Hiddenhausen. Kürschnerin Anke Windmann aus Löhne betreibt ein selten gewordenes Handwerk. Sie verarbeitet Tierfelle zu Bekleidung und Modeaccessoires. Wie das aussieht und was sich aus Omas alten Pelz-Schätzchen vom Dachboden noch so machen lässt, das können Besucher regelmäßig bei den Kreativen Sonntagen im Café Alte Werkstatt auf Gut Hiddenhausen erfahren.
Voll ist es im Café Alte Werkstatt. Dicht an dicht sitzen die Gäste an den Tischen, andere stehen Schlange, um sich von Anke Windmann beraten zu lassen. Ein Ehepaar tritt mit einer Jacke aus Seelöwenfell an Windmanns Tisch: "Mein Mann und ich mögen Felle nicht so sehr, aber wir wollten einfach mal wissen, was die Jacke noch wert ist", sagt die Dame. "Ich will sie nicht enttäuschen, aber mehr als 50 Euro werden sie dafür nicht mehr bekommen", erwidert Anke Windmann, nachdem sie die Jacke in Augenschein genommen hat. Das ist nicht gerade viel, aber im Rahmen dessen, was sich das Paar ausgerechnet hat.
Eine Husse, damit der neue Hocker nicht so kahl aussieht

Da kommt der Fragestellerin eine Idee: "Sagen Sie mal, sie haben da einen Hockerüberzug aus Fell. Lässt sich das vielleicht aus dem anderen Stück, das ich dabei habe, auch machen?" "Aber selbstverständlich", sagt Anke Windmann. Man einigt sich darauf, dass erst ein Hocker fürs Wohnzimmer gefunden werden muss, und Anke Windmann dann aus dem Fell eine Husse macht, einen Stuhlüberzug, damit der Hocker nicht so kahl aussieht. Der alte Pelz hat eine neue Verwendung gefunden. So geht es am laufenden Meter an diesem Sonntag im Café Alter Werkstatt: Gäste kommen und fragen nach Ideen, ob und wie sich alte Pelze zu neuen Stücken umarbeiten lassen. Viele Besucher schenken Anke Windmann auch Pelze, weil sie sie einfach loswerden wollen und damit nichts mehr tun können. Den Andrang kommentiert die Kürschnerin freudig mit den Worten: "Mensch, das ist ja heute wie Weihnachten." Sie wird das Material zu neuer Mode verarbeiten: Mützen mit Bommeln, Pulswärmer und sogar Schoner für Terminkalender macht sie daraus.

Pelze sind nicht jedermanns Sache. Vielen Menschen tun die Tiere leid, die für die Pelzverarbeitung sterben müssen. Anke Windmann hat für sich einen Weg gefunden, das Gewissensdilemma zu umgehen. Sie verarbeitet nämlich nur Pelze, die schon in irgendeiner Form vorliegen: alte Mäntel oder Mützen zum Beispiel. Mit einer Ausnahme: "Bei der Tierfutterproduktion fällt eine Menge Material an. Im Katzenfutter ist zum Beispiel oft Kaninchen. Warum sollten diese Pelze vernichtet werden, die ohnehin da sind? Ich finde, solches Material kann man ruhigen Gewissens verarbeiten. Genauso wie Bisamrattenfell. Die Tiere werden offiziell gejagt, wenn sie zur Plage werden." In Deutschland wird die Bisamratte besonders in Hochwasserschutzanlagen ganzjährig bejagt, denn die Tiere - die in Wirklichkeit zur Art der Wühlmäuse gehören und nicht zu den Ratten - unterhöhlen Deiche und Dämme mit Tunnelsystemen und können als Räuber andere Arten bedrohen.
Anke Windmann arbeitet mit einer fast 120 Jahre alten Pelznähmaschine. Damit setzt sie die Stücke aneinander, die sie vorher mit ihrem scharfen Kürschnermesser zerteilt hat. Dann bringt sie die Maschine in Gang: "Das ist wie Autofahren. Links ist die Kupplung, rechts das Gas." Mit der Kupplung schiebt sie zwei Scheiben zusammen, zwischen denen sich die Pelzstücke befinden, aus denen ein neues wird. Mit dem Gaspedal beschleunigt sie die Geschwindigkeit der Nähnadel, die besonders dick ist, damit sie das zähe Leder durchdringt.
Ein Pelz zerfällt nach 70 bis 80 Jahren und ist nachhaltig
Nicht jeder Pelz lässt sich in neue Form bringen. Manchmal sind die Stücke einfach zu alt. Anke Windmann: "Nach 70 bis 80 Jahren fallen Pelze auseinander. Aber das ist auch nachhaltig und umweltverträglich. Eine moderne Jacke ist einfach Sondermüll, der nicht von allein vergeht."
Es gibt einen Trick, wie sich Pelz lange frisch halten lässt: Man lagert ihn unter einer alten Bettdecke und gibt Lavendel dazu, denn Lavendel hält die Motten fern - ein alter Kürschner-Kniff. Wer das Kürschner-Handwerk aus der Nähe betrachten möchte, hat am Sonntag, 24. Februar, erneut Gelegenheit dazu. Dann ist Anke Windmann wieder im Café Alte Werkstatt beim Kreativen Sonntag, von 14 bis 18 Uhr. Sie wird den Wert alter Pelze schätzen und Ideen geben, was sich aus ihnen noch so machen lässt.
Weitere Informationen unter www.cafe-hiddenhausen.de.