Positiver Corona-Test trotz Impfung - wie ist das möglich?

Kreis Herford. Viele Menschen im Kreis sind bereits ein oder gar zwei Mal geimpft. Und weitere fiebern ihrem Impftermin und damit vielleicht sogar ein paar Lockerungen entgegen. Doch immer häufiger ist zu hören, dass Menschen trotz zweimaliger Impfung mit dem Coronavirus infiziert sind. Aus einigen Pflegeheimen im Kreis war von solchen Fällen zu hören. Und auch in der der Mitarbeiterschaft des Klinikums Herford gibt es jemanden, der trotz vollständiger Immunisierung positiv auf Covid 19 getestet wurde, wie Thorsten Pohle, Chefarzt der Medizinischen Klinik I auf Anfrage bestätigt. Und er erläutert die Gründe. In einigen Fällen sei es so gewesen, dass die Impfung noch nicht lange genug her gewesen sei, so Pohle. "Der Körper braucht eine gewisse Zeit, sich mit seinem Sparringspartner - in dem Fall der Impfstoff - auseinanderzusetzen. Das passiert, indem die Oberfläche des Vakzins als fremd erkannt und eingeprägt wird. Dann erst startet das Immunsystem mit seiner Arbeit." In der Regel dauere dieser Prozess um die zwei Wochen, könne aber auch bis zu vier dauern. "Das heißt, dass erst zwei bis vier Wochen nach der zweiten Impfung der vollumfängliche Schutz gegeben ist", so Pohle. In den meisten Fällen, in denen sich Personen trotz Impfung angesteckt hätten - zum Beispiel in Pflegeheimen - sei es so gewesen, dass die Vakzinierung noch nicht lange genug zurück lag. "Es kann passieren, dass einige Viren sozusagen an der Oberfläche der Atemwege hängen bleiben" Doch auch wenn eigentlich der volle Impfschutz gegeben sein müsste, könne es passieren, dass Menschen positiv auf das Coronavirus getestet würden oder sogar leicht erkrankten. Schwere Verläufe seien dann aber sehr unwahrscheinlich. "Experten sprechen davon, dass die Impfungen einen 70- bis 90-prozentigen Schutz davor bieten, das Coronavirus zu bekommen." Das liege vor allem daran, dass die Immunreaktion nach der Impfung in erster Linie im Blut stattfinde und nicht an den Schleimhäuten. "Da kann es passieren, dass ein paar Viren sozusagen an der Oberfläche der Atemwege hängen bleiben, auch wenn man geimpft ist", erklärt Pohle. Dennoch wird durch das Vakzin und die Immunreaktion eine Vervielfältigung im Körper unterbunden, was einerseits dazu führe, dass in so einem Fall mit Symptomfreiheit oder einem sehr milden Verlauf zu rechnen sei, andererseits sei auch anzunehmen, das die Infektiosität, also die Möglichkeit, andere Menschen anzustecken, nicht so groß sei. Bekannt sei nämlich, dass es auch eine einigermaßen große Virenlast brauche, um andere Personen infizieren zu können. Viele Details rund um das Coronavirus sind bislang aber eben noch nicht bekannt. "Es heißt ja nicht umsonst Covid-19, ist also im Jahr 2019, erst vor eineinhalb Jahren, gesichtet worden. Da fehlt für viele Untersuchungen einfach der Faktor Zeit. Manche Dinge müssen zunächst noch länger beobachtet werden." Auch auf Erkenntnisse über den Langzeitschutz durch die Impfungen werde noch zu warten sein. "Wir kennen ja schon jetzt einige Mutationen des eigentlichen Coronavirus SARS-CoV-2. Das Virus verändert sich, mutiert - ähnlich wie auch das Influenzavirus", so Pohle. Wie schnell das Virus sich verändere, müsse auch noch über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. "Positiv ist aber, dass es einfacher ist, einen bereits etablierten Impfstoff so zu modifizieren, dass auch Mutationen erreicht werden, als einen völlig neuen zu entwickeln." Laut Pohle sei es durchaus denkbar, dass Impfungen nach einem halben bis einem Jahr immer wieder mit weiterentwickelten Vakzinen erneuert werden müssten. Auch Geimpfte müssen in Quarantäne, wenn der Corona-Test positiv ist Was Mitarbeiter des Klinikums angeht, die trotz Impfung erkranken, so gibt es einen klaren Fahrplan: "Wenn jemand positiv auf Corona getestet wird, geht er in Quarantäne - ganz gleich, ob er zuvor geimpft wurde oder nicht und ob er Symptome hat oder nicht." Was das Erkennen von symptomfreien Infektionen angeht verweist Thorsten Pohle auf das differenzierte und niederschwellige Testangebot, das es für Klinikums-Mitarbeiter gebe: "Das wichtigste ist aus unserer Sicht ein gutes Selbstmonitoring eines jeden Mitarbeiters. Wenn auch nur der leiseste Zweifel daran besteht, ganz gesund zu sein, kann jeder jederzeit einen Test machen, um das Gefühl abzusichern." Außerdem stehen jedem Mitarbeiter pro Woche zwei Selbsttests zur Verfügung. Eines zeige die derzeitige Lage auf den Stationen im Klinikum auf jeden Fall: dass die Impfungen Wirkung zeigten. "Die 70- bis 90-Jährigen, die in der ersten und zweiten Welle hier bei uns auf der Intensivstation lagen, sind fast gänzlich raus. Das zeugt vom Impferfolg", betont der Chefarzt. Altersmäßig seien die Corona-Patienten auf den Stationen derzeit von Mitte 20 bis über 70 Jahre alt. Das mittlere Alter überwiege aber. Aus der Tatsache, dass das Gros der Patienten nun deutlich jünger sei, folge aber ein neues Problem: "Ein 50-Jähriger ist meist grundsätzlich viel gesünder als ein 90-Jähriger. Glücklicherweise haben wir deshalb eine größere Chance, den jüngeren Patienten auch nach einer Beatmung wieder zurück ins Leben zu bringen. Dafür braucht es aber eine längere Aufenthaltszeit auf der Intensivstation."

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