Herford. Der Behinderten- und Seniorenbeirat der Stadt hat dem innerstädtischen Einzelhandel ein ausgesprochen gutes Zeugnis ausgestellt. "Beratungs- und Servicequalität sind sehr gut", stellt Behinderten-Beirätin Brigitte Dreyer stellvertretend für alle fest. Bemerkenswert sei die Offenheit gegenüber Behinderten. Doch es gebe auch noch manches zu verbessern.
Die beiden Beiräte hatten gemeinsam mit Martina Nickles und Sabine Hartmann-Rohlf aus der städtischen Sozialverwaltung - ehrenamtlich - eine Befragung zum Thema Barrierefreiheit durchgeführt. 40 der rund 200 Geschäfte, vor allem am Alten Markt und in der Bäckerstraße, wurden befragt - nicht um zu testen sondern "vor allem, um ein Bewusstsein für die Belange von Älteren und Behinderten zu schaffen", wie Seniorenbeirätin Ulrike Haltiner anmerkt.
Trainingslager für die Befrager war der Elsbach-Bau, in dem die allerneusten DIN-Normen für behindertengerechtes Bauen verwirklicht sind. Doch diese DIN sollte nicht als Richtschnur, sondern nur als allgemeine Anregung dienen. "Man kann einfach nicht erwarten, dass überall alles barrierefrei ist", sagt Rollstuhl-Fahrerin Brigitte Dreyer. 36 der 40 Befragten machten mit. Das Ergebnis ist nicht repräsentativ, gibt aber gute Anhaltspunkte:
Die Beiräte regen in ihrem Fazit die Einrichtung weiterer Kundentoiletten und deren Öffnung auch für nicht-Kunden an. Das sei vor allem für Menschen mit Mobilitätseinschränkung wichtig und könnte durch Plaketten über der Eingangstür sichtbar gemacht werden.
Der Behinderten- und Seniorenbeirat steht Einzelhändlern und Gastronomen für weitere Beratungen zur Verfügung. Im nächsten Jahr ist eine Personalschulung für Mitarbeiter im Einzelhandel für den Umgang mit Behinderten geplant. Infos unter Telefon 189 239.
Zu 90 Prozent sind die Geschäfte stufenlos erreichbar, die Eingänge sind breit genug für Rolli-Fahrer. Die Bodenbeläge sind meist rutschfest, die Beleuchtung blendfrei, die Regale auch vom Rollstuhl aus erreichbar. Jedes dritte Geschäft hat einen Bringe-Service und nimmt auch telefonische Bestellungen entgegen.
Als nachteilig wird gewertet, dass nicht alle über zwei oder mehr Etagen verfügende Läden über einen Fahrstuhl verfügen. Nicht überall gibt es Umkleiden für Rolli-Fahrer. Auch automatische Tür-Öffnungen gibt es nur vereinzelt.
Ein heikles Thema sind auch in Herford die Toiletten: Nur in jedem zweiten Geschäft gibt es ein Kunden-WC. Jeder sechste Ladeninhaber stellt die Kundentoilette auch Nicht-Kunden zur Verfügung. Ebenso viele Inhaber bieten für Notfälle das Mitarbeiter-WC an. Die einzige barrierefreie Toilette gibt es im Minipreis.
Den Befragern ist bewusst, dass sich das nicht grundlegend ändern wird - schon aus finanziellen Gründen. Doch sie erfuhren etwa, dass auch Klingenthal eine neue DIN-gerechte Behinderten-Toilette plant.
Seit der Befragung wird in einem Geschäft der versteckt liegende Aufzug ausgeschildert. "Oft haben schon kleine Verbesserungen große Auswirkungen", sagt Beirat Joachim Paul.
Die Offenheit dafür, da sind sich alle Beiräte einig, ist im Herforder Einzelhandel - mit wenigen Ausnahmen - zu spüren und zu erfahren.