Hiddenhausen

Hiddenhausen: Die hitzigste Debatte seit Jahren

Ausschüsse beschließen, Sportplatz Schlattstraße um 20 Prozent zu verkleinern und den größeren Teil als Grün- und Freizeitfläche zu gestalten. Bürger fürchten langfristig Verlust des Platzes

Rede: Die Bürgerinitiative zur Erhaltung des Sportplatzes an der Schlattstraße hatte dem FDP-Politiker Joachim John ihr Redemandat übertragen. | © Alexander Jenniches

01.12.2018 | 01.12.2018, 12:00

Hiddenhausen. In der Sitzung des Haupt-, Finanz- und Betriebsausschusses am Donnerstagabend ging es hoch her. Anwohner der Schlattstraße wollten den dortigen Sportplatz so erhalten, wie er ist. Die Ausschussmitglieder entschieden jedoch mit nur einer Gegenstimme, eine Planung in Auftrag zu geben, die die Errichtung dreier Baugrundstücke an der Straßenseite des Sportplatzes vorsieht. 80 Prozent des Platzes sollen erhalten bleiben und zu einem Freizeitgebiet entwickelt werden.

Die Anwohner waren nicht nur über den Entschluss empört, sondern kritisierten auch die Ausdrucksweise eines SPD-Ratsherrn, der ihnen seine Meinung ziemlich direkt entgegenschleuderte. Nach der Entscheidung verließen sie die Sitzung, und manch einer sprach von mangelnder Demokratie. Was war passiert?

80 Prozent des Platzes sollen erhalten und entwickelt werden

Es war die wohl bestbesuchte Ausschusssitzung seit Jahren. Rund 40 Anwohner des Sportplatzes an der Schlattstraße und einige Unterstützer hatten sich um 18 Uhr im großen Ratssaal eingefunden. Schon zu der Zeit lag Spannung in der Luft. Normalerweise sind die etwa 20 Besucherplätze dort verlassen. Diesmal waren sie überbesetzt, sodass die Gemeindeverwaltung in der Mitte des Saals weitere Sitzmöglichkeiten schuf. Bevor sich jedoch die Gemüter über den Fortbestand des Sportplatzes erhitzten, beschloss der Haupt- und Finanzausschuss einstimmig den Wirtschaftsplan 2019 der Nahwärmeversorgung Hiddenhausen GmbH. Das dauerte fünf Minuten, dann rief Bürgermeister Ulrich Rolfsmeyer den kontroversesten Punkt der Tagesordnung auf: die zukünftige Nutzung des Sportplatzes Hiddenhausen an der Schlattstraße.

Angegriffen: Sportverbandvorsitzender Manfred Priebe. - © Alexander Jenniches
Angegriffen: Sportverbandvorsitzender Manfred Priebe. | © Alexander Jenniches

Er gab einen kleinen Überblick über das Vorhaben der Verwaltung: 80 Prozent des Platzes sollen erhalten bleiben und zu einer Grün-, Spiel-, und Freizeitfläche gestaltet werden. Auf den übrigen 20 Prozent ist die Erschließung für drei Einfamilienhausgrundstücke geplant.

Der FDP-Politiker Joachim John ergriff das Wort. Die Bürger hatten ihm das Mandat für ihr Anliegen übertragen. John sagte, der Platz sei ein sicherer Ort für Kinder und Heimstätte für Insekten und heimische Vogelarten. Sollte dort gebaut werden, müssten Bäume fallen. Dann sagte er etwas, das im Lauf der Sitzung für eine Menge Ärger sorgen sollte: "Dem Gemeindesportverbandsvorsitzende Manfred Priebe kam die Auflösung des Blau-Weiß Hiddenhausen (Anmerkung: der 2009 zuletzt auf dem Schlatt-Sportplatz spielte und sich dann auflöste) sehr gelegen, um bei der Gemeinde den Antrag für einen dritten Kunstrasenplatz zu stellen. Als sachkundiger Bürger im Schul- und Sportausschuss war es ja für Manfred Priebe eine Leichtigkeit, eine entsprechende Lobbyarbeit dafür zu leisten."

Anwohner wittern abgekartetes Spiel zugunsten der Spvg.

Wies Anwürfe zurück: Bürgermeister Ulrich Rolfsmeyer. - © Alexander Jenniches
Wies Anwürfe zurück: Bürgermeister Ulrich Rolfsmeyer. | © Alexander Jenniches

John und die Anwohner des Sportplatzes witterten offenbar ein abgekartetes Spiel, wie in der späteren Diskussion deutlich wurde: Priebe sei Mitglied der Spvg. Hiddenhausen und wolle seinem Verein einen weiteren Platz verschaffen - den geplanten Kunstrasenplatz in Eilshausen - und dafür den Schlatt-Sportplatz opfern. Nach Johns Rede wurden einige Ausschussmitglieder und auch der Bürgermeister ziemlich gerade. Rolfsmeyer sagte: "Ich verwehre mich dagegen, dass hier dem Gemeindesportverband unterstellt wird, dass irgendjemand zufriedengestellt werden soll."

Wütend: Hans-Ulrich Läge von der SPD. - © Alexander Jenniches
Wütend: Hans-Ulrich Läge von der SPD. | © Alexander Jenniches

Ausschussmitglied Ulrich Ewering (SPD) schilderte die Bemühungen der Gemeinde, über Jahrzehnte allen Ortsteilen mit einem eigenen Sportplatz gerecht zu werden und sie auf einem Niveau zu halten, das auch offizielle Sportwettkämpfe ermöglicht. Am Ende sei der Rasen des Platzes an der Schlatt dafür aber in den vergangenen Jahren unbrauchbar geworden. Es gelte jetzt zu überlegen, wie sich das Gebiet sinnvoll entwickeln lasse und ein vernünftiges Freizeitangebot zu schaffen.

SPD-Ratsmitglied Hans-Ulrich Läge hatte offensichtlich Wut im Bauch und polterte gegen Joachim John und eine Anwohnerin: "Herr John, ich spreche ihnen jegliche Kompetenz ab, dass sie überhaupt darüber entscheiden können, was da passiert. Der Sportplatz in seiner Größe an sich bleibt so bestehen." Und zu einer Anwohnerin, die sagte, sie habe die Fläche ausgemessen: "Was haben sie denn ausgemessen? Wie möchten sie denn 100 Meter ausmessen? Zu Fuß?"

Sprecher: Jens Koring von der Bürgerinitiative. - © Alexander Jenniches
Sprecher: Jens Koring von der Bürgerinitiative. | © Alexander Jenniches

Stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender Jörg Düning-Gast gab sich ausgleichend: Die Gemeinde habe sowohl in Hinsicht auf den geplanten Quartiersplatz in Eilshausen die Wünsche der Bürger berücksichtigt, als auch bei der Werre-Achse und dem Projekt rund um die Erweiterung des Geländes der Jugendhilfe Schweicheln und der Diakonie. Dann ergriff der Gemeindesportverbandvorsitzende Manfred Priebe das Wort und wies jegliche Anschuldigung des Lobbyismus für die Spvg. Hiddenhausen zurück. Er sagte, es sei wegen des löchrigen Untergrunds gefährlich, auf dem Sportplatz zu spielen. Darauf antwortete Hobbyfußballer Florian Kandzorra: "Wir spielen da jeden Mittwoch, und es geht uns allen gut."

Bürgerinitiative fühlt sich nicht ernstgenommen

Bürgermeister Rolfsmeyer ließ die Diskussion nach der Abstimmung noch ein wenig weiterlaufen. Anschließend verließen die Anwohner den Saal erbost. Sie fühlten sich nach Worten eines ihrer Sprecher, Jens Koring, nicht ernstgenommen und sprachen von mangelnder Demokratie. Wie Koring der NW sagte, fürchten sie, dass langfristig noch mehr Fläche des Platzes zu Bauland wird. In der Ratssitzung am 13. Dezember um 18 Uhr wollen die Bürger ihre Bedenken erneut vorbringen.