Warum in der Innenstadt überall Luftballons in Raketenform sind

Herford. &bdquo;Amnesia Atomica“ heißt eine Arbeit aus dem Jahr 2020 in der aktuellen Ausstellung des mexikanischen Künstlers Pedro Reyes im Marta. Dort ist ein aufblasbarer Atompilz zu sehen, mit dem er auf die größte Gefahr für die Menschheit, die rund 13.000 weltweit vorhandenen Atomwaffen, aufmerksam machen möchte. Ihm reicht das Ausstellen im Museum aber nicht, und so zog eine Anti-Atom-Waffen-Demo als Kunstaktion vom Marta durch die Innenstadt. &bdquo;Mein großes Thema sind Waffen und die Waffenindustrie, die meist im Schatten bleibt, aber am Blut anderer Menschen verdient“, hatte Reyes zu Beginn des Aktionstages rund um die Ausstellung &bdquo;Pedro Reyes: Sociatry - Mit einer Bühne für Lina Bo Bardi“ erklärt. Dazu gehören nicht nur die Waffen in den Händen des Militärs, sondern auch die Pistolen, Gewehre und andere Handfeuerwaffen, die gerade in Lateinamerika unzähligen Menschen das Leben kosten. Aktionstag beginnt mit dem Pflanzen einer Eiche Für die Arbeit &bdquo;Palas por Pistolas“, Schaufeln für Pistolen, rief er 2008 zur freiwilligen Waffenabgabe auf. Die eingesammelten Waffen wurden zu Schaufeln umgearbeitet und zum Bäumepflanzen verwendet. Diese und andere Aktionsformen sind Teil seiner Kunst, die er als Beitrag zur Heilung der Gesellschaft – eben einer &bdquo;Sociatry“ - versteht. Auch der Aktionstag am Marta begann mit dem Pflanzen einer Eiche im Schatten des Marta-Depots. Der künstlich angelegte Birkenhain an der Rückseite ist inzwischen zu einer Oase der Ruhe an der Aa herangewachsen, der Schottergarten neben und vor dem Depot löste bei den Besuchern allerdings Kopfschütteln aus. &bdquo;Wir müssen viel mehr Bäume pflanzen, nur dann können wir den Klimawandel noch aufhalten und die Fehler der Vergangenheit korrigieren“, sagte Reyes. Instrumente aus Waffen geformt Für eine zweite Arbeit hatte er abgegebene Waffen in Musikinstrumente umgearbeitet. Die erklingen in der Ausstellung als mechanisches Orchester. Im Marta-Forum brachte Przemek Zwierko, Gitarrist und Musiklehrer an der Musikschule, einige davon live vor Publikum mit einer Improvisation zum Klingen. &bdquo;Das Thema Waffen ist immer aktuell“, sagte Reyes, der sich in der internationalen ICAN-Kampagne engagiert. ICAN steht für die Internationale Kampagne für ein Verbot von Atomwaffen. Die versucht, möglichst viele Länder dazu zu bringen, dem Vertrag beizutreten. 65 Staaten haben ihn bisher ratifiziert, darunter allerdings kein NATO-Mitglied und keine Atommacht. Der Titel &bdquo;Amnesia Atomica“ ist Ausdruck der Sorge, dass die Menschen die Gefahr, die von Atomwaffen in einer immer unruhigeren Welt ausgehen könnten, ignorieren. &bdquo;Amnesia Atomica“, also das atomare Vergessen, ist für den Künstler eine Art Verdrängung der konkreten Gefahr der Selbstvernichtung, die er mit seien Aktionen durchbrechen möchte. Atomwaffen sind "erschreckend aktuell" &bdquo;Seit dem Ukrainekrieg ist das Thema Atomrüstung leider wieder erschreckend aktuell“, sagte er. Auch wenn die Stimmen, die sich für eine Abschaffung der Atomwaffen einsetzen, in der aktuellen Debatte um Stärkung der Armeen und Abschreckung kaum zu vernehmen sind, ist Reyes vom Sinn eines Verbotes überzeugt. &bdquo;Landminen, chemische Waffen, Streubomben oder Sklaverei sind auch verboten“, sagte er. Ja, er wisse, dass Minen und chemische Waffen trotzdem eingesetzt werden und es auch moderne Formen der Sklaverei gebe, aber &bdquo;ohne die Verbote sähe es noch viel schlimmer aus.“ Und so sind 13.000 Luftballons in Raketenform, entsprechend der weltweit vorhandenen Atomsprengköpfe, Teil seiner Arbeit. 100 davon hatte er mit nach Herford gebracht, die von einem Demozug durch die Stadt getragen und an Passanten verteilt wurden. Die konnten die Raketen-Ballons mitnehmen, allerdings gegen eine kleine Gegenleistung, nämlich bei Instagram dem Hashtag #bannuclearweapons oder dem Account &bdquo;icangermany “ folgen. &bdquo;Pedro Reyes : Sociatry“ ist die erste umfassende Werkschau des Künstlers in Europa und bis Sonntag, 14. August, im Marta zu sehen.

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