HIDDENHAUSEN

Alkoholabhängig und aggressiv

Babymord: Täter war vermutlich in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt

06.06.2012 | 06.06.2012, 00:00

Hiddenhausen/Bielefeld. Als der 28-jährige Sascha G. seinen zehn Monate alten Sohn am 19. November 2011 kurz vor Mitternacht durch an Brutalität kaum zu übertreffende Misshandlungen tötete, war er in seiner Steuerungsfähigkeit möglicherweise erheblich eingeschränkt.

Zu diesem Ergebnis gelangte gestern bei der Fortsetzung des Prozesses gegen G. vor dem Bielefelder Schwurgericht der Psychiater Dr. Gerhard Dankwart in seinem Gutachten. Als Gründe für seine Einschätzung nannte der Sachverständige die akute Alkoholisierung des alkoholabhängigen Angeklagten zur Tatzeit (1,62 Promille) in Verbindung mit dessen zu impulsiv-aggressiven Handlungen neigender Persönlichkeit. Wie berichtet, war Sascha G. nur wenige Wochen vor dem Mord an dem Baby selbst Opfer eines Verbrechens geworden.

Der Täter hatte Sascha G. mit Schlägen und Tritten schwere Kopfverletzungen zugefügt. Diese hätten aber keine Auswirkungen auf die Schuldfähigkeit G.s gehabt, erklärte Psychiater Dankwart. Die zahlreichen Vorstrafen des 28-Jährigen seien Anzeichen von "Kriminalität als eingeschliffenem Verhaltensmuster".

Der Sachverständige sprach sich für die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt aus. Eine Therapie würde mindestens zwei Jahre dauern, beantwortete der Psychiater die Frage der Vorsitzenden Jutta Albert. Sollte das Gericht dem Gutachten folgen, könnte G. im Falle einer Verurteilung wegen Mordes mit einer zeitlich begrenzten anstatt der lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen.

Bevor die Schwurgerichtskammer das Gutachten entgegen nahm, hörte es mehrere Zeugen. Der Kripobeamte Bernd W. (56) hatte Sascha G. am Tag nach der Tat zwei Mal vernommen. Zuerst habe der Angeklagte versucht, das Geschehen als Unglücksfall darzustellen. Bei der zweiten Vernehmung habe er dann, mit dem Ergebnis der Obduktion konfrontiert, die Faustschläge eingeräumt. Eindruck des Zeugen damals: "Er wollte das unbedingt loswerden".

Der Zeuge Andreas B. (52) war Mitbewohner und Zechkumpan des Angeklagten. In den letzten Stunden vor der Tat habe man gemeinsam fast eine ganze Flasche 54-prozentigen Rum geleert, berichtete er.

Mit den Worten "Mein Kind atmet nicht mehr!" habe G. ihn in der Nacht geweckt.

Der Prozess wird am 19. Juni fortgesetzt.