Ein psychisch kranker Messerstecher und das Problem seiner Unterbringung

Herford/Enger. Wegen der möglichen Gefährdung anderer Menschen lässt die Herforder Ordnungsbehörde einen 40-jährigen Mann, der unter paranoider halluzinatorischer Schizophrenie leidet, durch das Amtsgericht Minden in die psychiatrische Abteilung des Klinikums Herford einweisen. Einen Tag später entweicht der Herforder, sticht bei einem Spaziergang auf einem Feldweg in Enger auf einen 52-jährigen Bekannten ein und verletzt ihn lebensgefährlich. Bei den Ermittlungen geht es um den Vorwurf des versuchten Mordes. Doch wie kann es sein, dass eine Person, die auf richterlichen Beschluss in eine Klinik eingewiesen wird, am nächsten Tag wieder auf freiem Fuß ist? Was das Klinikum mitteilt Derzeit werde der Vorfall vom Klinikum entsprechend geprüft. "Bitte sehen sie uns nach, dass wir dazu aktuell keine Auskunft geben können", sagt eine Sprecherin des Klinikums. Dies gelte ebenfalls und insbesondere für den Datenschutz zu persönlichen Unterbringungsinformationen psychiatrischer Patienten. "Das Klinikum befindet sich in enger Abstimmung mit der Polizei und der zuständigen Aufsichtsbehörde, um die Ermittlungen zur Tat umfassend zu unterstützen. Wir sind über den Fall zutiefst erschüttert und in Gedanken bei dem Opfer sowie seinen Angehörigen", teilte die Sprecherin mit. "Um Spekulationen vorzubeugen, möchte das Klinikum darauf hinweisen, dass es sich bei der Klinik für Psychiatrie nicht um eine Einrichtung des Maßregelvollzuges handelt: "Die geltenden Sicherheitsanforderungen für die Klinik und die strikte Einhaltung des PsychKG (Psychisch-Kranken-Gesetz) werden durch die Aufsichtsbehörde regelhaft konsequent geprüft." Wer entscheiden muss Das heißt, die psychiatrische Klinik in Herford ist, anders als etwa die Forensik in Lippstadt-Eikelborn, keine geschlossene Abteilung. Das heißt aber auch, Patienten können es offensichtlich ohne Probleme schaffen, das Gebäude zu verlassen. Denn die Freiheit eines Menschen ist ein überaus hohes Gut. Wenn die Freiheitsrechte eines psychisch kranken Menschen eingeschränkt werden sollen, müssen zunächst Mediziner und Gerichte entscheiden. Nach der Untersuchung durch einen Arzt werden danach in der Regel zuerst die Amtsgerichte aktiv.Dabei geht es um die entscheidende Frage, ob der Patient für sich und andere eine Gefahr darstellt. Diese Gefahr war im Fall des 40-jährigen Herforders gesehen worden – das Amtsgericht Minden hatte die Unterbringung bestätigt. In anderen, leichteren Fällen, können Betreuer von den Gerichten bestellt werden. Ein Prozedere, das bürokratisch klingt und oft zeitaufwendig ist. Bereits in der Vergangenheit bis hin zum aktuellen Fall gab es immer wieder öffentlich gewordene Vorfälle, die die Fragen aufwarfen, ob die Unterbringung der Patienten oder auch deren Entlassung oder Behandlung nicht auch anders hätte geregelt werden könnten.Übergriffe und ProblemeÜber Monate verfolgte in den Jahren 2018 und 2019 ein psychisch erkrankter Mann Mitarbeiter der Herforder Verwaltung sowie Bürgermeister Tim Kähler persönlich, demolierte dessen Dienst-Audi oder zerstörte Einrichtungsgegenstände im Rathaus. Zwischenzeitlich, so wurde bekannt, hatte er auch seinen Bewährungshelfer angegriffen und gewürgt. Nach diversen weiteren Drohungen wurde das Spezialeinsatzkommando der Polizei aktiv. Nach einer Entscheidung des Landgerichts Bielefeld wurde der Mann inzwischen in einer tatsächlich geschlossenen Einrichtung untergebracht. Fast zeitgleich mit dem Fall mussten sich Justiz und Polizei mit einem Mann befassen, der ebenfalls über Monate immer wieder wildfremde Passanten anschrie. Doch es blieb nicht bei Worten. Schließlich kam es zum Strafverfahren wegen Körperverletzung vor dem Amtsgericht. Unter anderem hatte der Mann ein kleines Mädchen angeschrien und beleidigt. Zum Prozess kam er nicht, sondern tauchte in Norddeutschland ab. Mit allein 100 polizeilich registrierten Diebstählen in nur einem Jahr hatte etwa eine inzwischen 54-jährige Frau Bürger und Polizei mehr als ein Jahr lang in Atem gehalten. Die tatsächliche Zahl liegt weit höher und wird auf weit mehr als 200 geschätzt. Die zunächst als schuldunfähig eingestufte und unter Betreuung stehende Frau war zunächst in einer Wohneinrichtung untergebracht, kam dann aber ins Klinikum und entwischte auch dort regelmäßig durch den Notausgang. Teilweise mehrfach am Tag wurde sie von Herforder Polizisten aufgegriffen. In einem Fall, nutzte sie eine offene Tür, stand in der Wohnung einer jungen Mutter direkt am Bett über einem Baby. Erst ein neuerliches Gutachten, in der sehr wohl eine Schuldunfähigkeit bejaht wurde, beendete die Aktivitäten der Frau. Ende November 2021 hatte dann ein 23-Jähriger seinen Vater an der Lessingstraße niedergestochen und schwer verletzt. In dem Haus war es mehrfach zu Handgreiflichkeiten des jungen Mannes gegen den Vater gekommen. &bdquo;Manche Hausbewohner trauten sich nicht mehr aus ihrer Wohnung“, sagte kurz nach der Tat ein Bewohner. Der junge Mann war psychisch erkrankt und hatte einen Betreuer. Die stationäre Behandlung in der Psychiatrie am Klinikum hatte er abgebrochen.

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