HERFORD

Linienbusse erschüttern Fachwerkhaus

Haus der Familie Streuber an der Elisabethstraße muss gesichert und saniert werden

Die schweren Busse des Stadtverkehrs erschüttern die historischen Häuser an der Elisabethstraße in den Grundfesten. Das Haus Streuber wird nach der Sanierung wieder im originalen Farbton Grün mit weißen Fächern erscheinen. |

21.09.2012 | 21.09.2012, 00:00

Herford. Es gehört mit seiner farbenprächtigen Haustür zu den schönsten Gebäuden in der Stadt: das geschichtsträchtige, Ortsbild prägende Fachwerkhaus der Familie Streuber an der Elisabethstraße 11. Nun muss die Bausubstanz gesichert und die Fassade aufwändig saniert werden.

Kerstin Streuber führt die vor drei Jahren festgestellte Rissbildung am stets gepflegten Haus in erster Linie auf die Erschütterungen durch Linienbusse zurück, die sich nach ihrer Feststellung seit der Einführung des Stadtbusses nach dem Rendezvous-Prinzip auf dem Alten Markt erheblich verstärkt haben. Dabei fahren die Busse in alle Richtungen zur gleichen Zeit ab.

Ingenieur Magnus Pamme vom Höxteraner Architekturbüro Lange leitet die Rettung des Hauses. Er führt auch die denkmalgerechte Sanierung der Villa Schönfeld mit dem Geld der Streuber-Stiftung aus. Schwingungsmessungen, Gutachten zu Untergrund und Statik gingen den Bauarbeiten voraus. Die Fassade hatte sich gesenkt und verschoben.

Die Gebäude im historischen Zentrum der Stadt stehen auf schwierigem, weil sandigem Boden. Umstritten ist, welche Rolle die Grundwasserabsenkung der vergangenen Jahrzehnte bei Bauschäden spielt.

Als erste Rettungsmaßnahme für das Haus Streuber wurde das Fundament mit Hilfe von Kunstharz gefestigt. In der vergangenen Woche hat die Sanierung der Fassade begonnen. Der vorhandene Zementputz der Gefache wurde abgeschlagen und wird in denkmalgerechter Weise durch einen homogenen Kalkputz als historisch richtigem Baustoff ersetzt. Schäden an der Holzkonstruktion ersetzt man durch gleichartige Einbauten.

"Acht bis zehn Schichten Farbe haben wir auf dem Holz entdeckt", sagt Kerstin Streuber. Die müssen abgetragen werden, um dem Holz Luft zu verschaffen. Am Ende wird nach altem Vorbild und in Absprache mit dem Denkmalschutz Leinölfarbe, die das Holz atmen lässt, aufgetragen. Beigemischt werden wie früher grüne Pigmente.

Vor dem Winter soll dieser erste Bauabschnitt der Sanierung abgeschlossen sein. Kerstin Streuber rechnet mit 42.000 Euro Kosten für die Stabilisierung des Fundaments und 100.000 Euro für die Fassade. Die Fördertöpfe von Land und Stadt sind leer, einen Zuschuss hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in Aussicht gestellt.

Das Haus wird - die Kinder des Ehepaares Fritz jun. und Kerstin Streuber mitgerechnet - in der vierten Generation von der Familie bewohnt.

Doch seine Geschichte reicht weiter zurück. Das Gebäude wurde nach Recherchen von Christoph Laue vom Kommunalarchiv in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf dem Gelände der Fürstabtei - der abteilichen Freiheit - an Stelle eines älteren Hauses errichtet. Es war wahrscheinlich das Kanzleigebäude der Fürstabtei oder der Sitz des Kanzleirats. 1789 wird ein "Kanzleirath Heinrich Vogel Punge" als Bewohner urkundlich erwähnt. Die Familien Vogel und Punge sind alte Herforder Familien.

Nach der Auflösung der im Mittelalter reichsweit bedeutenden und mächtigen Abtei und der Verstaatlichung ihres Besitzes hat Vogel Punge wohl 1805 das Haus selbst gekauft. Seine Nachfahren wohnten hier, bis es 1897 von Schlossermeister Fritz Streuber gekauft wurde.

Fritz Streuber hatte 1892 das ab 1929 SULO (Streuber und Lohmann) genannte Unternehmen gegründet. Sein Sohn, Jahrgang 1926 und ebenfalls Fritz genannt, machte aus der Fabrik für diverse Stahlprodukte und Müllgefäße einen der größten deutschen Entsorgungsbetriebe mit bis zu 1.600 Mitarbeitern. Seit 1990 ist SULO nicht mehr in Familienbesitz.

Mit seiner Frau gründete er die Grace-und-Fritz-Streuber-Stiftung, deren Vorsitz heute seine Schwiegertochter Kerstin hat. Schon zuvor war er als Förderer von Stadt und Kirchengemeinde hervorgetreten. So finanzierte er im Gedenken an die große Äbtissin und Namenspatronin der Straße die Elisabethstele am Münsterkirchplatz - just gegenüber dem Haus, in dem er aufgewachsen ist.