So unterstützen die „Zeithelfer“ ein Hiddenhauser Ehepaar nach einem Schlaganfall

Hiddenhausen. Plötzlich fällt sein rechter Arm schlapp herunter. Johannes Fritsche sitzt in seinem Sessel im Fernsehzimmer und schaut Biathlon, als er merkt, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Schwindel und Schmerzen vermischen sich mit einem Gefühl der Angst. &bdquo;Ich konnte noch um Hilfe rufen“, erinnert sich Fritsche an die bangen Minuten vor vier Jahren. &bdquo;Und Gott sei Dank kam mein Sohn in diesem Moment die Treppe runter.“ Dieser reagiert sofort und ruft den Notarzt. &bdquo;Dann war alles weg“, sagt der 82-jährige Mann aus Hiddenhausen heute. Im Klinikum Herford wacht er auf, kann sich nicht mehr artikulieren, realisiert, dass er einen Schlaganfall erlitten hat: &bdquo;Nicht mehr sprechen zu können, war für mich besonders schlimm. Auch das Laufen musste ich wieder behutsam neu lernen“, sagt Fritsche. Seine Frau Marlies erinnert sich ebenfalls noch gut an den Einschnitt: &bdquo;Es war mitten in der Coronazeit, ich durfte nicht zu ihm ins Klinikum, das war schlimm und die Ungewissheit furchtbar.“ Alltagsbegleitung und gemeinsame Freizeit Wieder zurück zu Hause managt Marlies Fritsche die anfänglichen Arztbesuche ihres Mannes. Bis sie im Edeka-Center in Eilshausen einen Aushang von &bdquo;die Zeitfreunde“ sieht. Das Unternehmen, das Regina Wenzel 2018 gegründet hat, begleitet Menschen im Alltag, fährt sie zu Ärzten oder Behörden. Das hat gepasst: &bdquo;Da habe ich dann einfach angerufen“, sagt Marlies Fritsche und weiter: &bdquo;Ich bin ja auch nicht mehr so jung und da erschien es mir sinnvoll, jemanden zu haben, der ihn mal fahren kann.“ Lesen Sie auch: Wie ein ehemaliger Konrektor sich nach einem Schlaganfall ins Leben zurückkämpft Ob die Fahrt zur Logopädin nach Bünde oder zur Krankengymnastik, ein Besuch in der Geriatrie, als der Hiddenhauser dort zeitweise eingeliefert worden ist, oder Ausflüge in den Tierpark und zum Hücker Moor: &bdquo;Ich war Kunde Nummer neun und möchte ’die Zeitfreunde’ nicht mehr missen“, sagt Johannes Fritsche zufrieden. Von der Unternehmensidee der Sozialarbeiterin Regina Wenzel ist das Hiddenhauser Ehepaar angetan. Bei &bdquo;die Zeitfreunde“ geht es nicht um Pflegetätigkeiten oder Reinigungsarbeiten, es geht um Alltagsbegleitung, gemeinsame Freizeit und Hilfestellungen. Menschen, etwa aus der Einsamkeit herausholen, mit ihnen Spazierengehen, Reden oder Spiele spielen. Die Mitarbeiter begleiten auf Wunsch zu Arztbesuchen, erledigen Einkäufe oder Kochen und Backen gemeinsam mit den Kundinnen und Kunden.“ Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich“, sagt Andrea Bergemann. Pflegebedürftige haben Anspruch auf Entlastungsbetrag Sie ist Mitarbeiterin der ersten Stunde. &bdquo;Was ich toll finde, wir haben wirklich Zeit für unsere Kunden“, sagt Bergemann, die zuvor mit Senioren im Altersheim und mit Kindern in der Schule zusammengearbeitet hat. &bdquo;Dabei baut sich fast so etwas wie eine kleine Freundschaft auf.“ Das Ehepaar Fritsche nickt. &bdquo;Wir sind wie eine große Familie“, sagt Johannes Fritsche. Er sitzt beim Gespräch mit dieser Zeitung gemeinsam mit Andrea Bergemann und seiner Frau Marlies am Esstisch, um seine Füße wuselt Hündin Dana umher, aufgeschlagen vor ihm liegt ein großer Bildband über Vögel. Lesen Sie auch: Unkalkulierbare Pflegekosten in NRW: Das müssen Pflegebedürftige und Angehörige zahlen Die Vielfalt der Vogelwelt zeigt der 82-Jährige begeistert Andrea Bergemann. Ob laut zirpende Kanarienvögel, bunte Papageien oder kleine Spatzen: Johannes Fritsche hat ein Faible für Vögel. Wenn der Mann aus Hiddenhausen in seinen großformatigen Naturbüchern blättert, strahlen seine Augen. Und er weiß auch zu jedem Exemplar etwas zu erzählen. Die Erinnerungen lässt er gemeinsam mit Bergemann zum Leben erwecken. Auch das ist bei &bdquo;die Zeitfreunde“ möglich. Infoabend für Angehörige von Pflegebedürftigen &bdquo;Jeder Kunde ist anders, wünscht sich eine andere Aktivität. Die Arbeit ist dadurch schön vielfältig“, sagt Bergemann. Was viele nicht wissen, die Abrechnung der Alltagsbegleitung ist ab Pflegegrad 1 über die Pflegekasse möglich. &bdquo;Auch uns hat Regina Wenzel das zu Anfang erst einmal erklären müssen“, sagt Marlies Fritsche. Der sogenannte Entlastungsbetrag kann für Betreuungsleistungen angewandt werden. 125 Euro sind das im Monat. &bdquo;Ausgezahlt wird der Betrag nicht, doch wir können ihn für unsere Leistungen abrechnen“, erklärt Regina Wenzel. Da bei diesem Thema Betroffene und Angehörige oftmals noch viele Fragen haben, bieten Regina Wenzel und Nina Vo, die das Unternehmen gemeinsam führen, einen Informationsabend an. Fragen rund um die Beantragung eines Pflegegrades, was einer Person zusteht und wie sich das Budget nutzen lässt, sollen am Mittwoch, 16. Oktober, ab 18 Uhr, Schillerstraße 6 in Herford, im Mittelpunkt stehen. Eine Anmeldung ist erforderlich per Mail an info@diezeitfreunde.de. Mehr Informationen gibt es unter Tel. 05221 9507808. Bielefelder Ralph Ruthe erklärt: So erkennen Sie einen Schlaganfall

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