Herford

"Bäumchen wechsel dich" im Stadtrat

Wie sich Mehrheitsverhältnisse ohne Zustimmung der Wähler verändern – eine Bestandsaufnahme

Die Sitzverteilung |

23.10.2013 | 23.10.2013, 00:00

Herford. 52.440 Herforder hätten bei der letzten Kommunalwahl 2009 wählen dürfen. 25.137 oder 47,93 Prozent – also weniger als die Hälfte – haben von diesem Recht Gebrauch gemacht. Ihr Votum spiegelt sich in der Verteilung von 44 Sitzen im Stadtrat wieder – fünf Jahre lang bis zur nächsten Kommunalwahl im Mai 2014. So sollte es sein. Doch Bäumchen-wechsel-dich-Spiele von Ratsmitgliedern sorgen dafür, dass sich die Mehrheitsverhältnisse verschieben – auch ohne Zustimmung der Wähler.

Auffälligstes Beispiel ist die FDP: Sie hatte nach der Kommunalwahl vier Sitze im Stadtrat. Doch dann zerstritt sich die FDP-Fraktion mit dem Stadtverbandsvorsitzenden Günther Klempnauer. Drei der vier FDP-Fraktionsmitglieder – Lothar Wienböker, Hans-Henning Warnecke und Ralph Pohlmann – traten aus der FDP aus und gründeten die Freie Fraktion Herford (FFH). Das war im Februar diesen Jahres. Ab November wird es auch die FFH nicht mehr geben. Warnecke und Pohlmann verstärken dann als neue Mitglieder die CDU-Fraktion, Lothar Wienböker liebäugelt mit der Wählergemeinschaft "Bürger für Herford (siehe Kasten).

Wie ist das möglich, wo doch die drei Politiker 2009 für die FDP in den Stadtrat gewählt wurden? "Es ist die Ausübung des freien Mandats, die in der Gemeindeordnung steht und einem Ratsmitglied einen Wechsel erlaubt, wenn sich seine Gesinnung im Laufe einer Legislaturperiode verändert", erläutert Karola Lange, in der Stadtverwaltung zuständig für Ratsangelegenheiten. Es steht also jedem Ratsmitglied offen, in eine andere Partei oder Wählergemeinschaft zu wechseln oder aber sein Mandat niederzulegen.

Letzteres haben im Herforder Rat nur zwei Politiker getan: Günther Klempnauer verzichtete auf sein Ratsmandat, um sich auf seine Aufgabe als Stadtverbandsvorsitzender zu konzentrieren. Und Uwe Pradel legte erst vor wenigen Wochen sein SPD-Ratsmandat nieder, weil er mit der Politik der Genossen nicht mehr einverstanden ist. Für beide rückten andere Mitglieder ihrer Parteien nach.

Beliebter ist das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel im Rat. Das hat auch dazu geführt, dass in dem Gremium direkt nach der Wahl 2009 nur zwei Einzelkämpfer vertreten waren, inzwischen sind es sechs geworden:

Dirk Fenner trat kurz vor der Bundestagswahl aus der CDU aus. Status: Er ist nun fraktionsloses Mitglied im Rat und als Einziger auch parteilos.

Michael Sattler ist nachgerückt für Anne-Christine Paul und somit einzig verbliebenes Ratsmitglied der FDP.

Bernd Reitmeier wurde für "Die Linke" in den Rat gewählt, gehört aber inzwischen der Wählergemeinschaft "Impuls" an. Erika Zemaitis, ebenfalls gewählt für "Die Linke", trat in die SPD ein, die dadurch einen Sitz mehr bekam.

Lothar Wienböker ist ab 1. November partei- und fraktionslos, es sei denn, die "Bürger für Herford" nehmen ihn auf. ´Heiko Krüger vertritt die Wählergemeinschaft "Bürger für Herford" seit 2009 im Rat.

Heinz-Günther Scheffer ist seit der Kommunalwahl einziges Ratsmitglied für die Wählergemeinschaft Liste 2004.