46,5 Jahre beim gleichen Arbeitgeber: Urgestein der Herforder Kreisverwaltung geht

Kreis Herford. Norbert Burmann geht in den Ruhestand. Im Kreishaus können sich dem Vernehmen nach viele seiner Kollegen noch nicht so richtig vorstellen, wie es weitergeht, wenn der derzeitige Kreisdezernent nicht mehr da ist. Er selbst sieht das eher entspannt: &bdquo;Dann kommt eben jemand Neues, der meine Aufgaben übernimmt“, sagt Burmann pragmatisch. Der 65-Jährige macht nicht viel Aufhebens um seine Person. Allerdings wird im Gespräch über seine berufliche Laufbahn, die er mit seinem letzten Arbeitstag am 22. Dezember beenden wird, schnell klar, dass es sicherlich nicht mehr viele Mitarbeiter im Kreishaus gibt, die sich an eine Zeit ohne Norbert Burmann erinnern können. Schließlich ist es bereits 46,5 Jahre her, dass er als Auszubildender zum Verwaltungsfachangestellten hier anfing. Und er blieb – lediglich unterbrochen von der Zeit, in der er den Grundwehrdienst absolvierte. Wenn Burmann erzählt, wird deutlich, dass er in den vergangenen Jahrzehnten eigentlich immer an den Stellen in der Verwaltung war, wo die größten Herausforderungen gemeistert werden mussten. Ob schwierige interne Situationen, die großen Wellen des Flüchtlingszuzuges oder die Corona-Pandemie – Norbert Burmann stand in der Kreisverwaltung immer mit in der ersten Reihe, um diese Krisen zu managen, bis heute als Leiter des Dezernates III, Soziales. Abteilungs-Hopping in der Kreisverwaltung Zusätzlich hat Burmann in seiner Laufbahn auch fast alle anderen Bereiche der Kreisverwaltung gut kennengelernt. Denn nach seiner Dualen Ausbildung und dem Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung folgte ein &bdquo;Abteilungs-Hopping“. &bdquo;Das war damals noch Usus, dass die jungen Inspektoren alle zwei Jahre den Arbeitsplatz innerhalb der Kreisverwaltung wechseln sollten“, erinnert sich Burmann. Zunächst ging es für ihn in den Bereich der Zentralen Aufgaben – ganz genau ins Personalbüro des Kreiskrankenhauses. &bdquo;Das war damals noch viel stärker direkt an den Kreis gebunden“, erklärt Burmann. Danach ging es ins Ordnungsamt. &bdquo;Dort lernte ich viel über die Verwaltungsaufgaben im Rettungsdienst sowie im Feuer- und Katastrophenschutz. – Und ich sollte auch hierher zurückkehren.“ An der nächsten Station blieb Burmann länger – genauer gesagt zehn Jahre, bis 1999: das Sozialamt. In dieser Zeit wurde er auch zum Oberinspektor befördert, was dazu führte, dass er 1999 die erste Führungsaufgabe – nun wieder im Bereich des Ordnungsamtes – übernahm: das Ausländeramt. Mancher Fall aus dem Ausländeramt blieb in Erinnerung &bdquo;Hier war ich sehr nah an den betroffenen Personen dran, habe viele menschliche Schicksale miterlebt, die mir manchmal auch sehr nah gegangen sind“, erinnert sich Burmann an diese Zeit, in der viele Menschen aus Ex-Jugoslawien, aus dem Kosovo, in den Kreis Herford kamen. &bdquo;Ich erinnere mich noch gut an eine Frau, die mit ihren zwei Kindern hier war. Das Asylverfahren, mit Klage und allem ging so aus, dass sie wieder zurück musste. Wir haben sie dann zu einer zentralen Sammelstelle nach Bielefeld bringen müssen – die Frau sprach perfekt Deutsch, die Kinder waren sehr aktiv. Da fragte man sich schon, was mit denen passiert, wenn sie im Kosovo aus dem Flugzeug steigen.“ Was in diesem Fall passiert ist, weiß Burmann, der selbst verwitwet ist, zwei Kinder und drei Enkelkinder hat, bis heute nicht. Nach vier Jahren im Ausländeramt wechselte er 2003 zurück in den Bereich Soziales, wurde Leiter des Kreis-Sozialamtes. &bdquo;Parallel habe ich von 2005 bis 2007 die Arge, das heutige Jobcenter geleitet“, erzählt der 65-Jährige. &bdquo;Damals wurde dort die Geschäftsführung noch kommunal besetzt.“ Im Jahr 2007, Landrätin war zu dieser Zeit Lieselore Curländer (CDU), übernahm Norbert Burmann die Leitung der Abteilung &bdquo;Jugend, Schule und Kultur“ – auch das regionale Bildungsbüro gehörte zu seinen Zuständigkeiten. Und das war brisant. &bdquo;Das regionale Bildungsbüro erregte zu der Zeit überregionale Aufmerksamkeit, der Bereich wurde kritisch betrachtet, wegen meines Vorgängers. Ich sollte das alles wieder in geordnete Bahnen lenken“, umschreibt Burmann die damalige Situation. Konkreter gesagt stand der Verdacht der Untreue und des Betruges gegen Burmanns Vorgänger als Leiter des Bildungsbüros des Kreises Herford, Gerhard Engelking, im Raum. Im Jahr 2009 wurde sogar Anklage erhoben, das Verfahren Jahre später gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Betten über Betten mussten organisiert werden Und Norbert Burmann? – Der übernahm den kritisch beäugten Bereich und glättete die Wogen. Bevor er 2010 seine erste Dezernenten-Funktion übernahm. &bdquo;Als Ordnungsdezernent hatte ich das Straßenverkehrsamt, den Bereich Ordnung, das Veterinäramt, die Lebensmittelüberwachung und das Katasteramt zu verantworten.“ In dieser Funktion erlebte er auch den nächsten großen Flüchtlingszuzug im Jahr 2015. &bdquo;Hier haben wir als Kreisverwaltung erstmals bewiesen, dass wir flexibel Herausforderungen meistern können – ich sage ganz bewusst nicht Krisen.“ Fußböden in Sporthallen seien verlegt worden, das Jugendgästehaus in Rödinghausen wurde in Rekordzeit als Notunterkunft hergerichtet. &bdquo;Wir mussten Betten über Betten besorgen, Verpflegung organisieren und auch den Sicherheitsaspekt bedenken. Ich habe damals über einen längeren Zeitraum quasi nichts anderes gemacht.“ Besonders berührt habe ihn das bürgerschaftliche Engagement, sagt Burmann. &bdquo;Bevor der erste Bus ankam, hatten die Rödinghauser bunte Luftballons als Begrüßung in die Bäume gehängt. Es wurden Deutschkurse und Kleiderkammern organisiert. Ohne die Hilfe der Bürger hätten wir das damals nicht geschafft.“ Die nächste große Herausforderung: die Corona-Pandemie 2016 stand wieder ein Wechsel an, der letzte. Ende dieses Jahres übernahm Burmann den Dezernenten-Posten im Sozialen, den er bis heute inne hat und dem die Bereiche Jungend, Schule und Soziales unterstellt waren. Im Jahr 2019 kam dann noch die Zuständigkeit für das Gesundheitsamt hinzu. Wie es das Schicksal wollte, kurz vor der nächsten großen Herausforderung: die Corona-Pandemie. &bdquo;Anfang des Jahres 2020 hatten wir die ersten beiden Fälle“, erinnert er sich noch gut. Das sei ein Ehepaar gewesen, das aus Italien in den Kreis zurückgekommen war. &bdquo;Die beiden hatten keine Kontakte und hatten sich sofort isoliert. Das bereitete uns wenig Sorgen.“ Ganz anders wurde das, als Anfang März 2020 die Info über ein erkranktes Grundschulkind in Herford-Eickum die Kreisverwaltung erreichte. &bdquo;Da haben wir dann kurzerhand die Schule dicht gemacht“, so Burmann, der von März 2020 bis Ende Juni auch die Leitung des Krisenstabes übernahm, der aufgrund der Corona-Pandemie beim Kreis eingerichtet wurde. &bdquo;Ursprünglich hatten wir eine Pandemie gar nicht als erstes auf dem Zettel. Beim Katastrophenschutz war die Reihenfolge der erwartbaren Krisen Krieg, Naturkatastrophen und erst dann Tierseuchen oder Pandemien“, sagt Burmann. Die Corona-Zeit habe nach seiner Einschätzung im Kreishaus viel bewirkt: &bdquo;Wir hatten Krisenstabssitzungen freitags um 17 Uhr, dann wieder samstags und auch sonntags am Vormittag. Keiner hat gemurrt. Alle haben mitgezogen. Das war beeindruckend und hat das gesamte Haus sehr zusammengeschweißt.“ Das Laufen ist Norbert Burmanns Leidenschaft Und nun neigt sich die Zeit im Kreishaus für Norbert Burmann langsam dem Ende entgegen. &bdquo;Ich freue mich auf mehr freie Zeit, aufs ausgiebige Frühstücken, auf Unternehmungen mit meinen Enkelkindern. Aber komisch ist es auch irgendwie, ein bisschen unwirklich.“ Auch für seinen Sport wird Burmann mehr Zeit haben. Er ist begeisterter Läufer, legt zwei bis drei Mal pro Woche – meist vor dem Dienst – eine Strecke von zehn Kilometern zurück. &bdquo;Am Wochenende sind es auch mal 20 oder 30, und ich versuche, ein Mal im Jahr einen Marathon zu laufen.“ Auf Burmanns Besuchertisch im Büro steht schon das erste Abschiedsgeschenk – ein Mandarinenbaum von den Mitgliedern der Kreisgesundheitskonferenz. Dran gehängt haben sie zahlreiche Kärtchen, auf denen gute Wünsche stehen. &bdquo;Alle Tage Sonnenschein“ zum Beispiel. Oder &bdquo;Eine gute Zeit im Ruhestand“. Und eines ist klar, nach allem, was Norbert Burmann im Kreishaus bewirkt und gemeistert hat: Verdient hat er das alles.

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