Dieses Paar überlebte, weil es nach Herford zog

Herford. &bdquo;Diese Wohnung ist für uns der absolute Glücksfall", sagen Kerstin und Markus Schaefer, &bdquo;Der Umzug nach Herford hat unser Leben gerettet." Davor hatte das Paar, von dem beide auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen waren, lange bundesweit vergeblich nach einer behindertengerechten Wohnung gesucht. &bdquo;Es gibt einfach nichts auf dem Markt", sagt Markus Schaefer, der ursprünglich aus Löhne kommt. &bdquo;Wir haben mehrmals Absagen von Vermietern bekommen, die an ein Paar mit einem Rollifahrer, aber nicht an ein Paar von Rollifahrern vermietet hätten", ergänzt seine Frau. Trotz der diagnostizierten Multiple-Sklerose-Erkrankung (MS) bei ihm und einer zunächst als MS diagnostizierten genetisch bedingten Muskelschwund-Erkrankung bei ihr, hatte das Paar immer mitten im Leben gestanden, sich sogar auf das Abenteuer Auswanderung nach Spanien eingelassen – des Klimas wegen. &bdquo;Wir hatten Pech mit dem Haus", sagt Markus Schaefer. Außerdem sei die Kommunikation mit den Ärzten angesichts ihrer doch sehr komplexen Krankheitsbilder problematischer gewesen, als gedacht. Wohnung konnte nicht ohne Hilfe verlassen werden Nach der Rückkehr nach Deutschland landeten die beiden zunächst in einer 39-Quadratmeterwohnung in Krefeld, die sie ohne Hilfe nicht verlassen konnten. Haushaltshilfen oder Unterstützung gab es lange nicht. &bdquo;Für Antragstellungen und andere Formalitäten wurde meist ein persönliches Vorsprechen verlangt, was für uns aber unmöglich war", sagt Kerstin Schaefer: &bdquo;Das war ein Teufelskreis: keine Unterstützung ohne Antrag, ohne Antrag keine Unterstützung. Wenn es doch zu einem Kontakt kam, hatten wir es oft mit Mitarbeitern zu tun, die sich unsere Situation absolut nicht vorstellen konnten. Ein Pflegedienst kündigte die Unterstützung von heute auf morgen wegen Personalmangels." Selbst der Weg ins Pflegeheim scheiterte, denn die seien meistens für geistig behinderte Menschen gedacht. Außerdem waren sie zu jung oder hätten nur getrennt leben können. Die Isolation führte das Paar schließlich mit Folgen einer Mangelernährung ins Krankenhaus, weil es wochenlang nicht für sich einkaufen konnte. &bdquo;Wir hatten schon uns ein konkretes Datum gesetzt, bis wann sich unsere Situation verbessert haben sollte", sagt Kerstin Schaefer, &bdquo;wäre nichts passiert, hätten wir Sterbehilfe beantragt und wären dazu in die Schweiz gegangen." Dann machten sie Freunde auf die Wohnung in Herford aufmerksam, übernahmen die Besichtigung, besorgten erste Möbel und richteten die Wohnung ein. Lücken im Gesundheitssystem aufzeigen &bdquo;Wir haben die Wohnung erst beim Einzug gesehen. Auch für eine Besichtigung konnten wir nicht anreisen", sagt Markus Schaefer. &bdquo;Bei allen Härten und aller Verzweiflung, die uns auf die Lücken und Fehler im Gesundheitssystem für Menschen wie uns mit körperlichen Einschränkungen vor Augen führten, hatten wir doch drei Dinge, die viele Menschen nicht haben", sagt Kerstin Schaefer: &bdquo;Freunde, eine finanzielle Absicherung über Rücklagen und Rente und natürlich uns selbst." &bdquo;Menschen, die alleine mit so einer Situation konfrontiert sind und vielleicht finanziell schlechter dastehen als wir, haben kaum eine Chance, sich mit eigener Kraft aus so einer Situation zu befreien", sagt Markus Schaefer. Um diesen Menschen Mut zu machen, aber auch Lücken im System der Gesundheitsversorgung aufzuzeigen, haben die beiden das Buch &bdquo;39 Quadratmeter. Wir haben überlebt!" geschrieben, das bei den Schaefers und über den Buchhandel zu bekommen ist. Mit der Wohnsituation verbesserte sich auch die Gesundheit der Schaefers. Sie machen ihre Besorgungen im Innenstadtbereich selbst, gehen mit dem Hund raus. Kerstin Schaefer kommt ohne Rollator aus, Markus Schaefer schafft Einiges mit dem Rollator, was früher nur mit dem E-Rollstuhl ging, läuft in der Wohnung Meter um Meter. Hier zeigt sich der Wille eines Sportlers, der für den heimischen Eishockeyverein spielte und sogar fast Profi geworden wäre. Während sich die Situation im Alltag deutlich verbessert hat, stoßen die beiden auch in Herford gelegentlich auf überraschende Hürden. &bdquo;Busfahrer weigerten sich zwei Rollifahrer mitzunehmen oder sie fahren die Rampe gar nicht erst runter", sagt Kerstin Schaefer, &bdquo;mein Mann muss plötzlich seinen bundesweiten unbefristet gültigen Schwerbehindertenausweis neu beantragen – warum auch immer. Das war in keiner anderen Kommune der Fall. Ein Unterschied zu Krefeld ist auch der hiesige Ärzte- und Fachärztemangel." Nichts im Vergleich zu Krefeld Diese Problem seien aber nichts zu dem, was sie in Krefeld durchgemacht hatten. Jetzt blickt das lebenslustige Paar wieder nach vorn. Rheinländerin Kerstin wird ihrem Mann Markus Schaefer im kommenden Jahr mit dem Karneval in Aachen vertraut machen. &bdquo;Eine Dirty-Dancing-Nummer im Rollstuhl – das wär doch was", sagt sie. Das Buch &bdquo;39 Quadratmeter – Wir haben überlebt!" von Kerstin und Markus Schaefer, Paperback hat 160 Seiten und ist mit farbigen Bildern versehen. Es kostet 10,90 Euro, ISBN-13: 9783748192787, www.bod.de

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