Der Streit in der Herforder CDU setzt sich fort

Herford. Die CDU bekommt den Streit zwischen Stadtverband und Fraktion und auch innerhalb der Fraktion nicht in den Griff: Der Stadtverband hat am Freitagabend, dem Tag der Ratssitzung, um 21.32 Uhr eine Stellungnahme zum städtischen Etat auf seiner Homepage platziert. In ihr äußert er - kurz nach dem Haushaltsbeschluss des Stadtrats - Kritik an der Herforder CDU-Fraktion, ohne sie aber zu nennen. Im letzten Absatz der Stellungnahme heißt es, ein Beschluss, der beispielsweise beim Personal oder den Investitionen Eckwerte festlege und damit die Verwaltung binde, "wäre ein erster Schritt, um die ausufernde Verschuldung der Stadt Herford in den Griff zu bekommen". Die Erklärung zielte auch auf Bürgermeister Tim Kähler (SPD), ohne explizit seinen Namen zu nennen. Wissenswert: Herfords Kämmerer ist ein CDU-Mann, CDU und SPD bilden im Stadtrat eine Koalition. Fast alle CDU-Mitglieder haben dem Haushalt, einschließlich dem gemeinsamen Änderungsvorschlag von CDU und SPD, zugestimmt. Fast. Denn 15 Ratsmitglieder lehnten ihn ab, darunter die CDU-Mitglieder Thomas Beck, Susanne Büttner und Michèle Saskia Pohle. Wobei die Abstimmung wiederholt werden musste: Die drei CDU-ler hatten versäumt, ihre Ablehnung auch zu bekunden, was Kähler auf Nachfrage aus dem Rat mit den Worten kommentierte: "Drei machen nicht mit." Vorwürfe gegen Thomas Beck An Beck, Büttner und Pohle entzündet sich immer wieder Streit - oder sie entzünden ihn selbst, je nach Sichtweise. Beck war CDU-Stadtverbandsvorsitzender, als im Juni 2021 vier Vorstandsmitglieder ihre Ämter hinschmissen: die stellvertretenden Vorsitzenden Meike Voßmerbäumer und Mario Stach sowie die Beisitzer Oliver Galling und Rainer Pohlmann. Die Zusammenarbeit mit dem - zu dem Zeitpunkt - noch neuen CDU-Chef Beck und dessen - ebenfalls neuen - Stellvertreter Christoph Büker sei unmöglich, sagten sie damals: Beck und Büker unternähmen Alleingänge ohne Absprachen mit Vorstand und Fraktion. Voßmerbäumer ergänzte später im Gespräch mit der Neuen Westfälischen, dass es die Summe der Vorfälle gewesen sei, die das Fass zum Überlaufen gebracht hätte. Vorwürfe gegen die Fraktion Kurz vor der CDU-Mitgliederversammlung im September 2022 wurde ein weiterer Zwist öffentlich: Pohle und Büttner sollen, wie Pohle mitteilte, mehrfach vom Fraktionsvorstand ignoriert, ihre Vorschläge immer wieder abgelehnt worden sein. Zudem habe der Fraktionsvorstand ihre Fragen nicht beantwortet. Pohle stellte deshalb - unabgesprochen, aber im Namen der Fraktion, einen Antrag für ein inklusives Sportfest. Daraufhin seien sie und Büttner vom Fraktionsvorstand massiv angeschrien und sie selbst unter Druck gesetzt worden. Die Frauen forderten daraufhin den Rücktritt des Fraktionsvorstandes, einige Vorstandsmitglieder sollen anwaltliche Schreiben erhalten haben. Fraktionsvorsitzender Thomas Helmerking widersprach Pohles und Büttners Darstellung. Auch 7 der 14 CDU-Fraktionsmitglieder schilderten ihre - eine andere - Wahrnehmung. Demnach wurde von keiner Seite ein Mitglied der Fraktion bedroht oder beleidigt. Auslöser der Kontroverse sei eine zu beachtende Formalie gewesen, inhaltlich seien sich aber alle in der Sache einig gewesen. Vorwürfe in Elverdissen "Cholerische Ausbrüche" warf Pohle im November 2022 dann Oliver Galling, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, im Zusammenhang mit seinem Amt als Vorsitzender der CDU-Ortsunion Elverdissen vor. Galling, der einstimmig in dieses Amt gewählt worden war, schmiss hin, als Elverdisser CDU-Mitglieder seinen Rücktritt forderten. Er sprach damals von Druck, der offenbar auf Betreffende ausgeübt worden sei. Inzwischen ist Büttner Vorsitzende der Ortsunion. Wechsel im CDU-Vorsitz Im September 2022 wurde Jörg Haferkorn Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes, Büker blieb stellvertretender Vorsitzender, Beck wurde Beiratsmitglied. Auch Anke Theißen sitzt als Mitgliederbeauftragte im Vorstand. Auf ihrer Facebook-Seite schießt die ehemalige Bürgermeister-Kandidatin für Herford gerne mal die CDU-Fraktion, entschuldigte sich beispielsweise 2021 bei den Wählern für die Zustimmung der Fraktion zum Verkehrsversuch auf der Mindener Straße. Haferkorn trat den Vorsitz im Stadtverband mit dem Bemühen an, Frieden zu schaffen. Bei seiner Wahl zum Vorsitzenden rief die CDU-Mitglieder zur Einigkeit auf, die nächsten Wahlen seien nicht mehr weit. Es gehe darum, sie inhaltlich vorzubereiten. Er sei aber zuversichtlich, das gemeinsam mit der Ratsfraktion hinzubekommen. Drei Ratsmitglieder ließen sich davon offenbar nicht beeindrucken. Erklärung des Stadtverbands Seit Monaten schon erwecken Büttner und Pohle mit gemeinsamen Anträgen und politischen Aktivitäten nach außen hin den Eindruck, dass sie eine Fraktion innerhalb der Fraktion bilden. Mit Beck zusammen platzieren sie sich inzwischen in den Ratssitzung im Ratssaal auch nebeneinander. Zuletzt saß auch Pohles Rechtsanwalt unter den Zuschauern im Ratssaal. Nun folgte mit der Ablehnung des Haushaltsbeschlusses und der Erklärung des CDU-Stadtverbands ein weiteres Kapitel im innerparteilichen Zwist. Auch Haferkorn schießt in der Erklärung gegen die CDU-Fraktion. In der Stellungnahme ist von der Gemeindeordnung die Rede, die die Kommunen verpflichte, auf Dauer einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen. Sei ein Haushalt defizitär, müsse eine Kommune geeignete Maßnahmen für den Haushaltsausgleich finden und umsetzen. "Wie das gelingen soll, lässt der vom Bürgermeister vorgelegte Haushalt nicht einmal ansatzweise erkennen." Stattdessen belebe der Bürgermeister die Diskussion um das OWL-Forum neu, "noch dazu mit erneutem Fokus auf den Bereich am Alten Güterbahnhof". Haferkorn wird dann mit den Worten zitiert: &bdquo;Es ist nicht die Zeit, die Bürger und nachfolgende Generationen mit überzogenen Projekten zu belasten.“ Dabei hat sich die CDU-Fraktion zu dem Thema bisher gar noch nicht positioniert. Neuer Streit absehbar Zudem nimmt der Stadtverband in seiner Erklärung die CDU-Mitglieder aus der Verantwortung: "Es ist auch nicht die Aufgabe der Politik, dem Bürgermeister nun Einsparvorschläge zu unterbreiten", heißt es in seiner Stellungnahme. Das sei Aufgabe der Verwaltung. Fraktionsvorsitzender Helmerking sieht das anders: Politik und Verwaltung seien gefordert, die Finanzpolitik so zu gestalten, dass der Haushalt ausgeglichen ist, sagte er in seiner Haushaltsrede. "Die CDU-Fraktion stellt sich dieser Aufgabe." Helmerking forderte zudem eine umfassende Aufgabenkritik. Dem Vernehmen nach bringen sich Pohle, Beck und Büttner dazu bereits in Stellung. Nach NW-Informationen bringen sie sich gegen einen autofreien Rathausplatz in Stellung. Ohne Absprache mit der Fraktion.

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