Deshalb stehen so viele Läden in der Herforder Innenstadt leer

Herford. Der Wandel der Innenstädte ist unumgänglich. Großer Konkurrent für den stationären Einzelhandel ist nicht der nächste Laden, sondern das Internet, sagt Wirtschaftsförderin Lisa Kunert. Das hätten die Einzelhändler längst verstanden. Netzwerken ist gefragt. Doch trotz vieler Bemühungen stehen viele Geschäfte in der Innenstadt leer. Die Läden mit Ärzten oder Dienstleistern zu beleben oder stattdessen Wohnraum zu schaffen, hört sich zwar gut an. Einfach ist es aber nicht. Warum das so schwierig ist, zeigt ein Blick auf die Quadratmeterpreise. Die variieren in Herford stark. Das liegt nicht nur an der Lage, sondern auch am jeweiligen Geschäftstyp. Lisa Kunert zeigt eine Auflistung der Industrie- und Handelskammer (IHK). Alle fünf Jahre ermittelt die IHK einen Mietpreisatlas. Damit möchte der Handelsverband eine "transparente Orientierungshilfe für gewerbliche Mieten geben". An diesem Mietpreisatlas orientiert sich auch die Stadt. Seit 30 Jahren legt die IHK den Atlas vor, Zahlen von 2015 und 2020 liegen der NW vor. Die Erhebung von 2020 lag direkt vor dem Eintreten der Coronakrise, die Daten wurden also noch in einer stabilen Phase erfasst. Mietvertrag über zehn Jahre ist nicht mehr realistisch Für ein Ladenlokal in 1a-Lage wurden 2020 Mietpreise zwischen 15 und 30 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Die beste Lage in der Innenstadt umfasst den Bereich rund um das ehemalige H&M-Gebäude und Klingenthal und zieht sich hoch bis zum Alten Markt. Fünf Jahre zuvor erfasste der Mietpreisatlas hier Quadratmeterpreise bis zu 40 Euro. "Viele Mietpreise in Herford liegen aber auch jetzt noch deutlich höher", sagt Ricarda Mohr. Als Zentrenmanagerin ist sie Ansprechpartnerin für Eigentümer von Immobilien, kümmert sich um Förderprogramme, die Aufwertung der Innenstadt und wie sich Leerstände wieder beleben lassen. Mohr ist also bestens im Thema. Und weiß, dass die derzeitige Lage alles andere als rosig ist. Nicht nur Corona habe viele Geschäftsinhaber durch ein sich zu schnell veränderndes Kaufverhalten der Kunden zum Aufgeben gezwungen. Die hohe Inflation und die Verunsicherung durch den Krieg in der Ukraine tue ihr Übriges. Von den hohen Mieten, die in der Vergangenheit erzielt werden konnten, möchten einige Eigentümer partout nicht runtergehen. Auch werden oftmals noch Mietverträge über zehn Jahre aufgerufen - das sei in der jetzigen Zeit kaum mehr darstellbar. Das war auch ein Grund, warum der Modeladen Patches vor wenigen Wochen den Standort am Neuen Markt verlassen hat. Ein Lagerraum bringt die wenigsten Mieteinnahmen Nach dem IHK-Mietpreisatlas können Eigentümer, die Ladenlokale in innerstädtischer Randlage besitzen, in Herford bis zu 10 Euro pro Quadratmeter erzielen. Innerstädtische Lage bezieht sich etwa auf den Anfang der Lübberstraße, die Berliner Straße oder auch die Radewig. Doch jetzt kommt der Knackpunkt. Würde ein Büro in den Leerstand einziehen, sind im Durchschnitt nur noch Preise von 5 bis 8 Euro pro Quadratmeter realistisch. Bei Lager oder Produktion sinkt der Quadratmeterpreis nochmal um die Hälfte. "Deswegen warten viele Eigentümer", sagt Kunert. - Und lassen den Laden lieber leer stehen. Es könnte sich schließlich ein neues Ladenlokal interessieren und schnell sind wieder höhere Mieten am gleichen Standort zu erzielen. Ein weiteres Hindernis bringe die Umnutzung mit sich. Denn ein Arzt kann nicht ohne weiteres einen Laden beziehen, in dem vorher Klamotten verkauft worden sind. Kunert: "Die Hemmschwelle, da als Eigentümer aktiv mitzugehen, ist hoch." Denn eine Umnutzung bedeute nicht nur wirtschaftliche Einbußen aufgrund der geringeren Miete, die eigentlich Anpassung kostet und Behördengänge bedeuten zusätzliche Arbeit. Quartiersachritekt soll Eigentümer bei der Umnutzung beraten Hier setzt das neue Förderprogramm "Dauerhafte Umnutzung" an. Den Zuschlag hat die Stadt schon bekommen. Sobald die Gelder vom Land NRW fließen, soll damit ein Quartiersarchitekt beschäftigt werden, der Immobilieneigentümer bei einer Umnutzung berät. Die Prüfung der Immobilie ist kostenlos. Damit soll der Eigentümer einen Überblick bekommen, welche Nutzung sich in dem Leerstand lohnen könnte und welche weiteren Maßnahmen notwendig sind, um eine Umnutzung zu realisieren. "Damit soll die Hemmschwelle sinken", sagt Mohr, die sich wie Kunert viel davon verspricht: "Ein Leerstand ist ja auch nicht gut fürs Gebäude." Das sieht die Zentrenmanagerin tagtäglich beim Gang durch die Stadt. Einige Gebäude haben einen so großen Sanierungsstau, dass sie kaum vermietbar sind. Und auch das Thema Brandschutz ist ein riesiges - gerade bei der Umnutzung. Kunert: "Das Thema lässt sich nicht wegdiskutieren. Hier muss zwingend ein Architekt ran." Manche älteren Gebäude, etwa in der Radewig, können kaum umgebaut werden, sodass die Auflagen passen. Und auch die Barrierefreiheit spielt eine Rolle. Die Leerstandsquote in der Herforder City - damit sind alle Geschäft innerhalb des Walls mit einbezogen - beträgt nach Angaben von Mohr acht bis zehn Prozent. Sie schwankt geringfügig. &bdquo;Herford steht im Vergleich zu anderen Städten noch ganz gut da, was den Leerstand angeht“, sagt Mohr. Getan werden muss dennoch was. Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping"

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