Shanty Chor kapert Tik-Tok-Hit und startet Wettbewerb

Hiddenhausen. Vor einigen Wochen ruft ein Journalist aus dem Breisgau bei Hans Rodax in Hiddenhausen an. Ob er den Song "The Wellerman" kenne, der gerade auf der Kurzvideo-Klamauk-Plattform Tik-Tok ein Millionenpublikum begeistert, wird Rodax gefragt. Wellerman? Tik-Tok? Der Vorsitzende des "Shanty Chor Hansestadt Herford", Rodax, der eigentlich weltweit vernetzt ist, muss zunächst passen. Doch ein Seemannslied, das sich Millionen junge Menschen in sozialen Netzwerken anschauen, lässt Shanty-Hans eine Recherche beginnen. "Warum boomt der Wellerman in allen Netzen?", fragt sich der 77-Jährige und meldet sich bei Tik-Tok an. Dort stößt er neben allerlei fragwürdigen Videos auf den millionenfach geklickten Clip des schottischen Postboten Nathan Evans. Der hat seinen Job aufgrund des Erfolgs mittlerweile gekündigt und widmet sich nur noch der Musik. Junge Leute, die sich für eine Walfängerballade begeistern? Angesichts eines Durchschnittsalters in seinem Shanty Chor von knapp 70 Jahren kommt Rodax ins Grübeln. "Es ist ein Song, der Kinder, Jugendliche und Erwachsene - gleich welchen Alters - allesamt begeistert." Das Original stammt aus Neuseeland Bevor Shanty-Hans jedoch weitere Schritte in Erwägung zieht, will er dem ihm bis dahin unbekannten Lied mehr Informationen abgewinnen. Er findet heraus, dass es sich dabei um ein Stück handelt, das Mitte des 19. Jahrhunderts in Neuseeland seinen Ursprung haben dürfte. "Was äußerst selten ist, ist die Tatsache, dass in dem Song zwei verschiedene Dinge bearbeitet werden", resümiert Rodax. Zum einen werde die mühsame und entbehrungsreiche Arbeit beim Walfang in dieser Zeit geschildert. Zum anderen geht es um ein Schiff mit dem Namen "The Wellerman", das Zucker, Tee und Rum herbeischaffe. Im Jahr 2018 ploppt das Lied dann wieder in der Öffentlichkeit auf. Die englische Folkband "The Longest Johns" covert den Song und verarbeitet ihn in einer Platte. Wiederum zwei Jahre später singt der schottische Postbote Nathan Evans "The Wellerman" und stellt seinen Clip auf Tik-Tok ein. "Wie ein Virus verbreitete es sich über die Erde", hält Rodax fest. Vielleicht ließen sich mit dem Hype ein paar jüngere Menschen für den Shanty Chor begeistern, denkt sich der 77-Jährige da. Corona kommt ihnen in die Quere "Der Wellerman kommt uns wie gerufen. Was uns allerdings in die Quere kommt, ist die Corona-Pandemie." Denn seit über einem Jahr befindet sich der "Shanty Chor Hansestadt Herford" im musikalischen Lockdown. Weder Proben noch Auftritte finden statt. Hans Rodax kommt deshalb eine andere Idee. Er möchte einen Wettbewerb ins Leben rufen. Interessierte sollen zwei bis drei Strophen oder den Refrain des Songs per Video aufnehmen. Die Clips werden dann auf der Facebook-Seite präsentiert. "Da kann sich jeder dran beteiligen", sagt Rodax. Um mit gutem Beispiel voranzugehen, hat sich eine Handvoll Sänger seines Vereins bereits per Videokonferenz getroffen. Dort üben sie den Song momentan ein. Das Ergebnis soll als Video bald in dem sozialen Netzwerk erscheinen: "Der Versuch wird auf jeden Fall gestartet", so der 77-Jährige. Nach den ersten Proben sieht er noch etwas Luft nach oben. Insbesondere die englische Sprache sei ein Hindernis. Deshalb arbeitet er momentan an einer authentischen Übersetzung des Originaltextes. Dank Tik-Tok hat das traditionelle Seemannslied nun den Shanty Chor mit voller Breitseite erreicht. Die Videos können über Facebook bis Ende Februar an den "Shanty Chor Hansestadt Herford" geschickt werden. Das Los entscheidet, wer den vom Chor ausgelobten Gewinn in Höhe von je 50, 70 und 100 Euro erhält. Bei Fragen steht Hans Rodax zur Verfügung, Tel. 0173 56421869 oder per Mail: HansRodax@t-online.de

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