HERFORD - UPDATE 16 UHR

Millionen-Schwarzgeld bei Evangelischer Kirche

Kasse besteht seit 1967 / Geld aus Steuermitteln als "Sondervermögen" angelegt

17.01.2011 | 17.01.2011, 16:51
Millionen-Schwarzgeld bei Evangelischer Kirche - © HERFORD
Millionen-Schwarzgeld bei Evangelischer Kirche | © HERFORD

Herford/Bielefeld. 49,7 Millionen Euro Schwarzgeld sind bei der evangelischen Kirche im Kreis Herford entdeckt worden. Die in einer Mitteilung des Kirchenkreises als "Sondervermögen" beschriebene schwarze Kasse besteht bereits seit 1967. Nach einer Sonderprüfung durch die Landeskirche sollen heute die Mitglieder der Kreissynode unterrichtet werden.

Die ursprüngliche Anlagesumme belief sich nach Informationen der Neuen Westfälischen auf 1,5 Millionen D-Mark. Das Geld soll aus Kirchensteuereinnahmen bestanden haben. Im Laufe der über vierzig Jahre wuchs das Vermögen auf nunmehr 49,7 Millionen Euro. Das bedeutet eine Rendite von fast zehn Prozent pro Jahr.

Das Schwarzgeld wurde von Anfang an nicht im regulären Haushalt des Kirchenkreises ausgewiesen. Die Kreissynode, oberstes Beschlussorgan des Kirchenkreises, sowie der Finanzausschuss sollen zu keiner Zeit Kenntnis davon gehabt haben. Befasst waren, so die Auskunft des Superintendenten Michael Krause, jeweils neben anderen seine Amtsvorgänger, der Verwaltungsleiter, die Kassenleitung und "in einigen Zeitabschnitten" auch der gesamte Kreissynodalvorstand.

Betriebsprüfer involviert

Krause, der seit März 2009 im Amt ist, informierte "gemäß seiner Aufsichtspflicht" im Oktober 2010 das Landeskirchenamt in Bielefeld über das "Sondervermögen" und bat die 2008 eingerichtete zentrale Rechnungsprüfung um eine Sonderprüfung. In deren Abschlussbericht heißt es unter anderem, es habe "keinerlei persönliche Bereicherungen" gegeben. Trotz kleinerer Zuzahlungen beruhe die Vermögenssteigerung "im Wesentlichen auf den gewählten Anlageformen".

- © FOTO: DPA
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Nach Informationen der Neuen Westfälischen soll ein Betriebsprüfer des Sparkassenverbandes Niedersachsen involviert sein. Die Gelder wurden parallel zu den offiziellen Konten unter anderem bei einer Hamburger Privatbank platziert. Nach Hebung des schwarzen Kirchschatzes soll das Vermögen in die reguläre Finanzverwaltung des Kirchenkreises eingebracht werden. Die Erträge, so Krause, könnten dazu dienen, "Mindereinnahmen zu einem gewissen Grad auszugleichen".

Als Körperschaft ist die Kirche nicht steuerpflichtig. "Steuerhinterziehung kommt nur in Betracht, wenn das Geld auf Namen von Privatpersonen angelegt wurde", so ein leitender Finanzbeamter gegenüber der Neuen Westfälischen.



Superindendent Krause: "Vorsorge in guter Absicht"



Herfords Superindendent Michael Krause nimmt nach der Kassensonderprüfung Stellung: "Vorsorge für schlechte Zeiten ist gut. Sie muss aber immer im Einklang mit den verantwortlichen Gremien geschehen. Das Sondervermögen wurde in guter Absicht angelegt, daher ist jede Skandalisierung absurd. Niemand hat sich, soviel wir wissen, persönlich bereichert oder sonst gegen das Strafrecht verstoßen.

Dass die Buchführung – wohlgemerkt im kirchlichen Sinne – nicht ordnungsgemäß war, hat die Rechnungsprüfung unserer Landeskirche festgestellt, die wir selbst um eine Sonderprüfung gebeten haben. Dies ist unabdingbar im Sinne eines sorgfältigen und transparenten Umgangs mit dem uns anvertrauten Geld. Viele Institutionen – etwa Landesbanken und Pensionsfonds – haben in der Finanzkrise Millionen verloren, während bei uns das angelegte Geld Früchte trägt. Geld, das der Arbeit im Kirchenkreis Herford zugutekommt. Trotzdem verstehe ich, dass jetzt manche enttäuscht oder sogar verärgert sind.

Wir sind nun auf eine faire Aussprache angewiesen. Zum einen muss der Klärungs- und Ordnungsprozess sauber zu Ende geführt werden. Zugleich brauchen wir aber einen behutsamen Umgang miteinander."