Ausscheiden des Marta-Direktors: Entscheidung ohne Konzept

Schon bevor das Coronavirus das Leben tief gehend verändert hat, stand die Zukunft der kulturellen Einrichtungen in Herford zur Debatte. Das Städtische Museum im Daniel-Pöppelmann-Haus wird mit personeller Minimalbesetzung gewuppt, und das Gebäude verfällt zusehends. Zugleich ist das Theater baufällig und auch der Schützenhof nicht mehr tauglich für die Zukunft der Nordwestdeutschen Philharmonie. Dementgegen erstrahlt das Marta mit seinem Prachtbau und großzügiger personellen Ausstattung. Im Zuge der Diskussion um einen Neubau für das Stadttheater und die NWD, das OWL-Forum, wurde im Koalitionsvertrag von CDU und SPD festgehalten, dass &bdquo;der Sanierungsstau in den Einrichtungen" zu erörtern ist und dass &bdquo;auf Grundlage von belastbaren Kostenrechnungen" zu entscheiden ist, &bdquo;wie die langfristige Finanzierung aller Kulturangebote in Herford erfolgen soll". Nach &bdquo;Vorlage des Gesamtfinanzierungskonzepts" soll entschieden werden, &bdquo;welche Einrichtungen mit welcher Zielsetzung weiter geführt werden" sollen. Museum im gewünschten Budgetrahmen und Zuschauerzahlen stabil Die Entscheidung den Vertrag von Marta-Direktor Roland Nachtigäller nicht zu verlängern, prescht diesem Prozess voraus. Noch bevor die gewünschte Erörterung stattgefunden hat, bevor sich die lokale Politik – hoffentlich auch mit Beteiligung der Bürger – überlegt hat, was Herford in Zukunft für ein kulturelles Angebot bereit halten sollte, beendet Bürgermeister Tim Kähler die Zusammenarbeit mit Roland Nachtigäller, der seit knapp 13 Jahren das Museum führt. Einem Museumschef, der es sowohl geschafft hat, das Museum immer wieder im gewünschten Budgetrahmen und die Zahl der Besucher stabil zu halten. Ja, das Marta ist gut ausgestattet im Vergleich zu den anderen kulturellen Einrichtungen in der Stadt. Und bevor man viel Geld in die Hand nimmt, um Einrichtungen neu zu bauen oder zu renovieren, macht es Sinn, einmal grundsätzlich zu schauen, wo die Reise hingehen soll. Hintergrund dieser Überlegung ist natürlich, dass die Ressourcen nicht endlos sind und die Mittel deshalb auch anders verteilt werden können, als sie es bislang wurden. Das heißt mit anderen Worten: Dem Marta finanzielle Ressourcen kürzen, um sie zum Beispiel dem zukünftigen OWL-Forum zur Verfügung zu stellen. Oder: Geld, das dem kulturellen Bereich zur Verfügung steht, anderen Bereichen zur Verfügung zu stellen – zum Beispiel den Schulen oder Kitas. Auswirkungen der Pandemie nicht kalkulierbar Jetzt kommen zudem die Auswirkungen der Pandemie hinzu, die immer noch nicht kalkulierbar sind. Was hat die Stadt in Zukunft überhaupt noch an Geld zur Verfügung? In der Auseinandersetzung zwischen dem Bürgermeister und dem Marta-Direktor scheint es um genau die Punkte gegangen zu sein, die eigentlich erst von der Politik besprochen werden sollten: die &bdquo;Vorstellungen zu den finanziellen und programmatischen Perspektiven", die offenbar unterschiedlich waren. Es wirkt also etwas widersinnig, dass, bevor die Politik überhaupt ihr Kulturkonzept vorlegt, jetzt schon aus diesen konzeptionellen Gründen der Arbeitsvertrag mit Nachtigäller nicht verlängert wurde. Und es scheint ebenfalls ein Wagnis zu sein, ausgerechnet den Direktor nicht weiter zu beschäftigen, der Kostenrahmen sehr wohl bislang eingehalten hat – im Gegenteil zu seinem Vorgänger Jan Hoet, bei zugleich einer hohen Qualität des Angebotes. Die Politik kann nun über die Kultur diskutieren, ohne den Chef, der für die Interessen seines Museums kämpft. Was bei dieser Diskussion ohne eine solche Stimme passieren könnte: Das Budget des Martas wird so stark gekürzt, dass das Marta selbst kaum noch Spiel haben wird, sich mit Außergewöhnlichem weiterhin über Herford hinaus zu positionieren. Kähler selbst hat beim letzten Neujahrsempfang des Museums 2020 betont, dass Kultur nicht nur ein Wert an sich ist, sondern auch ein weicher Standortfaktor für die Stadt sei, der helfe Fachkräfte zu gewinnen. Ein Museum mit Sparprogramm wird diesen Sog wohl kaum entfalten.

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