Herford. Hätten Sie erkannt, was dieses historische Anwesen einmal war? Auf jeden Fall haben die Gebäude eine bewegte Geschichte hinter sich. Ein Gasthof war hier einmal - und auch eine Tabledance-Bar. An dem Standort sind Sie auf jeden Fall bestimmt schon einmal vorbeigefahren.
Ulrich Stille hat die Postkarte zur Verfügung gestellt und schreibt: „Es ist ein Luftbildfoto der ehemaligen Gaststätte Hüffmann bzw. ,Anhaltskrug in Schwarzenmoor an der Vlothoer Straße zwischen Hotel ,Waldesrand und dem Hof Menke. Inhaber war seinerzeit H. Ollerdissen. Er besaß neben der Gaststube einen Saal und einen kleinen Laden für den täglichen Bedarf. Damit entsprach Hüffmann genau der Gaststätte ,Mutter Rieso auf der anderen Seite von Schwarzenmoor an der Mindener Straße, wo es auch einen Saal und einen Laden neben der Gaststube gab. Davon ist heute nicht mehr viel zu erkennen. Rieso ist schon seit Jahren ein Rotlicht-Etablissement und Hüffmann ist schon lange unbewirtschaftet und macht einen verkommenen Eindruck nach vielen Inhaberwechseln und einer Zeit als Tabledance-Bar.
Die Jäger kehrten nach Treibjagden ein
Das war früher in beiden Häusern ganz anders, als dort neben dem normalen Gastbetrieb z. B. die Jäger gern nach ihren Treibjagden in Schwarzenmoor einkehrten. In jedem Jahr übte damals die Volksschule Schwarzenmoor zu Weihnachten ein Krippenspiel ein, das im jährlichen Wechsel mal bei Hüffmann im Saal oder bei Rieso aufgeführt wurde.“
Michael Quest erinnert sich: „Bis in die 1990er Jahre war die Gaststätte im Original erhalten. Dann zog dort ein Gastronom mit deutscher Küche ein, der die Kneipe nur leicht modifizierte. Mit dem Wechsel zum Griechen wurde das Haus umfangreich modernisiert. Die Küche kam an und das Geschäft brummte für mehrere Jahre. Nach dem Auszug des Griechen wurde der Gastraum in Richtung Mexikaner und Burger sehr hochwertig ausgebaut. Hierbei wurde erstmalig die angebaute Bühne, die in den 1960er Jahren für Veranstaltungen genutzt wurde, mit integriert. Nach dem Ende ist es still geblieben mit dem Gasthaus. Einige zwielichte Gestalten übernahmen den Besitz, mehr möchte ich dazu nicht sagen. Nun gehört die Gastronomie einem Investor, der dort sicherlich irgendwann etwas Neues umsetzen wird. Daher auch die Einzäunung mit Bauzaun. Die angebaute Scheune wurde bei einem Verkehrsunfall so stark beschädigt, das sie abgerissen wurde. Es steht heute nur noch das Haupthaus.“
Heinrich Lohmeier weiß, dass hier bis in die Mitte der 1980er Jahre noch Bürgerversammlungen zum Ausbau der Vlothoer Straße stattfanden. Nach 1990 konnte sich die Gastwirtschaft wohl nicht mehr gegenüber dem Café Waldesrand behaupten. Es gab kurzlebige Versuche, hier ein jugoslawisches Speiserestaurant zu etablieren. Aber mit dem Ausscheiden des ursprünglichen Besitzers ging die Sache den Bach runter. Das direkt in der Ecke zur Schwarzenmoorstraße gelegene Gebäude ist durch ein aus der Kurve getragenes Fahrzeug vor einigen Jahren so stark beschädigt worden, das es abgerissen werden musste. Ich fürchte, dass das Ganze irgendwann einfach in Flammen aufgeht. Seit Jahren wohnt da niemand mehr.“
2013 geriet das Haus in die Negativ-Schlagzeilen
Klaus-Dieter Stork weiß: „Das Lokal hatte in seiner wechselvollen Geschichte schon viele Inhaber. Es diente als Griechisches Restaurant „Helena“, als Diskothek und als Tabledance-Bar. Das Anwesen soll schon vor vier Jahren von einem Geschäftsmann gekauft worden sein, der dort einen Neubau als Café mit Drive-In-Schalter realisieren wollte. Pendler könnten sich dann morgens mit Kaffee und Brötchen eindecken oder dort auch in Ruhe ihr Frühstück einnehmen. Die sich in der Nähe befindliche Autobahnanschlussstelle der A2 bietet dafür ideale Voraussetzungen. Aber angeblich dürfen im Außenbereich wohl keine Veränderungen vorgenommen werden. Somit tut sich dort zur Zeit nichts. Im Jahr 2013 geriet das Haus in die Negativ-Schlagzeilen. Es gab dort ein Konzert, dessen politischen Hintergrund die Polizei als rechtsextrem einstufte und es kam deshalb zu einem größeren Einsatz.“
Die Neue Westfälische titelte Ende 2001: „Jetzt tanzen die Damen auf den Tischen – Nicht nur für Männer: Erste Tabledance-Bar in Herford hat eröffnet.“ Und weiter ging es als hautnahe Reportage: „Lack, Pailletten, Leder. Engster, knappster Stoff zeichnet jede Rundung nach. . . . Absätze sind extra hoch, Stiefel gehen bis übers Knie. Mit kreisenden Hüften, lasziven Blicken und schnell fallendem Oberteil tanzen Frauen nun auch in Herford professionell auf den Tischen. Seit knapp zwei Wochen gibt es die Tabledance-Bar ,Diamonds and Pearls an der Vlothoer Straße neben dem American Diner. . . . Zum Gespielen wird die Metallstange.
„Wildkatzengleich schleicht sie zum Rand“
An ihr gleiten die Finger entlang, an ihr sinkt sie zu Boden. Wildkatzengleich schleicht sie auf Knien zum Rand, wenn sie den Mann im Publikum auswählt, von dem sie etwas haben will. Ist es anfangs seine Brille, die sie zur Probe auf die Nase setzt, müssen es schließlich Dollars sein. Euro-Dollar aus Papier im Wert von je drei Mark und am Eingang erhältlich. . . . Bei einem 0,3 Liter Glas Pils für acht Mark oder einer Flasche Champagner für 600 Mark sollen sich alle amüsieren, die über 18 Jahre alt sind. Am liebsten kommen die männlichen Besucher in Grüppchen, am Wochenende ist am meisten los.“