Herford. Das Jahr 1963: Für Nuri Ay war es der Beginn "eines großen Abenteuers" als er aus der anatolischen Stadt Sivas nach Köln kam, um bei Ford am Fließband Autos zusammen zu bauen. Eigentlich wollte der heute 70-Jährige nur kurz bleiben, doch der gelernte Kellner ist - bis auf kurze Unterbrechungen - immer noch hier.
"Ich habe in Herford meine zweite Heimat gefunden", sagt Ay. Vier Wochen Urlaub in der Türkei reichten, da hatte er seine Frau Hamide (heute 64) kennengelernt und sie geheiratet. Als Ehepaar kamen sie 1965 zurück nach Lauf an der Pegnitz (bei Nürnberg).
Dort arbeitete das Ehepaar Ay in einem Elektrobetrieb, die beiden Kinder Semra und Semih wurden geboren. 1969 gingen die Ays noch einmal zurück nach Sivas.
"Aber wir konnten damals wegen der politischen Situation nicht dort bleiben und uns selbstständig machen", sagt der überzeugte Sozialdemokrat.
1971 bewarb sich Hamide Ay auf ein Stellenangebot bei der Hemdenfabrik Elsbach und die Familie zog kurz darauf nach Herford. Nuri Ay fand einen Job in der Metallfirma Feldhoff, 1973 wurde Tochter Semay geboren. 1978 eröffneten die Ays ein Reisebüro an der Bielefelder Straße. Doch es lief nicht wie erwartet.
"Deshalb haben wir uns die Fähigkeiten meiner Frau zunutze gemacht und 1979 eine Änderungsschneiderei an der Bügelstraße eröffnet", sagt Ay. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Nuri und Hamide fühlten sich wohl und schnell integriert in die Herforder Gesellschaft.
"Wir konnten unseren Kindern hier viel mehr bieten als in der Türkei", sagt Vater Ay. Tochter Semra studierte Psychologie, Semay ist heute Modedesignerin und Sohn Semih arbeitet in einer Druckerei. Semra hat trotz Psychologiestudiums 1996 inzwischen an die Rennstraße umgezogene Schneiderei übernommen. "Als Psychologin kommt meine Tochter besser mit den Kunden zurecht", scherzt Nuri Ay.
Er und seine Frau sind inzwischen nach Bad Salzuflen umgezogen, aber ihr Herz schlägt immer noch für Herford. "An dieser Stadt und unserem Geschäft hängen so viele schöne Erinnerungen", sagt Ay, der sich in Herford nie als Ausländer gefühlt hat. Er hat sich lange im Ausländerbeirat engagiert, war Vorsitzender des türkischen Sportvereins. Die Zeit in Herford ist schnell vorbei gegangen.
Seit 30 Jahren ändern die Ays inzwischen Kleidung und sind inzwischen auch zu Modeberatern unsicherer Kunden avanciert.
Nuri und Hamide Ay haben sich inzwischen aus dem Geschäft zurück gezogen. Vater Ay hält sich mit Sport fit, hat sogar im vergangenen Jahr den Istanbul-Marathon mitgemacht.
Als Jubiläumsangebot gibt die Schneiderei Ay allen Kunden vom 14. bis 23. Dezember Rabatt auf alle Änderungsaufträge.