Herford/Stolzenau

Ernstmeier verkauft Werk in Stolzenau

Die Era-Beschichtung gehört jetzt der Hornschuch-Gruppe / Verkaufserlös dient der Schuldentilgung

Zwischen Mindener (rechts) und Eimter Straße (unten links die Justizvollzugsanstalt) erstrecken sich Fabrikhallen und Verwaltung der Firma Ernstmeier, eines der ältesten Herforder Industrieunternehmen. Hier konzentrieren sich künftig die Aktivitäten des Textilveredlers. | © FOTOS: KIEL-STEINKAMP

09.04.2013 | 09.04.2013, 10:03

Herford/Stolzenau. Die Ernstmeier-Gruppe hat ihre Tochter Era-Beschichtung GmbH in Stolzenau an der Weser (150 Mitarbeiter, zuletzt rund 30 Millionen Euro Umsatz) verkauft. Neuer Eigentümer ist die Hornschuch-Gruppe. Sie plant dort Erweiterungen. Zugleich werden auch bei Eratex in Herford größere Investitionen vorbereitet.

Der Verkauf ging wenige Wochen nach dem Tod des Mehrheitsgesellschafters Peter Ernstmeier in der letzten Woche über die Bühne. Weil die Firma zu einem Viertel der Dieter-Ernstmeier-Stiftung gehört, musste die Stiftungsaufsicht bei der Bezirksregierung zustimmen – die nach Informationen aus der Stiftung sehr professionell agierte.

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.
Durch den Verkauf kann die "Ernstmeier GmbH&Co Verwaltungs KG", die schwere Jahre hinter sich hat und grundlegend umstrukturiert wird, jetzt einen großen Teil ihrer Bankkredite ablösen. "Der Verkauf Stolzenau ist ein wesentlicher Schritt zur nachhaltigen Gesundung von Eratex Herford", meint denn auch Dr. Ralf Struthoff, Vertreter der Dieter-Ernstmeier-Stiftung in der Gesellschafterversammlung.

Doch auch für die Belegschaft an der Weser sieht er positive Perspektiven unter der neuen Regie. Die Ernstmeier-Fabrik in Stolzenau wurde 1964 gebaut, weil das Herforder Traditions-Textilunternehmen am Stammsitz nicht erweitern konnte.
"Era" entwickelte sich zu einem viele Jahre erfolgreichen Zulieferer für die Automobilindustrie. Sie ist Weltmarktführer bei Laderaumabdeckungen und stellt Kunstleder für Automobilsitze sowie Schaumfolien für Pkw-Innenräume her.

Einer ihrer größeren Kunden war die Hornschuch-Gruppe mit Stammsitz in Weißbach bei Heilbronn (1.500 Mitarbeiter, fast 300 Millionen Euro Umsatz). Hornschuch ist ein weltweit tätiger "Oberflächen-Spezialist", der Folien und beschichtete Trägermaterialien für viele Industriezweige von Möbel- bis Bauindustrie sowie auch für Endverbraucher herstellt.

Die Weißbacher gehören mehrheitlich der Private-Equity-Gesellschaft Equistone Partners und sind auf Expansionskurs. Dabei wollen sich auch das Era-Werk ausbauen. "Dabei bleiben alle Arbeitsplätze erhalten, anstehende Investitionen werden wie geplant durchgeführt", schreiben sie in einer Pressemitteilung. Das Werk wird in "Hornschuch Stolzenau" umbenannt, die Marke era fortgeführt. Klaus Lahmeyer bleibt – neben den Hornschuch-Leuten Jens Kleine und Lothar Machule – Geschäftsführer.

Jetzt kann die Ernstmeier-Gruppe alle Aufmerksamkeit auf den Standort Herford konzentrieren, an dem derzeit rund 170 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Die Kapazitäten sind allerdings nur unzureichend ausgelastet, zeitweilig – auch in diesen Tagen wieder – setzte der Betrieb das Instrument der Kurzarbeit ein. 2010 und 2011 wies Ernstmeier leichte Überschüsse aus; 2012 ist die "schwarze Null" nicht ganz erreicht worden, wie Geschäftsführer Peter Komp andeutet.
Eratex will seine starke Position im Geschäft mit Schleifmittelträgern behaupten, doch zugleich den Bereich "Technische Textilien" ausbauen, und zwar sowohl mit wasserlöslichen als auch mit lösungsmittelhaltigen Materialien. Dazu diente eine 4,2-Millionen-Euro-Investition 2010.

Derzeit wird die Installierung einer weiteren, mehrere Millionen Euro teuren Anlage für Technische Textilien, die "TT6", vorbereitet. Komp: "Die Genehmigungsverfahren laufen; das Projekt soll in ein bis zwei Jahren realisiert werden." Bis 2017 soll der Anteil an Technischen Textilien auf 50 Prozent anwachsen.
Im letzten Jahr hatte Ernstmeier sich von der traditionsgeschwängerten, aber seit langem defizitären Bucheinbandsparte getrennt.

Von Ernstmeier zu Equistone

Ernstmeier: Seit 1867 gibt es die Firma Ernstmeier, die unter der Marke Eratex in Herford Schleifmittelträger, Faltenbalgmaterial, Bautextilien und Silikonbeschichtungen herstellt. 1964 entstand für die Automobil-Sparte die Era-Beschichtung in Stolzenau. Eratex gehört zu 75 Prozent den Erben des kürzlich verstorbenen Peter Ernstmeier, zu 25 Prozent der Dieter-Ernstmeier-Stiftung.

Hornschuch: Die Gruppe ist ein weltweit führender Hersteller von Folien und beschichteten Oberflächen unter anderen für Möbel-, Bau- und Automobilindustrie mit Wurzeln im Hohenloher Land.

Equistone Partners zählt sich zu den führenden europäischen Private-Equity-Gesellschaften und ist seit 1998 in Deutschland vertreten. Ihr Portfolio umfasst europaweit rund 60 Gesellschaften, darunter die Hornschuch-Gruppe, zu der jetzt Era gehört.