Hiddenhausen-Oetinghausen (hazl). Entscheidend waren seine Beiträge nicht – aber immerhin: Zum ersten Mal im Verlauf des Prozesses um den Hammer-Mord an der Oetinghauser Pensionsbesitzerin Inge R. hat der Angeklagte Dieter L. gesprochen. Dabei wurde deutlich, dass sich der 45-Jährige mutmaßliche Täter in seinem Leben fast immer als Opfer sah – und sieht.
Die Verhandlung gestern Morgen im Bielefelder Landgericht hatte aufgrund des starken Schneefalls mit fast zweistündiger Verspätung begonnen. Nachdem die letzte verbliebene Zeugin, eine Mitarbeiterin des Hotels Robrook in Sundern, angehört worden war, durfte Dieter L. zur Erläuterung "der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten" aus seinem Leben erzählen.
Geboren 1968 in Rietberg, wuchs Dieter L. in Kaunitz auf. Sein Vater, von Beruf Maurer, war Alkoholiker und "schlug manchmal zu". Seine Mutter, eine gelernte Näherin, sei eine "herzensgute Frau" gewesen. Die Familie habe so wenig Geld gehabt, dass es "manchmal nichts zu Essen gab". Das Verhältnis zu seinen zwei Geschwistern sei immer schlecht gewesen, Kontakt gebe es schon seit vielen Jahren nicht mehr.
Ausbildung zum Berufskraftfahrer
Da L. den Herausforderungen der Grundschule nicht gewachsen war, kam er in die Sonderschule. Die verließ er mit 15. Nach dem Wehrdienst machte er eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer – ein Job, in dem er viele Jahre arbeitete. Zuletzt schlug er sich mit Gelegenheitsjobs und Schwarzarbeit durch.Verheiratet war er zweimal, aus der zweiten Ehe ging 2008 eine Tochter hervor. Die Ehe zerbrach zwei Jahre später. Der Verdacht eines sexuellen Missbrauchs seiner Tochter belastete die Beziehung schwer. Außerdem hatte L. seine Frau mehrfach um Geld erleichtert.
Seinen Vorstrafen war zu entnehmen, dass L. schon früh das Klauen begann. Delikte von Körperverletzung bis Betrug kamen hinzu. Befremdlich wirkte eine ganze Serie von Taten in den 90er Jahren: L.hatte sich seinerzeit nicht wohlgefühlt. Weil er sich nicht hatte krankschreiben lassen wollen, manipulierte er heimlich sämtliche Lkw seines damaligen Arbeitgebers, so dass sie nicht mehr fahrtüchtig waren: Er zerschnitt Bremsschläuche, zertrümmerte Kühler oder schüttete Sand in die Tanks.
Verschwörungstheorien
Zu den meisten seiner Taten entwickelte L. Verschwörungstheorien. Andere hätten sie ihm in die Schuhe geschoben. Oder aber die Umstände waren in seinen Augen so ungünstig, dass er keine andere Wahl hatte.Die zwei im Gerichtssaal anwesenden Psychologen, die ihm eine normale Intelligenz und keinerlei psychische oder seelische Erkrankungen attestierten, drückten es so aus: "Der Probant fühlt sich permanent missverstanden, sieht sich kaum selbstkritisch." Eine Haltung, die in früher Kindheit entstanden sein könnte: "Ich komme im Leben zu kurz, man verweigert mir, was mir zusteht – also nehme ich mir, was mir zusteht." Eine Zwangsstörung sei das aber nicht, machten die Psychologen klar. Bei Dieter L. geschehe alles kontrolliert und gesteuert. Einen Mord im Affekt, so der Experte, könne er nahezu ausschließen.