Herforder Traditionsgaststätte schließt Ende September ihre Türen

Herford. "Unsere Gäste rennen uns die Bude ein", sagt Franz Sudy und schaut zu seiner Frau Reinhilde hinüber, die nickt. Beide freuen sich, dass ihr Eickumer Landhaus an der Diebrocker Straße 454 zwischen Herford und Bielefeld erfolgreich läuft und überregional Beliebtheit erlangt hat. Dennoch bewirten sie ihre Gäste letztmalig am 27. August. "Unser Mietvertrag läuft noch bis Ende September", sagt Reinhilde Sudy. Die 62-Jährige hat sich lange mit ihrem Mann und ihrer Tochter Rebecca beraten, ob sie den Mietvertrag verlängern sollen oder nicht, haben sich schließlich aber dagegen entscheiden. Zu dritt haben sie, zusammen mit drei festangestellten Mitarbeitern und sechs Aushilfen, ihr Restaurant geführt und ihre Gäste mit vorwiegend österreichischer Küche versorgt. Stets mit Herz, Kreativität und gelebter Gastfreundschaft, wie Stammgäste berichten. Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping" Mietvertrag läuft aus Franz Sudy erinnert sich mit einem Schmunzeln auf den Lippen an die Anfänge zurück. An den Zeitpunkt, als die österreichische Familie aus der Steiermark - ursprünglich für nur ein Jahr - nach Deutschland gehen wollte. Es waren familiäre Gründe: Eine Tante war vor Jahren schon nach Bielefeld gezogen und machte den Sudys den Mund wässerig, wie schön die Region doch sei. Aus einem Jahr wurden 43. Und Franz Sudy erinnert sich noch genau daran, als er das Eickumer Landhaus übernahm und darüber mit seinem Steuerberater sprach: "Pass bloß auf, auf dem platten Land kommt doch keiner in ein Gasthaus rausgefahren", soll er gesagt haben. "Da lag er aber mächtig daneben", lacht Sudy und freut sich über viele Stammkunden, die regelmäßig aus Bad Salzuflen, Werther oder Jöllenbeck kommen, um seinen Kaiserschmarren oder Zwiebelrostbraten zu genießen. Ganz zu schweigen von den Schnitzeln, für die das Eickumer Landhaus weit über Herfords Grenzen hinaus bekannt ist. Zurück in die Heimat Mit der Entscheidung, den Mietvertrag nicht zu verlängern, ist auch zeitgleich die Entscheidung gefallen, in die österreichische Heimat zurückzukehren. Immerhin haben die Sudys dort noch ein Haus, und auch die ganze Familie der damaligen Auswanderer ist dort noch fest verwurzelt und freut sich auf deren Rückkehr. "Der Abschied wird uns nicht leicht fallen", weiß Reinhilde Sudy bereits heute. Immerhin haben sie in Herford viele Freunde gefunden - auch unter ihren Stammgästen. "Irgendwie sind wir hier wie eine große Familie", sagt sie weiter. Doch der Wunsch, es zukünftig ruhiger angehen zu lassen und die Rente zu genießen, ist größer. "Wir sind ja auch nicht aus der Welt", ergänzt Franz Sudy und ist sich sicher, die Freundschaften auch länderübergreifend aufrecht erhalten zu können. Die Umzugsplanungen schreiten langsam aber sicher voran. Und klar ist, dass Franz Sudy auch in der neuen, alten Heimat einen Teich für seine Kois anlegen wird. Noch schwimmen die Zierkarpfen im Teich auf der Außenterrasse des Landgasthofs. Der letzte Öffnungstag wird der 27. August sein, danach werden noch Teile des Inventars, welches den Sudys gehört, verkauft. Ein Rezeptbuch zur Erinnerung Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betriebes haben alle bereits neue Arbeitsstellen gefunden. Auch das war den Sudys wichtig. Aufgrund des Personalmangels in der Gastronomie sei dies überhaupt kein Problem gewesen, denn gutes Personal werde schließlich überall mit Kusshand genommen. Insofern kann die beliebte Gastro-Familie guten Gewissens mit dem erfolgreichen Kapitel in Herford abschließen. "Wir haben lange überlegt, wie wir uns gebührend von unseren Stammgästen verabschieden können", berichtet Tochter Rebecca. Und so kam ihr die Idee, ein kleines Rezeptbuch mit den beliebtesten Gerichten, die im Eickumer Landhaus über den Tresen gingen, zusammen zu stellen. Um Danke zu sagen - und um in Erinnerung zu bleiben. Die Immobilie umfasst das Restaurant mit zwei Sälen und zwei Wohnungen auf einer Grundstücksfläche von rund 2.500 Quadratmetern. Der ursprüngliche Bau von 1920 wurde mehrfach verändert. Das Eickumer Landhaus ist auch beliebter Treffpunkt von Vereinen. Die Gaststätte war am 17. März Gegenstand der NW-Serie &bdquo;Mittwochrätsel“. Leser erinnerten daran, dass die frühere Gaststätte Heitlindemann auch das Elternhaus des Sängers und Schauspielers Gustav-Peter Wöhler ist, der hier womöglich erste Bühnenerfahrungen gesammelt hat. Elternhaus eines bekannten Schauspielers "Herr Wöhler hat uns vor Kurzem kontaktiert, als er von der Schließung erfahren hat", sagt Franz Sudy nicht ohne Stolz. Der Schauspieler möchte gerne ein Bild kaufen, welches im Eingangsbereich des Landgasthofs hängt und sein Elternhaus vor vielen Jahrzehnten zeigt. Sudy zwinkert: "Ich bin mir sicher, dass wir uns da schon einig werden". Wie es mit dem Eickumer Landhaus nun weitergehen wird ist auch schon bekannt. Die jesidische Schilan-Gemeinde aus Bad Salzuflen hat das Objekt bereits im Juli 2022 gekauft und soll zukünftig zum multikulturellen Treffpunkt werden.

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