„Eine der dreckigsten Branchen, die es gibt“: Herforder Modefirma Brax zu Nachhaltigkeit

Herford. Für den einen ist Mode ein Ausdrucksmittel der eigenen Persönlichkeit, andere tragen Kleidung passend zur Stimmung und immer noch werden Textilien viel zu oft als Wegwerfartikel behandelt. &bdquo;Fast Fashion“ hat massive ökologische und soziale Auswirkungen. Der Gegentrend heißt &bdquo;Slow Fashion“ und ist ein bewussterer Umgang mit Mode. Damit weniger Textilien zu schnell in der grauen Tonne landen, tragen nicht nur die Modeunternehmen selbst, sondern auch der Konsument viel Verantwortung. &bdquo;Für uns ist Nachhaltigkeit kein Marketing-Thema“, sagt der Unternehmenssprecher von Brax, Marc Freyberg. Er weist das so genannte &bdquo;Green Washing“ vom Herforder Bekleidungshersteller weit von sich. &bdquo;Wir gehen das Thema seit 2007 richtig an“, sagt Freyberg, der Nachhaltigkeit als Drei-Säulen-Modell beschreibt. Soziale Arbeitsbedingungen, Ökologie (Chemie, Wasser, Energie) und Ökonomie (das nachhaltige Wirtschaften) müssen dafür in der Balance sein. Freyberg: &bdquo;Das Thema lässt sich nur transformieren, wenn alles im Einklang ist.“ Lesen Sie auch: Meinung: Machen Apps süchtig? Weg von der Wegwerfmode Wie wichtig Brax Nachhaltigkeit ist, begründet der Sprecher damit, dass die Abteilung rund um Qualitätssicherung, Verantwortung und Nachhaltigkeit direkt unter der Geschäftsführung angesiedelt ist. Als Leiterin hat Brax Tanja Kliewe-Meyer gewinnen können. Die Modedesignerin und Unternehmerin hat sich mit dem eigenen Label &bdquo;Like a bird“ einen Namen gemacht. &bdquo;Meine Marke war komplett nachhaltig aufgebaut“, sagt Kliewe-Meyer, die am 1. April bei Brax angefangen hat. Zu viel Überhang, zu viel Müll &bdquo;Die Modebranche ist eine der dreckigsten Branchen, die es gibt“, sagt sie. Getreu nach dem Motto &bdquo;heute im Trend, morgen im Müll“ handeln leider noch zu viele Konsumentinnen und Konsumenten. Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey aus dem Jahr 2022 produziert jeder Mensch in Europa im Durchschnitt mehr als 15 Kilogramm Textilmüll pro Jahr, bis 2030 könnte dieser Berg auf mehr als 20 Kilogramm pro Kopf anwachsen. Neben dem Überdenken des eigenen Konsumverhaltens gilt es aber auch für Unternehmen umzudenken und gegenzusteuern. Nach Angaben von Marc Freyberg werden rund 30 Prozent der Kleidungsstücke, die in Deutschlands Läden hängen, nicht verkauft. &bdquo;Das ist Überhang“, sagt er. Erst landeten diese Stücke vielleicht in einem Outlet, danach oftmals im Müll. Daher fange Nachhaltigkeit schon bei der Planung der Kollektionen an. Und auch mehr Treffsicherheit müsse es hier geben. &bdquo;Viele Artikel werden das Ladenlicht nie sehen“, sagt der Brax-Sprecher dazu. Das Ziel ist also: &bdquo;Den Wareneinsatz und die Kollektionen so zu planen, dass nicht mehr viel zurück kommt.“ &bdquo;Der Preis muss stimmen“ Die &bdquo;dreckige Modebranche“ befinde sich im Wandel. &bdquo;Das Bewusstsein hat sich zum Glück geändert“, sagt Kliewe-Meyer. Für die Kundinnen und Kunden spiele derzeit vermehrt die Zusammensetzung der Waren eine große Rolle. Stücke mit hohem Polyesteranteil bleiben vermehrt hängen. &bdquo;Die Nachhaltigkeit der Produkte steht bei den Kunden aber noch nicht an erster Stelle“, sagt Kliewe-Meyer. Es kann aber einen Ausschlag geben. &bdquo;Wenn der Preis stimmt, es also nicht teurer wird.“ Lesen Sie auch: So sieht es im Herforder Brax-Outlet aus Sie vergleicht diese Aussage mit Biofleisch: Auch hier wollen Verbraucher Ware kaufen, die unter fairen Bedingungen hergestellt worden ist. Wird es aber zu teuer, greift ein Großteil doch lieber zum Industrieprodukt. Und bei der Mode komme eine Sache noch hinzu: &bdquo;In erster Linie geht es um die Optik.“ Auch große Tragödien, wie der Brand in einer Textilienfabrik 2012 in Bangladesch, bei dem mehr als 100 Menschen gestorben sind, habe zum Wandel beigetragen. Wie so oft musste erst etwas passieren, damit ein Umdenken stattfindet. Kliewe-Meyer: &bdquo;Die Verantwortung der Branche liegt nicht allein hier vor Ort, sondern alle haben auch eine Verantwortung für die produzierenden Stätten weltweit.“ Allverfügbarkeit darf keine Selbstverständlichkeit mehr sein Brax selbst gibt im Jahr vier Kollektionen heraus - zwei große für Frühjahr/ Sommer und Herbst/Winter und zwei kleine. &bdquo;Unsere Basic-Artikel sind aber never out of stock, nie ausverkauft“, sagt Freyberg. Das seien etwa Hosen in &bdquo;ganz normalen Farben“, die der Konsument das ganze Jahr über nachfragt. Anders sieht es bei speziellen Prints oder Farben wie Pink, Orange oder Grasgrün aus. Freyberg fällt als Beispiel aus dem eigenen Haus eine Palazzo-Hose mit Blumenprint ein. &bdquo;Die gibt es nicht unendlich.“ Das sei im Sinne der Nachhaltigkeit, kann aber auch als Zeichen von Exklusivität gewertet werden. Der Konsument, aber auch die Händler, müssen &bdquo;umerzogen“ werden. &bdquo;Die Allverfügbarkeit darf keine Selbstverständlichkeit mehr sein. Das muss sich ändern“, sagt Freyberg, der das auf verschiedene Bereiche des Lebens ummünzt. &bdquo;Warum muss es Erdbeeren im Winter zu kaufen geben?“ Hier sei ganz klar die Gesellschaft gefordert: &bdquo;Die Veränderung kann kein Unternehmen alleine schaffen.“

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