JuLis im Kreis Herford: Auf den Spuren von Lindner, Scheel und Westerwelle

Kreis Herford. "Schattenjahre" heißt das Buch von Christian Lindner, das der heutige FDP-Bundesvorsitzende im vergangenen Jahr veröffentlicht hat. Er beschreibt darin den Absturz der Liberalen bei den Bundestagswahlen 2013 und der anschließende Kampf gegen die politische Bedeutungslosigkeit abseits des Bundestages - und den Weg zurück ins Zentrum der Macht. Es ist aber ebenso ein Buch, das ganz grundlegend auf die Idee des Liberalismus und dessen Neuausrichtung eingeht. "Mir fiel das Buch damals in die Hände", sagt Nick Hachmeister, heute 19 Jahre alt. Hachmeister, Lehramts-Student in Bielefeld, aber in Herford Zuhause, ist es eines der neusten Mitglieder der hiesigen FDP und den Jungen Liberalen (JuLis) in Herford. Sein politisches Interesse sei erst relativ spät geweckt worden, in der 12. Klasse, als er einen Kurs in Sozialwissenschaften belegte. Ebenso sei das Buch von Christian Lindner ein Faktor gewesen. Deshalb ist der 19-Jährige seit einigen Monaten eines von 27 JuLi-Mitgliedern im Kreis Herford - 21 davon sind unter 30 Jahre alt. Junge Liberale und FDP sind nicht immer auf Konsens getrimmt Dazu zählen auch der 17-jährige Lukas Meise aus Enger und der 18-jährige Gabriel Tomitsuka, der wie zuvor Hachmeister das Friedrichs-Gymnasium Herford besucht. Spricht man mit ihnen über Politik fallen Schlagworte wie "Individualismus", "Weltoffenheit", "Digitalisierung" - und ja - auch "Start-ups" und "Venture Capital". Das sind durchaus Begriffe, die in der Rede eines FDP-Bundestagsabgeordneten stehen könnten. Gleichzeitig betonen die drei jungen Männer aber die Unabhängigkeit der Jungen Liberalen von der FDP. "Wir sind eine eigene Organisation", sagt Tomitsuka. Das sei auch immer wieder an den politischen Positionen erkennbar, zuletzt etwa bei der Frage nach einer Legalisierung von Cannabis. Auf der kommunalpolitischen Ebene zählen sie drei Themen auf, die ihnen besonders am Herzen liegen: Bildung, Mobilität und Digitalisierung. "Bildung ist das Thema, was mich als Lehramts-Student bewegt", sagt Hachmeister. So nennt er die Vergleichbarkeit von Schulabschlüssen und die Digitalisierung in den Schulen. Ein Thema, das auch Tomitsuka bewegt, der einem Teilzeitjob in der IT-Branche nachgeht: "Es geht auch darum, dass Deutschland bei der Digitalisierung nicht abgehängt wird." Die Klimadiskussion aus einer anderen Perspektive sehen Lukas Meise, der in Pödinghausen Zuhause ist, beschäftigt unter anderem das Thema Mobilität, weil er täglich erlebt, welche Hürden es dabei in der ländlichen Region gibt. Deshalb will er sich mit den JuLis einbringen und Politik aktiv gestalten. Meise ist mittlerweile nicht nur bei den JuLis stellvertretender Kreisvorsitzender, sondern arbeitet ebenso für den FDP-Landtagsabgeordneten Stephen Paul. Während einige junge Menschen aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis sich bei den Demonstrationen der "Fridays-for-Future"-Bewegung anschließen, sehen sie die Klimadiskussion aus einer anderen Perspektive. Noch gar nicht lange her ist es, als die JuLis sich im Kreis Herford gegen die Ausrufung des Klimanotstandes aussprachen: "Das ist Symbolpolitik und löst kein konkretes Problem", sagen sie. Um das Klima zu schützen, brauche es Anreize, marktwirtschaftliche Mechanismen und Technologien, die Mobilität neu denken lassen. Dennoch finden sie es gut, dass die Diskussion um das Klima zu einer Politisierung junger Menschen beigetragen hat. ____________________ Der Kreisvorsitzende der Jungen Liberalen in Herford, Nico Klinger, konnte an dem Treffen mit der NW nicht teilnehmen. Im Interview äußert er sich zu den JuLis, möglichen Nachwuchsproblemen und persönlichen Ambitionen in der Politik. Herr Klinger, wie sieht Ihre Kurzvorstellung aus? Ich bin 22 Jahre alt, im Kreis Herford geboren und aufgewachsen. Nach dem Abitur (2016) habe ich ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Münster aufgenommen, das ich voraussichtlich im März 2020 beenden werde. Und wie sind Sie zu ihrem politischen Engagement gekommen? Mit 14 Jahren habe ich mich intensiver für Nachrichten und Politik interessiert. Dabei habe ich mich auch über die politischen Parteien informiert. Mit 15 Jahren habe ich erfahren, dass die Freien Demokraten eine Jugendorganisation hat (JuLis), der ich dann beigetreten bin. Mit 16 Jahren bin ich der FDP beigetreten. Warum denn gerade FDP und JuLis? Zweierlei war dafür ausschlagend, dass ich den Freien Demokraten (und einige Monate vorher den JuLis) beigetreten bin. Zum einen inhaltlich, da sie das Individuum in das Zentrum des politische Handelns stellt und sich dabei ganzheitlich für die Freiheit (wirtschaftliche und gesellschaftliche Freiheit) einsetzt. Zum anderen sprach mich zur Zeit meines Eintritts an, dass die Freien Demokraten viele junge Leute in ihren Spitzenämtern vorweisen konnten. Wie fühlen Sie sich in der Partei aufgehoben? Und können Sie mitwirken? Alles in allem fühle ich mich bei den Freien Demokraten gut aufgehoben. Auch als Mitglied ohne Amt kann man sich auf vielfältige Art einbringen. Neben den jährlich stattfindenden Parteitagen finden in der Regel monatlich Fraktionssitzungen auf Orts- und Kreisebene statt, die grundsätzlich öffentlich sind. Bei diesen Sitzungen erfährt man viel über das aktuelle kommunalpolitische Geschehen und kann seine eigenen Anregungen einbringen. Bei Parteitagen kann man über selbst gestellte Anträge sehr gut Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung der Partei nehmen. Zudem ist mein Eindruck, dass sich die Freien Demokraten in den Ortsverbänden und im Kreisverband immer besonders über junge aktive Mitglieder freuen. Was für Aktionen veranstalten die JuLis im Kreis? Als JuLi-Kreisvorstand veranstalten wir in der Regel monatlich ein offenes Treffen, bei dem wir uns in lockerer Atmosphäre über aktuelle (kommunal-)politische Themen austauschen. Zu diesen Treffen sind nicht nur die Mitglieder der JuLis, sondern auch Interessenten herzlich eingeladen. Darüber hinaus laden wir regelmäßig zu unseren Treffen Landtags- und Bundestagsabgeordnete der Freien Demokraten ein, um mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Des Weiteren nehmen wir an den Veranstaltungen der JuLis höherer Ebenen - Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe, Landesverband Nordrhein-Westfalen, Bundesverband - teil sowie der Freien Demokraten im Kreis Herford und in den Ortsverbänden. Gibt es bei ein Nachwuchsproblem? Beziehungsweise: Wie versuchen Sie junge Menschen anzusprechen? Natürlich würde ich mich über mehr junge Leute bei den Freien Demokraten und den JuLis freuen. Ein wesentliches Problem im Kreis Herford ist, dass viele junge Leute nach dem Abitur zum Studium weiter wegziehen. Junge Menschen versuchen wir auf zwei Wege anzusprechen: Einerseits durch interessante Veranstaltungen, andererseits durch inhaltliche Forderungen, die die Lebensumstände junger Leute vor Ort verbessern. Ferner hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Leute, die von sich aus den Weg zu uns gefunden haben, sich auch am nachhaltigsten engagieren. Möchten Sie ein Amt oder eine Kandidatur anstreben? Ich persönlich werde bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr für den Kreistag kandidieren. Dafür haben mich die JuLis im Kreis Herford beim Kreiskongress im März zu ihrem Spitzenkandidaten gewählt. Gibt es bei einen engagierten Kern der Jugendorganisation? Natürlich sind nicht alle 27 Mitglieder unseres Kreisverbandes im gleichen Umfang engagiert. Es gibt einen &bdquo;harten Kern" von etwa einer Handvoll Mitgliedern, die sehr regelmäßig an unseren Veranstaltungen teilnehmen. In etwa genauso viele nehmen sporadisch bzw. bei besonderen Anlässen teil.

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