Herford. Es ist das Größte, was ein gläubiger Muslim erleben kann: Der "Hadsch", die Pilgerreise in die Wallfahrtsorte Mekka und Medina. Rund drei Millionen Menschen machen sich jährlich auf den Weg zu den heiligen Stätten in Saudi-Arabien. In diesem Jahr mit dabei: Aysel und Fatma Günaydin sowie Hüseyin Coban mit Ehefrau Zöhre, Mitglieder der Türkisch-Islamischen Gemeinde Herford. Los geht's am heutigen Montag. "Endlich. Die Vorfreude ist täglich gestiegen", sagen alle vier und strahlen.
Von Frankfurt aus fliegen sie ins türkische Antalya, ehe es dann nach einem Zwischenstopp weiter nach Mekka auf die arabische Halbinsel geht. Die vierwöchige Pilgerfahrt - inklusive Unterkunft - haben sie bei der Herforder Gemeinde direkt gebucht, "im Flugzeug sind nur Menschen, die sich zur Hadsch aufmachen", sagt Hüseyin Coban. Für jeden Muslim gehöre die Pilgerfahrt zu einer "Glaubenspflicht", solange es die eigene Gesundheit und die finanzielle Lage zulasse. Sein Pilgergewand hat er längst gekauft. Alle Gläubigen machen sich in strahlendem Weiß auf den Weg. "Es gibt somit keine Unterschiede zwischen Arm und Reich, der sozialen Stellung oder Nationalität", sagt der 65-Jährige. "Vor Gott sind alle gleich."
Während einer mehrstündigen Schulung in den Gemeinderäumen wurde Coban und den drei Pilgerinnen ausführlich berichtet, worauf bei der Wallfahrt zu achten ist. Welche Orte müssen unbedingt besucht, welche Gebete verrichtet werden? Und was ist strengstens verboten? In Herford legten die Muslime den Grundstein für das "religiöse Erlebnis Hadsch", so Coban.
Während man im Fernsehen meist lediglich die Menschenmassen sieht, die in dichtem Gedränge die so genannte Kabaa umrunden, ein würfelartiges Gebäude im Innenhof der Heiligen Moschee in Mekka, geht es bei der Pilgerreise um viel mehr, betont Fatma Günaydin. Ganze sieben Mal gehen die Gläubigen zwar um die Kabaa, sagt Günaydin, "aber wir wandern beispielsweise auch in die so genannte Arafat-Ebene - und sind anschließend noch zwei ganze Wochen in Medina."
Im Gegensatz zu den Katholiken, die bei ihrer Wallfahrt ins französische Lourdes sogar auf eine plötzliche Heilung von Kranken hoffen, erwartet Fatma Günaydin keine Wunder. "Allerdings gibt es in Mekka den ewigen Zamzam-Brunnen, eine Quelle, die dem Islam zufolge Gott entspringen ließ." Viele türkisch-stämmige Herforder haben aus dem Brunnen bereits getrunken. "Jedes Jahr machen sich einige von uns auf den Weg zur Hadsch ", sagt ein Sprecher der rund 350 Mitglieder starken Türkisch-Islamischen Gemeinde.
Im Jahr 1968 von Gastarbeitern gegründet, beteten die Muslime zunächst in einem Wohnheim des Umwelttechnikbetriebs Sulo, nach einigen Umzügen und Erweiterungen ist die Moschee samt Gesellschaftsräumen mittlerweile in einem großen Gebäude an der Bielefelder Straße untergekommen. Und nicht nur zum Beten ist die Gemeinde beliebter Anlaufpunkt: "Deutschkurse finden hier ebenso statt wie Integrationsarbeit", sagt der Sprecher. "Außerdem werden auch sozial schwache Personen betreut."