HERFORD/BIELEFELD

Erst Raubopfer, dann Täter

Angeklagter räumt Raubüberfall auf mutmaßlichen Mörder Sascha G. ein

24.04.2012 | 24.04.2012, 00:00

Herford/Bielefeld. Gleich zwei Mal binnen weniger Tage muss der 28-jährige Herforder Sascha G. vor dem Bielefelder Landgericht erscheinen: Am 7. Mai als Zeuge und körperlich schwer gezeichnetes Opfer eines Raubdeliktes, am 16. Mai als Angeklagter und mutmaßlicher Mörder seines zehn Monate alten Sohnes. Vor der IX. Großen Strafkammer begann gestern der Prozess gegen den Mann, der Sascha G. am 23. Oktober 2011 Jahres beraubt haben soll.

Es handelt sich um den 32-jährigen Till O. aus Vlotho, dem die von Staatsanwalt Eckhard Hoffmann vertretene Anklage schwere räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung vorwirft. Demnach soll es am Tattag zwischen den Männern, die offenbar beide der Herforder Drogenszene angehörten, in der Nähe des Bahnhofs zu einem anfangs nur verbalen Streit gekommen sein.

Sascha G. wollte sich entfernen, wurde aber von Till O. verfolgt und mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt. Dann soll der Angeklagte seinem Kontrahenten zwei Tritte gegen den Kopf versetzt haben. Das Opfer erlitt schwere Schädelverletzungen. Unter anderem einen Jochbeinbruch, der in einer Spezialklinik operiert werden musste. G. wurde unter dem Auge eine Titanplatte in den Gesichtsknochen eingesetzt. O. soll dem Verletzten das Handy und 14 Cent (!) Kleingeld weggenommen haben. Zeugen hinderten den Angeklagten an der Flucht und übergaben ihn der Polizei.

Zu Prozessbeginn gab Till O. über seinen Verteidiger Sven Peters eine Erklärung ab, die einem Geständnis gleichkommt. Darin ging er auch auf das Motiv für die Tat und ihre Vorgeschichte ein. Nachdem die Beziehung zu einer jungen in Süddeutschland lebenden Frau an seinem Alkohol- und Drogenkonsum gescheitert war, kehrte O. nach Herford zurück. Dort suchte er Bekannte auf, mit denen er stundenlang Wodka getrunken haben will und bei denen im Laufe der Nacht auch Sascha G. vorübergehend auftauchte.

Die Sauftour habe er ab 3 Uhr früh an einer Tankstelle mit einigen Russen fortgesetzt, mit denen er auch Drogen konsumiert habe, heißt es in der Erklärung weiter. In Bahnhofsnähe sei ihm dann zum zweiten Mal an jenem Tag Sascha G. begegnet. Der Jüngere habe ihn beleidigt. Er sei ohnehin wütend auf G. gewesen, weil der ihn früher "abgezogen" habe. Weiter räumt der Angeklagte, der bei seiner Festnahme mit 1,7 Promille unter Alkohol stand, die Misshandlungen ein.

Die Erklärung schließt mit den Worten: "Ich übernehme die volle Verantwortung für die Tat". O. entschuldigt sich, gelangt zu dem Ergebnis, dass er Hilfe benötige, um sein Leben zu ändern, und bittet um eine Therapie. Fragen wolle sein Mandant zurzeit aber nicht beantworten, erklärte Peters.

Die Vertreter des Nebenklägers Sascha G., die Anwälte Christian Thüner und Deborah Weinert, überreichten dem Gericht Fotos des Opfers, auf denen die Gesichtsverletzungen dokumentiert sind. Danach wurde der Prozess bis zum 7. Mai unterbrochen