Ein Stück Zeitgeschichte: Doku über Herforder Jaguar Club im Fernsehen

Herford. &bdquo;Die Bands brachten außer ihrer Musik auch ihren ganzen kulturellen Hintergrund mit. Das war praktisch wie eine Öffnung – ein Fenster öffnete sich für die Welt“ – so erinnert sich Atzen Wehmeyer an den Herforder Jaguar Club. Der Musiker ist einer der Zeitzeugen und Zeitzeuginnen, der in der Doku &bdquo;Die Beat-Rebellen von Herford“ zu Wort kommt. Zu sehen ist sie am Mittwoch, 14. August, im WDR-Fernsehen. Der Film ist eine für das Fernsehen überarbeitete Version des Films &bdquo;Als der Jaguar nach Herford kam“. Der war im November 2019 im Capitol-Kino zu sehen, später auch in Bielefeld, Münster und München. &bdquo;Gesehen haben den Film über 1.200 Menschen“, sagt der Bielefelder Regisseur Rainer Bärensprung, der den Film mit seinem Sohn Robin Epkenhans realisierte: &bdquo;Das Interesse war riesig. Leider konnten wegen Corona weitere Vorführungen nicht mehr stattfinden.“ Lesen Sie auch: &bdquo;Jaguar-Club“: Der legendäre Herforder Musikclub erobert die Kino-Leinwand Kurzerhand bot er den ursprünglich rund 130 Minuten langen Film dem WDR an. &bdquo;Der Sender war begeistert von diesem Stück bewegter Zeitgeschichte. Allerdings musste der Film überarbeitet werden, um ins Sendeschema zu passen.“ Die TV-Version ist 40 Minuten kürzer als die Ursprungsfassung, enthält aber neues Material. Fast alle angesagten Bands traten in Herford auf Da es sich nun um eine Produktion für den WDR handelt, konnte Bärensprung auf Archivmaterial des Senders mit Aufnahmen von Bands zurückgreifen, deren Musikrechte vorher unbezahlbar gewesen wären. &bdquo;Der WDR hatte selbst einige Male im Jaguar Club gedreht und Jahre nach dessen Aus ein Interview mit der Betreiberin Carola Frauli geführt“, sagt Bärensprung. Auch das Material konnte er nutzen. Frauli erinnert sich an die Ablehnung, die dem von 1966 bis 1969 in der Scala, einem ehemaligen Kino an der Mindener Straße 38, ansässigen Jaguar Club und den Konzerten internationaler Musikgrößen damals entgegen schlug. Das Anregen zu &bdquo;unsittlichem Verhalten“ war noch ein eher harmloser Vorwurf. Lesen Sie auch: Herforder Jaguar-Club-Gründerin Carola Frauli ist tot Auch durch Kontakte zum Beat-Club bei Radio Bremen war es Frauli gelungen, bis auf die &bdquo;Beatles“ und die &bdquo;Stones“ fast alle damals angesagten Bands von &bdquo;The Spencer Davis Group“, &bdquo;Cream“ mit Eric Clapton“, &bdquo;Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich“ bis zu Jimi Hendrix und &bdquo;The Who“ nach Herford zu holen. Wie viele andere Musiker aus der Region konnte Wehmeyer mit seiner damaligen Band &bdquo;Missus Beastly“ im Vorprogramm einer internationalen Band – &bdquo;Ohio Express“ aus den USA – auftreten. Solche Gelegenheiten seien ein Riesenschub für die lokale Szene gewesen. Herforder Unternehmen mogelte sich in den Club hinein Bärensprung und Epkenhans geht es nicht nur um die Musik. In Interviews blicken Männer und Frauen auf ihre 1960er-Jahre in Herford zurück. So entsteht ein facettenreicher Blick in eine durch das Aufbegehren gegen gesellschaftliche Zwänge gekennzeichnete Zeit. Unternehmer Heiner Wemhöner war damals zu jung, um in die Scala zu dürfen. Er erinnert sich, wie er sich das Geld für die Tickets ersparte und sich in den Club mogelte. Aber auch an den Musiklehrer am Friedrichs-Gymnasium, der ihn wegen schlechter Gesangsleistungen als &bdquo;Du mit Deiner Beat-Fresse“ beleidigte. An einen Kneipenabend mit Alexis Korner nach dessen Konzert erinnert er sich deutlich positiver. Lesen Sie auch: Film über legendären Herforder Jaguar-Club wird von Scorpians-Star unterstützt Andere Zeitzeugen erinnern sich, dass es für &bdquo;Langhaarige“ im abendlichen Herford anders als in Großstädten, wo sich die Szene &bdquo;verlief“, auch schon mal gefährlich werden konnte und körperliche Züchtigung (Kopfnüsse am Friedrichs, Rohrstock im Elternhaus) noch üblich war. Rocker hatten zeitweise im Jaguar Club Hausverbot Zu Wort kommt auch der 2020 verstorbene Hans Jürgen Ritschel. Der lebte seinen Drang nach &bdquo;Freiheit“ als Teil der Rockergruppe &bdquo;JC 66“ aus, die damals zum Schrecken auf Volks- und Schützenfesten wurde. Das Kürzel blieb als Tattoo sein lebenslanger Begleiter und stand natürlich für Jaguar Club, auch wenn die Rocker dort zeitweise Hausverbot hatten. Rosi Steinmeier und Angelika Sacher erinnern sich, wie sie ihre Zigaretten in Plastiktüten im Boden vergruben, damit die Eltern nichts mitbekamen, an kurze Röcke und erste Kontakte zu den Jungs. Sacher träumte vom Beruf der Bühnenbildnerin, aber schon das Wegziehen zum Studium hätten die Eltern ihrer &bdquo;für die Großstadt zu jungen“ Tochter wohl verboten. Immerhin gab es das Stadttheater zum Gucken und den Jaguar Club, der die Welt nach Herford holte und die Provinz erträglich machte. Lesen Sie auch: Beat-Club-Moderatorin erzählt vom Jaguar-Club in Herford &bdquo;Ob die langen Haare wohl politisch waren?“, fragt sich der Schriftsteller Gerd Rübenstrunk, der in Gelsenkirchen geboren wurde, aber die 1960er in Herford miterlebte. Er erinnert an die Rote-Punkt-Aktion im April 1970, also nach dem Aus des Jaguar Clubs. Damals stießen Jugendliche eine Protestaktion gegen Fahrpreiserhörungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) an und organisierten ein kostenloses Alternativangebot in Privatfahrzeugen. Film ist ab 7. August in der Mediathek zu sehen Die Aktion war so erfolgreich, dass die Preiserhöhungen zurückgenommen wurden. Möglicherweise sei das Politische damals naiver gewesen als es im Nachhinein scheine, sinniert Rübenstrunk, aber &bdquo;die naive Lust am Aufbruch würde uns heute gut tun“. Der Film ist am Mittwoch, 14. August, im WDR-Fernsehen zu sehen und bereits eine Woche vorher in der ARD-Mediathek abrufbar.

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