderen aber zusätzliche Arbeit. "Alle Behälter, die von den Gästen mitgebracht werden, dürfen aus hygienischen Gründen nicht in unsere Küche", bringt es Giorgio Serrone auf den Punkt. Er ist Inhaber der Pizzeria Diavolo, die es bereits seit knapp 40 Jahren in Kirchlengern gibt. "Das Essen, das auf den Tellern bleibt, muss dann an der Theke umgefüllt werden", sagt er. Oder der Gast mache es selbst am Tisch. "Wenn sich dann aber der Geschmack verändert oder sich anschließend Verunreinigungen im Essen ergeben, dann sind wir nicht dafür verantwortlich zu machen", betont der Gastronom. Serrone kann nachvollziehen, dass Plastik umweltschädlich ist und wir alle klimafreundlicher leben sollten, aber die Logik hinter dieser neuen Regelung ist ihm ein Rätsel. Dass sich dieses Gesetz nur auf Betriebe beschränkt, die größer sind als 80 Quadratmeter und mehr als fünf Beschäftigte haben, stößt bei ihm auf Kritik: "Nehmen wir einen Lieferservice mit einem kleinen Lokal. Dort werden im Schnitt zehn Salate am Tag, das sind 200 im Monat, verkauft. Dann ist es in Ordnung, wenn dort weiterhin 200 Plastikbehälter im Monat herausgegeben werden?" Inwiefern sei diese Grenze legitim? Zehn Euro Pfand Zurzeit behelfe er sich mit Mehrwegbehältern, die er dafür kaufen musste. Möchte der Gast einen dieser Behälter ausleihen, muss er sich auf eine Liste eintragen sowie zehn Euro Pfand hinterlegen. "Bei einer Lasagne, die mit mit 460 Grad im Ofen gewesen ist, muss ich weiterhin eine Aluschale nehmen", sagt Serrone. Aluschalen und Pizzakartons dürften ja auch noch benutzt werden. Vom Plastikbesteck sei er schon seit etwa fünf bis sechs Jahren weg. Gabel, Löffel und Messer to Go gibt es bei ihm aus Pappe und Zuckerrohr. Demnächst aber möchte er auf ein anderes System zurückgreifen: die Mehrweg-App Relevo. Gäste, die die Mehrwegvariante nutzen wollen, ziehen sich die App auf ihr Smartphone. Wenn sie dann einen Relevo-Behälter mitnehmen, werde der Code des Behälters gescannt. "Und wenn der Behälter dann nicht nach 14 Tagen wieder zurückgebracht werde, dann werden zehn Euro fällig", beschreibt Serrone das System. Dafür müssten die Gäste aber ihr Konto in der App hinterlegen. "Da kommt wieder die Datenschutzfrage ins Spiel", sagt er. Und was ist mit der älteren Generation? "Unsere Gäste ab 70 Jahren könnten sich schwer damit tun, sich bei der App anzumelden." Die Einführung des Systems bedeute für den Gastronomen mehr Kosten. Das Starterpaket bei Relevo koste 99 Euro, dafür bekomme er als Restaurantbesitzer 20 Behälter, erklärt Serrone. Die Behälter müssten auch gereinigt werden, bevor sie wieder in die Küche kommen. Dafür müsste Serrone eine Schleuse einbauen und weiteres Personal für absetzen. "Das sind Kosten, die die Gastronomen im Endeffekt auf die Endverbraucher umsetzen müssen." Wenn die Zusammenarbeit mit Relevo aber nicht klappen sollte, dann gebe es den Salat vielleicht demnächst in einer Aluschale, sagt er - inklusive Metallgeschmack. Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping"

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