So verkauften Online-Dealer von Herford aus Drogen im großen Stil

Bielefeld/Herford. Das Schicksal meint es gut mit den Vertretern der Staatsanwaltschaft im Saal 1 des Bielefelder Landgerichts, in dem der größte Herforder Drogenprozess beginnt – gemessen an den angeklagten Taten. 2.765 Fälle von Betäubungsmittelhandel über das Internet hätten sie im Extremfall zu Beginn des Verfahrens sämtlichst verlesen müssen. Das bleibt ihnen aufgrund einer früheren Entscheidung des Bundesgerichtshofs aber erspart. Aber auch so dauert es exakt 19 Minuten, bis die Anklage gegen die drei Herforder (31,30,28) verlesen ist. Die Vorwürfe haben es in sich: Die Ankläger gehen von gewerbs- und bandenmäßigem Handel mit Betäubungsmitteln aus. Das kann sich strafverschärfend auswirken. 31-Jähriger hat alles im Blick Der Anklagevorwurf aus dem Strafgesetzbuch ist indes alt, das Vorgehen der drei Männer für Ostwestfalen aber vergleichsweise neu: Über illegale Marktplätze im von Kriminellen genutzten Darknet sowie eine öffentlich zugängliche Webseite sollen sie im großen Stil Drogen verkauft haben, rund 22,7 Kilo Heroin, Kokain, LSD, Cannabis, Ketamin, . . . Als Kopf des Trios, das seit Mai 2020 in Untersuchungshaft sitzt, gilt ein 31-jähriger Herforder. Graues Sweatshirt und Dreitagebart trägt er im Gericht. Als er den Saal, eskortiert von zwei Justizbeamten betritt, hält er sich einen Aktenordner vor sein Gesicht, nimmt zwischen seinen Verteidigern Platz und lugt am Rand zu den Kameras. Auch als Initiator des Online-Handels wollte er alles im Blick behalten, beschaffte die Drogen über einen niederländischen Lieferanten, wie auch die Verpackungen, er kontrollierte die Zahlungen, die meist per Bitcoin eingingen, so die Anklage. Seine Mitangeklagten (30,28) sind dagegen eher sehr gut entlohnte Mitarbeiter, die sich um Vertrieb und Lager kümmerten. Sie nahmen Bestellungen entgegen, bunkerten die Ware in der Wohnung des 30-Jährigen, wogen die Drogen ab und verpackten sie. Versandt wurde das Material bis Australien, die USA oder Kanada. Um nicht aufzufallen beschrifteten die Männer die Pakete mit Absenderadressen namhafter Unternehmen, etwa aus der Stahlbranche. Mit ihren illegalen Geschäften nehmen die Angeklagten zwischen Frühjahr 2019 und Mai 2020 mehr als 600.000 Euro ein. Der Löwenanteil geht dabei an den 31-Jährigen. Kundendaten liegen beim BKA Die Kundenzufriedenheit mit den Online-Dealern dürfte mittlerweile aber extrem leiden. Denn als das Bundeskriminalamt (BKA) im Mai 2019 in Herford zuschlägt, finden die Ermittler nicht nur Waffen, Computer und Datenträger sowie weitere Drogen. Sie entdecken auch die kompletten Kundendaten der Herforder und damit unzählige Ansätze für weitere Verfahren. Wie berichtet, waren die Ermittlungen in dem umfangreichen Herforder Drogenfall aufgenommen worden, nachdem das BKA auf eine illegale Serveranlage gestoßen war. Dort fanden sich dann die Hinweise auf das Trio. Für das Verfahren mit seinen mehr als 2.765 Fällen sind 16 weitere Verhandlungstage angesetzt. Doch in der ungeheueren Zahl der Taten – die im Extremfall alle einzeln von der 21. Großen Strafkammer geprüft werden müssten – könnte der Keim einer Verständigung zwischen den Prozessparteien liegen, damit nicht unendlich lange verhandelt wird. Nachdem am Morgen die Anklage verlesen ist, wird die Hauptverhandlung zunächst unterbrochen. Im März geht es weiter. Strafverteidiger Jerrit Schöll, der den 30-Jährigen vertritt, kündigte bereits an, dass sich sein &bdquo;Mandant beim nächsten Hauptverhandlungstermin umfassend zu den Vorwürfen äußern wird". Erklärtes Ziel des 30-Jährigen sei es auch, eine Drogentherapie zu machen.

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