HERFORD

Geldsegen für die Presbyterien

Die Synode stärkt die finanzielle Eigenständigkeit der Kirchenbasis

Die Abgeordneten der Kirchengemeinden dachten über die Verwendung der im vergangenen Jahr öffentlich gemachten 48 Millionen Euro Sondervermögen des evangelischen Kirchenkreises nach. | © FOTO: FRANK-MICHAEL KIEL-STEINKAMP

04.07.2011 | 04.07.2011, 00:00

Herford. In großer Einmütigkeit hat die Synode des evangelischen Kirchenkreises erwartungsgemäß erste Beschlüsse zur Verteilung des jetzt 48 Millionen Euro umfassenden Sondervermögens gefasst. Zugleich leitete sie eine Debatte über die Zukunft der Finanzgemeinschaft und über ethische Anlageformen ein.


Der Finanzausschuss hatte gut gearbeitet: In vielen Gesprächen erkundeten dessen Vorsitzender Olaf Reinmuth und seine Mitstreiter Stimmungen und Meinungen in den 20 Kirchengemeinden. Das Gehörte fassten sie in Vorschlägen zusammen, die von der Synode am Freitag zügig mit sehr großen Mehrheiten, teils einstimmig, übernommen wurde.

Einziger ernsthafter Streitpunkt war die Frage einer möglichen Verschiebung aller Finanzentscheidungen: "Wir haben keine Eile und sollten uns bis zum nächsten Jahr Zeit lassen", empfahl Berufsschulpfarrer Dr. Gerhard Dieckmeyer. "Die Gemeinden bekommen jetzt doch schon 1,1 Millionen", meint Pfarrerin Sigrun Potthoff.

Andere führten mögliche Rückforderungen und Entschädigungen ins Feld. "Das können wir alles in Ruhe in der Finanzgemeinschaft behandeln", rät Gemeindepfarrer Berthold Keunecke.

Doch die große Mehrheit wollte, wie vom Finanzausschuss vorgeschlagen, zunächst zehn der 48 Millionen auf die Gemeinden aufteilen, die die Zinsen daraus fünf Jahre lang komplett ohne Inflationsausgleich ausgeben dürfen. "Die Gemeinden warten auf das Signal", sagt Pfarrer Kai-Uwe Spanhofer (Hiddenhausen). "Der Vorschlag scheint mir sehr gut gedacht, wir legen damit nichts auf Dauer fest", meint Eckhard Koch (Enger).

"Wir in den Gemeinden bekommen so mehr Verantwortung - das ist genau, was wir wollten", bekräftigt Katarina Kenter-Töns (Herford). Johannes Beer (Herford) verweist auf Presbyterien, die "ungeduldig darauf warten, mehr entscheiden zu können" - auch über die Anlageformen, wie Pfarrer Gerhard Tebbe (Rödinghausen) anmerkt.

Am Ende machten sich in der Abstimmung etwa 25 der knapp 140 Synodalen dafür stark, zunächst das ganze Geld in der Gemeinschaft zu behalten. Die anderen stimmten für die Verteilung Einstimmig war zuvor beschlossen worden, 1,1 Millionen Euro aus dem (Zins-)Überschuss des Jahres 2010 auf die20 Gemeinden und einige Synodale Dienste u verteilen.

Für einige Synodale ist das nur ein Zwischenschritt. Schon nach der Sparsynode 2004, erinnert Reinmuth in einem Zwischenbericht zur Weiterentwicklung der Finanzgemeinschaft, haben die Gemeinden Kürzungen durch selbst eingeworbene Geldmittel ersetzt und für von ihnen ausgewählte Zwecke bereitgestellt. Reinmuth: "Diese neue Form von Selbstständigkeit sollte erhalten, möglicher Weise kann sie ausgebaut werden".

Im Extremfall würden die Presbyterien die ihrer Gemeinde zustehende Kirchensteuer komplett in Eigenregie bewirtschaften, von Küsterdienst, Kirchenmusik und Gebäudebewirtschaftung bis zu Jugendarbeit und sogar Pfarrstellen. Allerdings sind auch Zwischenlösungen mit "Teil-Budgetierungen" möglich. Ohnehin haben viele Synodale mit der Finanzgemeinschaft gute Erfahrungen gemacht - schon lange vor dem unverhofften Geldsegen, den sie ihnen jetzt beschert hat.

Reinmuth will bis zum Jahreswechsel drei Modelle durchrechnen lassen und der Basis zur Diskussion vorlegen. Den Segen der Synode hat er dafür.

Ein Arbeitskreis des Finanzausschusses wird sich im Auftrag der Synode außerdem mit der Frage beschäftigen, wie die Rücklagen des Kirchenkreises ethisch - und trotzdem möglichst sicher und rentabel - angelegt werden können.

Ex-Arbeitsamtschef berät Kirche bei Härtefällen

Herford. Mit Hilfe des früheren Arbeitagentur-Chefs Dr. Thomas Baecker will der Kirchenkreis die Frage von Entschädigungen für vom Personalabbau nach der "Blutsynode" 2004 Betroffenen klären. Ein Rechtsanspruch bestehe nicht. Superintendent Michael Krause und der Kreissynodalvorstand (KSV) kündigen jedoch eine "Einzelfallbetrachtung" an.

Weil nicht genug Geld da sei, war 2004 Mitarbeitern der Kirche gekündigt worden, für andere waren Stundenkontingente und damit Einkommen gekürzt worden. Dass doch Geld da gewesen wäre, hat Betroffene ebenso wie viele Synodale empört. Seither wird über versöhnliche Gesten und Wiedergutmachungen nachgedacht. Behandelt wird das Thema unter dem Stichwort "Umgang mit Härtefällen". Krause gab jetzt vor der Synode einen Zwischenbericht.

Rasch war klar, dass es rechtliche Verpflichtungen für Wiedereinstellungen oder zusätzliche Abfindungen nicht gibt. Doch Krause und der von ihm geleitete Kreisynodalvorstand (KSV) wollen sich damit nicht zufrieden geben. Nach Gesprächen mit Betroffenen nahmen sie sich vor, jeden Einzelfall zu prüfen. Das soll diskret, vertraulich, ohne Öffentlichkeit _ aber mit Hilfe einer Vertrauensperson von außen _ in einem kleinen Kreis geschehen. Den "Blick von außen" soll Ex-Arbeitsagenturchef Thomas Baecker einbringen Synodalassessor und Sozialpfarrer Holger Kasfeld vertritt den KSV. Die Synode stimmte dem Vorgehen einmütig zu