Besondere Geburtsbegleiterin unterstützt Frauen während Entbindung

Wozu gibt es Doulas? Anna Wittland: Geburt ist eines der verletzlichsten und prägendsten Ereignisse im Leben. Es braucht viel, um sich in diesem Moment sicher zu fühlen und Vertrauen zu haben. Dabei hat jede Frau individuelle Bedürfnisse. Als Doula schaue ich, wie diese Bedürfnisse erfüllt werden. Ich bin ein Bestandteil des Teams, das Vertrauen und Sicherheit gibt. Doulas sind im Übrigen keine Modeerscheinung, sondern etwas Uraltes. Früher war es üblich, mit mehreren geburtserfahrenen Frauen zu gebären, die wussten, es ist alles in Ordnung. Dieses Gefühl kann ich als Doula geben. Einige Menschen vertreten den Standpunkt, durch eine Geburt müsse man eben durch. Aber niemand bekommt eine Medaille dafür, unter besonders widrigen Umständen geboren zu haben. Wenn es der Mutter gut geht, kommt das Baby unter besseren Umständen auf die Welt. Ist es wichtig, als Doula selbst Kinder geboren zu haben? Für mich ist es wichtig, aber es ist für die Ausbildung nicht mehr vorgegeben. Welche Voraussetzungen braucht man, um Doula zu werden? Als Erstes Empathie und Einfühlungsvermögen. Wichtig ist auch die Fähigkeit, sich zurückzunehmen. Es geht ja nicht darum, was die Doula empfindet, was sie für eine optimale Geburt hält oder selbst bei der Geburt erlebt hat. Die Doula sollte sich den Bedürfnissen der Frau öffnen. Welche Schwangeren suchen Unterstützung durch eine Doula? Es gibt keine klassische Schwangere, die das sucht. Es sind aber zum Beispiel alleinstehende Schwangere, die nicht alleine gebären wollen, oder Frauen, die einen schwierigen Weg hinter sich haben. Bei Schwangerschaften nach Kinderwunschbehandlungen gibt es oft nicht mehr viel Vertrauen in den Körper, weil alles so klinisch abgelaufen ist. Auch kommen Frauen zu mir, die traumatische Geburten hinter sich haben. Aktuell sind Doulas auch für geflüchtete Frauen aus der Ukraine eine wichtige Unterstützung bei der Geburt. Wie hoch ist die Nachfrage nach Doulas? Man merkt, dass die Bedeutung von Geburt stärker in das Bewusstsein rückt. Der bundesweite Verein "Doulas in Deutschland" hatte 2020 noch 144 Mitglieder, heute sind es 500. Mehr Frauen wollen eine Doula, leider auch, weil eine große Unsicherheit herrscht. Der Hebammenmangel, die Schließung von Kreißsälen und die Corona-Pandemie haben Spuren hinterlassen. Viele Schwangere gehen mit Angst in die Klinik, weil sie wissen, dass eine 1:1-Betreuung durch eine Hebamme nicht mehr gewährleistet ist. Die Quote liegt vielerorts eher bei 1:5. Aus diesem Grund werden auch Hausgeburten mehr nachgefragt. Doch Hausgeburtshebammen sind sehr rar. Was genau macht eine Doula, wenn sie eine Geburt begleitet? Es gibt zwei bis drei Vorbereitungstreffen, um sich kennenzulernen und um über Wünsche und Vorstellungen der Schwangeren zu sprechen. Jede Schwangere sollte aufgeklärt und mit einem Gefühl von Sicherheit in die Geburt gehen. Auf dieser Grundlage kann sie dann auch Entscheidungen treffen. Es geht nicht darum, alles abzulehnen oder als Rebellin ins Krankenhaus zu gehen. Zehn Tage vor dem Entbindungstermin bin ich in Rufbereitschaft. Wenn die Schwangere sich meldet, weil sie Wehen hat, fahre ich zu ihr nach Hause. Ich helfe ihr, die Wehen zu veratmen, gebe ihr eine Rückenmassage. Ich gebe ihr das Gefühl, dass ich da bin und sie sich fallenlassen kann. Wenn die Schwangere in einer Klinik entbinden möchte, fahre ich sie dorthin. Da geht es zu Beginn um viele Formalitäten. Nach dieser Unterbrechung versuche ich der Frau zu helfen, an diesem neuen Ort anzukommen und ein Wohlgefühl herzustellen. Das kann durch Musik, frische Kleidung, Kerzen oder Aromaöl geschehen. Greifen Sie auch ins Geschehen ein? Während des Geburtsprozesses halte ich mich im Hintergrund auf. Da guckt die Hebamme, an welchem Punkt wir stehen. Ich bin zwar immer nah bei der Schwangeren, aber ich dränge mich nie auf oder sage, dass wir jetzt mal dies oder das machen. Kleine Gesten sind oft hilfreich, zum Beispiel einen Waschlappen auflegen, etwas zu Trinken holen oder für frische Luft sorgen. Manchmal kann ich auch die Väter beruhigen, ihnen Hilfestellung geben und sie mit ins Team holen. Das Wichtigste ist, dass ich kontinuierlich für die Gebärende da bin. Wie werden Sie vom Klinikpersonal gesehen? Während der Corona-Pandemie durften wir die Frauen wegen der Bestimmungen nicht in die Kliniken begleiten. Das wird jetzt gelockert. Aber es gibt auch Kliniken in Ostwestfalen-Lippe, die Doulas generell nicht reinlassen. Mit welchem Argument? Die sagen, das brauchen wir nicht. Woher kommt diese Ablehnung? Ich denke, das geschieht aus Unwissenheit. Viele wissen nicht, was unsere Aufgabe ist und was unsere Grenze ist. Wir haben eine ergänzende Rolle im Geburtsteam. Die Hebamme hat den Fokus darauf, dass das Baby geboren wird. Die Doula hat die Begleitung der Mutter im Fokus. Einige haben vielleicht die Befürchtung, wir würden ihnen bei der Geburt auf die Finger schauen. Aber das Gegenteil ist der Fall: Für Hebammen sind wir oft eine Entlastung, weil sie wissen, dass wir immer bei der Schwangeren sind. Meine letzte Geburt habe ich im Elisabeth-Hospital in Gütersloh begleitet. Die Zusammenarbeit mit der Hebamme war sehr gut. Sie sagte, ich solle gerne wiederkommen. Wie ist das, eine Geburt zu begleiten? Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Die letzte Geburt, die ich betreut habe, war eine vaginale Geburt nach Kaiserschnitt. Das war etwas Besonderes, denn oft wird gesagt: Einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt. Die Frau hatte Angst, dass es wieder dazu kommt. Aber so war es nicht. Es ging am Ende so schnell, dass nicht einmal mehr eine Ärztin hinzugerufen werden konnte. Ich war einfach nur da, habe den Raum gehalten. Danach fühlt man sich total beseelt, man ist selbst im Hormonrausch. Nach der Geburt hat mir die Mutter eine Karte geschickt: "Du bist meine Superheldin".

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