„Fühlen uns aufgeschmissen“: Eltern beklagen viele Gruppenschließungen in Herforder Kita

Herford. Die Zahlen sind alarmierend. Viele Kitas in OWL sind von einem Regelbetrieb weit entfernt. Die Meldungen zu personellen Unterbesetzungen in Kindertagesstätten haben sich im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. In einer Herforder Einrichtung geht es soweit, dass Elternteile sogar um ihren Job bangen. Zum wiederholten Male werden sie gebeten, ihren Nachwuchs früher abzuholen, oder dürfen ihn gar nicht erst in die Betreuung geben. Da die Informationen extrem kurzfristig sind, gebe es kaum Chancen, seinen Arbeitgeber frühzeitig in Kenntnis zu setzen, kritisiert eine Mutter. Jana Ritter (Name geändert, der Redaktion aber bekannt) berichtet von regelmäßigem Chaos in der Kita. &bdquo;Als Elternteil und vor allem als arbeitendes Elternteil ist man ganz schön aufgeschmissen“, sagt sie im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Sie und ihr Mann sind beide berufstätig. &bdquo;Das macht es noch komplizierter.“ Vor allem, weil die Informationen der Kita, die in der Trägerschaft des Kirchenkreises Herford liegt, oftmals äußerst spontan seien. Ritter legt als Nachweis eine Nachricht vom 19. März des Kita-Teams vor. Um 10.21 Uhr erreicht sie die Information, dass eine der drei Gruppen schon um 12 Uhr schließen muss, die anderen beiden um 15 Uhr. Es sei nicht ausreichend Personal vor Ort, um einen Nachmittagsbetrieb aufrecht erhalten zu können, schreibt die Kita. Die Verantwortlichen bitten um Verständnis. Das hätte Ritter durchaus, wenn sie merken würde, dass etwas passiert. &bdquo;Doch was bleibt ist die Angst um den eigenen Arbeitsplatz. Und das ständige, morgendliche Gefühl wieder Hiobsbotschaften vom Kindergarten zu erhalten“, fasst sie die Stimmung mehrere Elternteile zusammen. &bdquo;Spontane Erkältungswellen lassen sich nicht planen“ Nach Angaben des Kirchenkreises Herford ist die Kita Mittendrin aufgrund Personalmangels in diesem Jahr noch nicht vollständig geschlossen worden. Auf Krankheitswellen habe die Einrichtung mit Notgruppen und einzelnen Gruppenschließungen reagieren müssen, heißt es vom Referat für Kindertageseinrichtungen im Kirchenkreis: &bdquo;Insgesamt mussten wir an 15 Tagen (Stichtag Freitag, 22. März) dieses Jahres Einschränkungen mit unterschiedlichen Maßnahmen vornehmen.“ Lesen Sie auch: Anwalt erklärt - So holen sich Eltern ihre Kitabeiträge zurück 52 Kinder verteilen sich auf drei Gruppen. Neben der Kita-Leitung sind zwei Inklusionsfachkräfte, eine Fachkraft für den Bereich Sprache, sieben pädagogische Fachkräfte und eine Praktikantin beschäftigt. Damit seien alle Stellen besetzt, teilt das Referat mit. Zu dem Vorwurf, warum die Mitteilungen so kurzfristig erfolgen und damit die Chance vertan wird, dem eigenen Arbeitgeber rechtzeitig Bescheid zu geben, sagen die Verantwortlichen: &bdquo;Wir versuchen vorausschauend die Woche zu planen, wenn wir von Krankmeldungen wissen, die längerfristig sind. Leider lassen sich spontane Grippe- und Erkältungswellen nicht planen und die Lücken lassen sich nicht immer kurzfristig mit Springerfachkräften füllen.“ Für die Eltern wird das zum Spießrutenlauf. &bdquo;Man blickt ständig auf das Handy und schaut, ob es neue Mitteilungen gibt“, sagt die Mutter von zwei Kindern. Beide Kinder besuchen die Einrichtung, allerdings in unterschiedlichen Gruppen. &bdquo;Dadurch treffen uns die Schließungszeiten doppelt“, sagt sie. Denn nach ihren Angaben werde der Personalengpass gruppenweise gelöst und nicht auf den sozialen Hintergrund oder den Arbeitsstatus der Eltern geachtet. Trotz geringerer Betreuungsleistung, Erstattungen gibt es nicht Nach Angaben des Kirchenkreises werde jeder Einzelfall geprüft und mit den Eltern kommuniziert. &bdquo;Situationsabhängig“ sei die Regelung zur Notgruppenbetreuung, heißt es. Generell richte sich der Träger bei Personalengpässen nach den Richtlinien des Landesjugendamtes. &bdquo;Der Elternbeirat wird über jede Maßnahme informiert, wir stehen grundsätzlich im engen Austausch. Die Kriterien werden gemeinsam mit dem Elternbeirat besprochen und können je nach Personallage und Betreuungsmöglichkeit variieren.“ Hingegen berichtet die Mutter von einer unfairen Behandlung bei der Bildung von Notfallgruppen. Hier würde die Schnelligkeit der Einzelnen siegen. &bdquo;Wer zuerst kommt, mahlt zuerst und bekommt dann einen Platz“, kritisiert Ritter. Den Unmut vieler Eltern würden die Angestellten der Kita mittlerweile zu spüren bekommen. &bdquo;Sie kriegen es ab, obwohl sie nichts dafür können. Ihre Arbeitsbelastung ist sehr hoch.“ Auch wenn es keine Betreuung gibt, zahlen müssen Eltern ihren Anteil dennoch. Auch eine Rückerstattung der Essensgelder gebe es im Normalfall nicht. &bdquo;Eine Schließung oder die Einrichtung von Notgruppen sind keine Gründe für Erstattungen“, sagt die Abteilungsleiterin Jugend bei der Stadt Herford,Tanja Stölting. Das sei in der Satzung so festgehalten. Hintergrund ist, dass die Elternbeiträge nur etwa 15 Prozent an den Betreuungskosten ausmachen. &bdquo;Das ist natürlich schwierig zu erklären“, räumt Stölting ein. Schließlich bekomme man zeitweise keine Leistung, müsse sie aber bezahlen. &bdquo;Als arbeitender Elternteil ist man aufgeschmissen“ Eine Kostenerstattung des Essensgeldes liege hingegen im Ermessen des jeweiligen Kita-Trägers, so Stölting. Sie mutmaßt, dass es bei kurzfristigen Erkrankungen wohl keine Erstattung geben wird. Schließlich seien die Lebensmittel dann schon erworben worden. Nach Angaben des Kirchenkreises Herford ergibt sich das Essensgeld aus Sach- und Personalkosten: &bdquo;Eine Erstattung ist daher nur für längere und angemeldete Fehlzeiten des Kindes über vier Wochen möglich.“ Um Geld gehe es Ritter nicht in erster Linie, sondern um mehr Zuverlässigkeit und Transparenz. &bdquo;Als berufstätige Eltern ist man ganz schön aufgeschmissen.“

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